Editorial: Aufbäumen gegen die Roaming-Gleichschaltung
Damit sich faire Roaming-Preise bilden können, müssen mindestens zwei Kriterien erfüllt sein: Eine hohe Preistransparenz und eine Missbrauchsaufsicht, die Übertreibungen nach oben sanktioniert. Zusätzlich kann man noch Roaming-Preselection oder gar Roaming by Call einführen, also die feste Wahl eines alternativen Roaming-Anbieters oder gar die Wahl des Roaming-Netzbetreibers pro Anruf.
Leider hapert es schon an den ersten beiden Kriterien: Die Preistransparenz ist im Mobilfunk trotz Roaming-Info-SMS weiterhin miserabel. Ein Smartphone "weiß" zwar auf Knopfdruck, wie das Wetter wird oder wann in der Nähe der nächste Zug abfährt. Wie viel der letzte Anruf oder die letzte Datenverbindung kostete, kann es hingegen nicht anzeigen, weil diese Informationen nicht übertragen werden. Digitale Tarifinformation in digitalen Netzen ist daher die Dauerforderung von teltarif.de für mehr Transparenz. Schon beim Rufaufbau muss ein Datensatz übertragen werden, was dieser Anruf kosten wird, und die Preise müssen im Display entsprechend angezeigt werden. Wen diese Funktion nervt, der kann sie abschalten. Im Auslieferungszustand muss sie aber aktiv sein.
Die Roaming-Höchstpreise der EU stellen auch nicht wirklich eine Missbrauchsaufsicht dar, weil sie weiterhin deutlich höhere Preise zulassen, so lange die Netzbetreiber diese nur mit den Kunden vereinbaren. Solche Vereinbarungen passieren immer noch per Rund-SMS des Netzbetreibers, der der Kunde explizit widersprechen muss, wenn er nicht mit den meist teuren Alternativ-Optionen beglückt werden möchte.
Wenn die EU-Kommission die Roaming-Situation wirklich dauerhaft verbessern wollte, müsste sie nur diese beiden Maßnahmen einführen: Die verbindliche Preisanzeige im Smartphone-Display und eine Missbrauchsaufsicht, die bei im Vergleich zu einem Referenzpreis erheblich überteuerten Tarifen tatsächlich einschreitet. Das könnte ein rückwirkender Rabatt auf den Referenzpreis sein, ein außerordentliches Kündigungsrecht oder eine vergleichbare Maßnahme.
Erste echte Alternativen
Immerhin gibt es inzwischen innerhalb der EU echte Roaming-Tarife, die diesen Namen auch verdienen: E-Plus hat beispielsweise ein Paket mit 300 MB, 150 Sprachminuten (ankommend oder ausgehend) und 150 SMS (ausgehend) für 20 Euro im Angebot. simquadrat verzichtet - wie von der EU gewünscht - gar auf Roaming-Aufpreise und berechnet im EU-Ausland dieselben Minutenpreise wie hierzulande. Allerdings gelten Flatrates bei simquadrat nur bei Aufenthalt im Heimatnetz und die maximale Aufenthaltsdauer im Ausland ist begrenzt.
Möglich wurden diese Tarife durch die inzwischen erfolgte starke Regulierung der Entgelte für Roaming-Vorleistungen. Diese muss natürlich aufrecht erhalten werden, wenn sich in den kommenden Jahren ein starker Roaming-Wettbewerb entwickeln soll. Ob sich am Ende dann Roaming-Flatrates, Roaming-Pakete oder weiterhin Einzelpreise durchsetzen, wird der Markt zeigen. Geben wir ihm eine Chance.