Strom & Lüftung: Das zahlen Mitbewerber an die Telekom
Noch immer gibt es zahlreiche DSL-Anbieter, die in Deutschland entweder nur regional Festnetz-Leitungen bauen - oder gar nicht. Stattdessen mieten sie entweder (regional oder bundesweit) die Telekom-Leitung an (also direkt die TAL) oder sie buchen bei der Telekom ein so genanntes Bitstrom-Produkt für den Wiederverkauf an Endkunden.
Für diese Vorgänge ist es in zahlreichen Fällen erforderlich, dass die Mitbewerber ihre Technik direkt mit der Technik der Telekom zusammenschalten - und das findet in der Regel in den Räumlichkeiten der Telekom statt. Es ist also kaum zu rechtfertigen, dass die Mitbewerber diesen Service kostenlos bekommen.
Blick in einen Kollokationsraum der Telekom
Bild: teltarif.de
Zusätzlich zu der eigentlichen Miete für TAL oder Bistromzugang müssen die Mitbewerber also auch noch für weitere Dienstleistungen an die Telekom bezahlen. Und weil es da naturgemäß Streit über die Höhe der Entgelte geben könnte, führt die Bundesnetzagentur dazu in regelmäßigen Abständen "nationale Konsultationen" durch. Akutes Beispiel: Die Höhe der Stromkosten könnte sich aufgrund der aktuellen Weltlage leicht zum Zankapfel entwickeln.
Was ist die "Kollokation"?
Das lateinische Wort collocare heißt übersetzt "etwas einrichten". Im Bereich der Telekommunikation bezeichnet man damit das Mitbenutzen von bereits vorhandenen Ressourcen am Standort des Telekom-Hauptverteilers. Dazu gehören beispielsweise Strom für die Server oder die Kühlung durch eine Klimaanlage.
Alternative Netzbetreiber erhalten dafür im Gebäude des Telekom-Hauptverteilers in der Regel einen Kollokationsraum. Dort bauen sie ihre eigene Technik auf, die dann mit der Technik der Telekom zusammengeschaltet wird. Meist ist der Hauptverteiler im selben Gebäude wie die Telekom-Vermittlungsstelle untergebracht.
Das Verfahren kann natürlich auch umgekehrt stattfinden, wenn regional ein anderer Netzbetreiber als die Telekom im Besitz der Teilnehmeranschlussleitungen ist. Dann muss er seine Räume für die Telekom bzw. weitere Mitbewerber zur Verfügung stellen. Bei einem Line-Sharing (also dem Weiterverkauf eines Bitstrom-Produkts) muss die Technik der Mitbewerber aber nicht zwingend in den Räumlichkeiten des Netzbetreibers untergebracht sein.
Neuester Entwurf der Entgeltgenehmigung
Im August hat die BNetzA einmal wieder einen "Entwurf der Entgeltgenehmigung für Kollokationsstrom, Raumlufttechnik und manuelle Stromzählerablesung" vorgelegt, nachdem die vorigen Entgeltvereinbarungen demnächst auslaufen. Die BNetzA diktiert in dem Verfahren aber nicht irgendwelche Preise. Das Verfahren funktioniert so, dass die Telekom in der Regel ihre Preisvorstellungen einreicht, die Mitbewerber geben dazu eine Stellungnahme ab, dann gibt es eine oder mehrere Besprechungen zu dem Thema mit allen Beteiligten, und erst dann legt die BNetzA den "Entwurf der Entgeltgenehmigung" fest - zu dem schließlich alle nochmals bis zum 11. September einen Kommentar abgeben können. Erst dann werden die Preise endgültig festgesetzt.
Es ist interessant zu lesen, was die Mitbewerber laut dem aktuellen Entwurf an die Telekom zu zahlen haben. Als Entgelt für den laufenden Stromverbrauch (bundeseinheitlich), also den Kollokationsstrom, wurden 23,44 Cent/kWh genehmigt (alle Preise sind Nettopreise). Das monatliche Entgelt für die Teilklimatisierung (Raumlufttechnik) pro kW bestellter Entwärmungsleistung für Kollokation für den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung ist gestaffelt nach der Mietzeitbindung: Bei 5-jähriger Mietzeitbindung zahlen die Mitbewerber monatlich 128,35 Euro, mit 8-jähriger Mietzeitbindung 105,65 Euro und mit 10-jähriger Mietzeitbindung 98,08 Euro pro Monat. Nach Ablauf der Mietzeitbindung fallen 67,01 Euro monatlich an.
