Editorial: Aufbäumen gegen die Roaming-Gleichschaltung
Urlaubszeit ist Roamingzeit. Und so beginnen die üblichen Rituale: EU-Politiker fordern zum wiederholten Male die endgültige Abschaffung der Roaming-Entgelte. Und teltarif.de schreibt ebenfalls zum wiederholten Male, dass Roaming-Entgelte an sich gerechtfertigt sind, nur die Höhe leider immer noch oft genug unangemessen ist. Denn so lange Mobilfunklizenzen auf nationaler Ebene vergeben werden, und so lange sich Steuer-, Wirtschafts- oder Telekommunikations-Gesetze aller EU-weiten "Harmonisierung" zum Trotz in Nachbarländern unterscheiden, so lange werden Mobilfunknetze national aufgebaut werden. Dann kosten aber grenzüberschreitende Telefonate zwangsläufig mehr als rein nationale, denn es werden nunmal mehr Systeme involviert. Selbst dann, wenn Roaming-Telefonate rein konzernintern geführt werden.
Urlaubszeit ist Roamingzeit
Bild @ Alena-Yakusheva---Fotolia.com
Aber selbst, wenn der technische Aufwand für Roaming-Telefonate
exakt derselbe wäre wie für normale Telefonate, sind
kapitalistische TK-Unternehmen in kapitalistischen Staaten sehr wohl
berechtigt, ihre Preise zu differenzieren. Für solche Verbindungen, die
dem Kunden nicht so wichtig sind, werden vielleicht gar nur die Grenzkosten
(das sind die Kosten, die unvermeidlich zusätzlich entstehen) umgelegt.
Wichtigere Telefonate werden hingegen entsprechend teurer abgerechnet.
Ein Kriterium für die Wichtigkeit bzw. Zahlungsbereitschaft ist nun
die Entfernung vom Heimatort und/oder die Entfernung zum Gesprächspartner.
Auf diesem Gedanken basierende mobile Homezone- oder City-Tarife haben
wir in der Vergangenheit überwiegend positiv bewertet.
Rückblick: Das Kartell der Kassierer
Auf der anderen Seite haben es die Mobilfunker bei den Roaming-Aufpreisen in der Vergangenheit oft genug übertrieben. Wenn selbst bzw. gerade Nutzer von Tarifen mit hoher Grundgebühr beim konzerninternen Roaming im Nachbarland plötzlich den zehnfachen oder noch höheren Preis im Vergleich zum Heimatnetz bezahlen mussten, war die Grenze des Anständigen weit überschritten. Roaming war auch nicht deswegen so teuer, weil sich Kunden aktiv für diese hohen Roaming-Tarife entschieden, sondern, weil sie keine Wahl hatten: Egal, welches Netz man zu Hause wählte, oder, ob man dort einen Wenignutzer- oder Vielnutzer-Tarif hatte: Roaming war immer ähnlich teuer.
Zugleich mangelte es an Transparenz: Mitnichten waren die Roaming-Preislisten der Netzbetreiber immer aktuell. Oft genug kam es vor, dass ein Partnernetzbetreiber vor Ort seine Roaming-Preisliste anpasste, ohne alle Heimatnetzbetreiber zu informieren. Oder letztere verbummelten es, die Änderung in ihre Preislisten aufzunehmen.
Wie man der Roaming-Abzocke beikommt, und warum es erste positive Entwicklungen gibt, steht auf der nächsten Seite.