Themenspezial: Verbraucher & Service Preiserhöhungen

Mobilfunk: Mehr Wettbewerb ist nötig

Ausge­rechnet Telefónica kündigt einen Para­dig­men­wechsel in der Preis­gestal­tung an. Dabei ist gerade hier­zulande Mobil­funk im euro­päi­schen Vergleich nach wie vor zu teuer. Umso wich­tiger, dass Deutsch­land rasch ein viertes Mobil­funk­netz bekommt.
Ein Kommentar von Björn König

Foto: Telefónica Telefónica-Deutschlandzentrale in München
Foto: Telefónica
In der Ener­gie­krise sind Preise auf breiter Front gestiegen und die Infla­tion macht sich glei­cher­maßen in allen Porte­mon­naies der Bürger bemerkbar. Doch während bei der Preis­ent­wick­lung von Strom und Gas genau hinge­schaut wird, spielten Tele­kom­muni­kati­ons­dienst­leis­tungen bislang kaum eine Rolle. Viel­mehr pendelte sich eine Erwar­tungs­hal­tung ein, dass Preise für Mobil­funk und Internet selbst vor dem Hinter­grund einer galop­pie­renden Infla­tion weiter sinken.

Umso über­raschender ist dennoch, dass nun ausge­rechnet Telefónica Deutsch­land-CEO Markus Haas eine Zeiten­wende für die Preis­politik seines Hauses ankün­digt, denn gerade die Kern­marke o2 und zahl­reiche Discounter im glei­chen Netz spra­chen bislang eher preis­sen­sible Kunden an. Vor allem die vergleichs­weise güns­tigen Unli­mited-Tarife mit unbe­grenztem Daten­volumen haben den Markt noch­mals nach­haltig belebt.

Infla­tion oder Mitnah­meef­fekt?

Foto: Telefónica Telefónica-Deutschlandzentrale in München
Foto: Telefónica
Aus Verbrau­cher­sicht sind Preis­stei­gerungen prin­zipiell ärger­lich, vor allem wenn es um Güter der Grund­ver­sor­gung geht, auf welche man nicht einfach verzichten kann. Tele­kom­muni­kation gehört ebenso wie Lebens­mittel, Energie und Heizung zu diesen unver­zicht­baren Gütern. Zunächst ist es die Aufgabe der Zentral­banken, gegen infla­tions­bedingte Preis­stei­gerungen anzu­kämpfen.

Auf der anderen Seite muss aber auch Wett­bewerb gewähr­leistet sein. Teilen sich nur wenige Unter­nehmen den Markt, sind Preis­stei­gerungen leichter durch­setzbar. Ein de facto Oligopol, in dem sich drei Netz­betreiber den deut­schen Mobil­funk­markt zu drei etwa gleich großen Kuchen­stü­cken aufteilen ist in der Tat ein großes Problem. Und eben jenes haben Gesetz­geber sowie Kartellamt den Bürgern selbst einge­brockt. Umso wich­tiger, dass möglichst bald ein vierter Netz­betreiber wieder für mehr Konkur­renz sorgt.

Kartell­behörden müssen genau hinschauen

Auch muss die Netz­agentur bei Preis­stei­gerungen im Bereich Tele­kom­muni­kation sehr genau hinschauen. Ein Gegen­bei­spiel ist die Lebens­mit­tel­branche: REWE-Chef Lionel Souque warf erst kürz­lich wieder großen US-Lebens­mit­tel­kon­zernen vor, die Infla­tion als Vorwand zu nutzen, um in aggres­siven Verhand­lungen mit dem Einzel­handel ihre Gewinn­margen in Deutsch­land zu erhöhen. REWE sehe sich als Anwalt der Verbrau­cher, um unbe­rech­tigte Preis­erhö­hungen abzu­schmet­tern. Wollen Coca-Cola, Nestlé und Co. zu viel Geld, werden deren Produkte einfach ausge­listet und durch Eigen­marken ersetzt. Bei Produkten wie Tele­kom­muni­kation funk­tio­niert eine solche Selbst­regu­lie­rung aber nicht, die Verbrau­cher sind Preis­erhö­hungen von Netz­betrei­bern mehr oder weniger schutzlos ausge­lie­fert. Zumal auch die Discounter und Service­pro­vider in den glei­chen Netzen funken.

Unge­wöhn­licher Zeit­punkt

Zumin­dest wirkt es befremd­lich, dass Haas ausge­rechnet jetzt Preis­erhö­hungen ankün­digt. Schließ­lich ist die Infla­tion wieder auf dem Rückzug und Ener­gie­preise sinken. Der Netz­ausbau bleibt natür­lich weiterhin ein rele­vanter Kosten­treiber. Man sollte aber auch nicht den Eindruck erwe­cken, dass Kunden in Deutsch­land bislang zu wenig für die Finan­zie­rung dieses Netz­aus­baus beigetragen haben. Noch immer ist Daten­volumen hier­zulande deut­lich teurer als im euro­päi­schen Vergleich.

Das eigent­liche Problem ist wohl auch weniger die allge­meine Teue­rung, als viel­mehr Milli­arden­aus­gaben für die Verstei­gerung von Mobil­funk­fre­quenzen sowie Zeit- und Büro­kra­tie­auf­wand inklu­sive Geneh­migungen für das Aufstellen von Mobil­funk­masten. Zumin­dest in dieser Hinsicht kann man Telekom, Voda­fone und Telefónica nicht den schwarzen Peter zuschieben, der Staat steht sich beim Netz­ausbau, dessen Kosten und Verzö­gerungen viel­mehr selbst im Weg.

o2 kündigt massive Preis­erhö­hungen an

Mehr zum Thema Editorial