Absenkung

EU will Mobilfunk-Terminierungsentgelte drastisch senken

Effiziente Entgelte lägen zwischen 1 und 2 Cent pro Minute
Von Marc Kessler mit Material von dpa

Die Europäische Kommission nimmt erneut hohe Mobilfunkkosten aufs Korn. Die Brüsseler Behörde empfahl heute in Brüssel neue Leitlinien für die sogenannten Zustellungsentgelte. Das sind die Gebühren, die sich Mobilfunk- oder Festnetz-Anbieter gegenseitig berechnen, um die Anrufe ihrer Kunden in andere Netze oder in das Festnetz zuzustellen ("Terminierung"). Die derzeitigen Entgelte lägen in den meisten EU-Staaten bis zu fünfmal über den tatsächlich entstandenen Kosten, sagte EU-Wettbewerbskommissarin Neelie Kroes.

Spitzenreiter bei Mobilfunk-Interconnection-Entgelten ist Bulgarien

Die Terminierungsentgelte werden von den nationalen Regulierungsbehörden festgelegt, in Deutschland von der Bundesnetzagentur. Derzeit liegt im Mobilfunk die Spanne in der EU zwischen 2 Cent je Minute auf Zypern und 15 Cent in Bulgarien. EU-Kommissarin Neelie Kroes
Foto: EU-Kommission
In Deutschland werden netto 6,95 Cent (T-Mobile, Vodafone) beziehungsweise 7,14 Cent (o2, E-Plus) pro Minute berechnet. Nach Schätzungen der französischen Regulierungsbehörde ARCEP dürften effiziente Mobilfunkentgelte zwischen 1 und 2 Cent pro Minute liegen.

Meistens lägen die Gebühren im Festnetz um das Zehnfache unter den Mobilfunkentgelten (in Deutschland zwischen 0,38 und 0,54 Cent pro Minute). Dadurch werde kleineren Mobilfunkanbietern sowie Festnetzanbietern der Wettbewerb mit größeren Konkurrenten erschwert - und diese indirekt subventioniert.

EU-Kommission will "rigorose" Absenkung der Terminierungsentgelte

Die Kommission empfehle "eine einheitliche und rigorose" Absenkung in allen Mitgliedstaaten. Damit könnten Unternehmen und Haushalte bis 2012 insgesamt 2 Milliarden Euro sparen. Die nationalen Behörden sind an die Empfehlung nicht gebunden, müssen sie aber nach den EU- Regeln "weitestgehend berücksichtigen". Spätestens von 2012 an sollten sie angewandt werden. Die EU-Kommission hat bereits einen langen Kampf gegen hohe Roaming-Gebühren hinter sich. Zuletzt wurden in der EU die Kosten für Auslands-SMS gedeckelt.

EU-Komissarin Viviane Reding hatte der deutschen Bundesnetzagentur zuletzt Ende März mit einem Vertragsverletzungsverfahren gedroht, weil sie die in Deutschland geltenden Terminierungsentgelte nicht bei der EU-Kommission angemeldet hatte. Ziel sei es, Regulierungsverfügungen künftig nur "nach Konsultation der Kommission und der anderen Regulierungsbehörden" zu erlassen.

Die Industrie kritisierte die Empfehlung. Sie drohe in Zeiten wirtschaftlicher Unsicherheit die Investitionskraft der Telekomunternehmen weiter zu behindern, sagte der Direktor des europäischen Dachverbands ETNO, Michael Bartholomew. Es sei das falsche Signal in der Krise für den Breitband-Ausbau in der EU, hieß es bei der Deutschen Telekom.

Weitere Artikel zum Thema europaweite TK-Regulierung

Weitere Artikel zum Thema Regulierung der Terminierungsentgelte im Mobilfunk