Roaming

Editorial: Billiges Roaming kommt - im Sommer, Herbst oder Winter?

Probleme mit der Umsetzung der EU-Roaming-Richtlinie
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Allen Sozialismus-Warnungen zum Trotz, die einige Wirtschaftsmagazine aussprachen, hat das EU-Parlament beschlossen, künftig für Telefonate mit dem Handy im Ausland (Roaming) feste Höchstpreise vorzuschreiben. Nach einigem Hin und Her, bei dem unterschiedliche Preise diskutiert wurden, einigten sich die unterschiedlichen Gremien auf 58,3 Cent (inklusive Mehrwertsteuer) für im Ausland abgehende und 28,6 Cent für im Ausland eingehende Telefonate. Da alle notwendigen Beschlüsse mit den erforderlichen Mehrheiten gefällt wurden, fehlt nur noch die offizielle Veröffentlichung, eine reine Formsache, damit die neue Verordnung in Kraft tritt.

Doch wird danach noch einiges an Zeit ins Land gehen, bevor wir wirklich günstiger im Ausland telefonieren können. Die EU hat den Mobilfunkanbietern nämlich einen Monat Zeit gelassen, um ihre Kunden zu informieren. Und zwischen dem Antrag auf Schaltung der EU-Roaming-Option und deren tatsächlichen Aktivierung darf ein weiterer Monat vergehen. Wird der Kunde selber nicht aktiv, wird sogar erst zwei Monate nach der Mitteilung der neue Preis eingestellt.

Weiterhin drohen die bekannten Probleme des Sozialismus: Nur weil ein Auto mit ca. 11 000 Mark in der Preisliste stand, hieß das noch lange nicht, dass jedermann dieses jederzeit für diesen Preis einfach so erwerben konnte. Wenn sich beispielsweise der Netzbetreiber im Ausland und der nationale Netzbetreiber nicht einigen können, wie sie das festgesetzte Entgelt untereinander aufteilen, dann droht "kein Anschluss unter dieser Nummer".

Entgeltbestandteile

Weitere Steilvorlagen für die Netzbetreiber ergeben sich aus dem Verordnungstext. So werden in der beschlossenen Version nur Höchstgrenzen für den Minutenpreis genannt, jedoch nicht für Verbindungsentgelte. Dort, wo diese bisher schon üblich waren, werden die Anbieter versuchen, sie weiter zu berechnen, vielleicht sogar anzuheben.

Ebensowenig finden sich in der Verordnung Angaben zur maximal zulässigen Taktung. Auch hier kommt sicher einiges an Kreativität auf die Kunden zu. Kurze Roaminganrufe könnten dadurch sogar teurer werden als bisher.

Am Schluss müssen die Richter entscheiden, ob derartige Tricks verordnungskonform sind. Da in zwischenzeitlichen Entwürfen aber schon ausdrückliche Preisobergrenzen inklusive aller Verbindungsentgelte enthalten waren, die bis zur Endversion wieder gestrichen wurden, ist durchaus zu befürchten, dass Richter die Verordnung so interpretieren, dass Verbindungsentgelte nicht reguliert sind. Aber selbst dann, wenn die Richter zu Gunsten der Endkunden auf maximal Minutentakt und 0 Cent Verbindungsentgelt bestehen, wird es Jahre dauern, bis Rechtssicherheit herrscht.

Die Rechtsabteilungen der Mobilfunkanbieter werden zudem mit Sicherheit noch weitere Regelungslücken finden und diese kreativ ausnutzen. So einfach, wie sich die EU-Kommission die Einführung des Euro-Tarifs vorgestellt hat, wird diese garantiert nicht. Letztendlich müssen hier kapitalistische Unternehmen eine sozialistische Vorgabe umsetzen - und da droht Ungemach.

Information positiv

Sehr zu loben ist an der Verordnung, dass der Kunde das Recht bekommt, die konkreten Preise für beliebige Roamingverbindungen (Sprache, SMS, MMS, Daten etc.) kostenlos per Sprachanruf oder SMS abzufragen. Vor allem die SMS-Abfrage gibt dem Kunden auch die Möglichkeit, eine gewisse Verbindlichkeit der Auskunft einzufordern, indem er die Antwort-SMS abspeichert. Es ist zu erwarten, dass das zu mehr Transparenz und damit langfristig zu sinkenden Preisen führen wird.

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