Die BNetzA weist darauf hin, dass sich die genannten Entgelte wegen der fortlaufenden Überprüfung der tatsächlichen Stromeinkaufspreise der Telekom auf dem Spotmarkt durch die Beschlusskammer bis zur finalen Entscheidung noch geringfügig verändern können. Als Beispiel: Die Telekom will eigentlich 26,92 Cent/kWh für den Kollokationsstrom haben. Die Genehmigungen sind befristet bis zum 31. Juli 2024.
Neue Diskussion über manuelle Stromzählerablesung
In der Diskussion um die Entgelte ist ein Posten wieder aufgetaucht, um den es eigentlich jahrelang keine Diskussion gegeben hatte: Die Telekom hat plötzlich wieder beantragt, für manuelle Ablesung von Wechsel-/Drehstromzählern je Zähler ein einmaliges Entgelt von 85,28 Euro zu erhalten.
Nach Auslaufen der letzten Entgelt-Genehmigung für Stromzählerablesung 2014 können laut Angabe der Telekom derzeit nur noch an ca. 75 Prozent der in den Kollokationsräumen befindlichen Zählern eine automatische Zählerfernauslesung erfolgen. Grund hierfür sei der in den letzten beiden Jahren immer weiter zunehmende Ausfall der Multi-Utility-Server-Kommunikationseinheit (MUS) an den Kollokationsstandorten. Am Bauteilemarkt sei eine Lieferfähigkeit der für die Instandsetzung erforderlichen Ersatzteile nicht mehr gegeben. Die Hersteller hätten ihre Produktion bereits auf die neue, vom Gesetzgeber vorgegebene Smart Meter Gateway (SMGW)-fähige Generation umgestellt.
Diese sei zu den in den Jahren 2012-2014 verbauten Smart Metern nicht kompatibel. Smart Meter, die nicht mehr automatisiert fernausgelesen werden könnten, müssten laut der Telekom daher für Zwecke der jährlichen Abrechnung des tatsächlichen Stromverbrauchs bis zur Rückgabe der Kollokation manuell abgelesen werden. Dafür kämen ausschließlich Mitarbeiter des bundesweit tätigen Dienstleisters ISS infrage. Die Telekom selbst verfüge nicht über genug "effizient einsetzbares Personal". Aufgrund des bundesweiten Ausfalls der MUS sei auch kein anderer Dienstleister ohne große Vorlaufzeiten in der Lage, die Tätigkeiten zu übernehmen. Ein Zähleraustausch würde deutlich höhere Kosten verursachen. Die manuelle Zählerablesung durch die ISS sei daher die einzige wirtschaftlich sinnvolle Entscheidung, die nach Meinung der Telekom "auch von einem im Wettbewerb stehenden Unternehmen so getroffen worden wäre".
Die von der Telekom beantragten Entgelte hinsichtlich der manuellen Zählerablesung können laut der BNetzA aber nicht genehmigt werden.
Strompreis, Ukraine-Krieg und Strompreisbremse
Mit Blick auf die Entgelte für Kollokationsstrom und Raumlufttechnik schreibt die Telekom: Die Strompreise hätten sich im ersten Quartal 2023 wieder in Richtung jenes Preisniveaus stabilisiert, das vor Ausbruch des Russland-/Ukraine-Krieges galt. Unsicherheiten bestünden aber nach wie vor. Beantragt seien niedrigere Entgelte als im vorausgehenden Verfahren. Ein leicht gegenläufiger, Kosten erhöhender Effekt ergebe sich daraus, dass die Telekom ihren Strombedarf aktuell zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie decke. Zudem seien Kostensteigerungen bei den Netzentgelten zu berücksichtigen.
Aufgrund des Kriegsgeschehens wie geopolitischer Einflüsse seien signifikante Schwankungen des Strompreisniveaus nicht auszuschließen. Daher beantragte die Telekom, die Genehmigung der Entgelte für Kollokationsstrom und Klimatisierung unter Widerrufsvorbehalt zu stellen. Im Interesse bestmöglicher Prognose der Strompreise wünschte sich die Telekom einen kurzen Genehmigungszeitraum von einem Jahr. Die BNetzA hat der Befristung des Entgeltes für den Stromverbrauch auf den 31.07.2024 zugestimmt.
Die vom Bundestag mit Wirkung zum 01.03.2023 beschlossene Strompreisbremse hat offenbar keinen Einfluss auf die Höhe der festgelegten Stromeinkaufspreise. Die Telekom hat auf Fragen der Beschlusskammer erklärt, die Strompreisbremse auch in diesem Genehmigungszeitraum nicht in Anspruch genommen zu haben und auch voraussichtlich nicht in Anspruch zu nehmen. Ungeachtet dessen wären die Auswirkungen der Strompreisbremse auf die Höhe der genehmigten Entgelte auch nur marginal.
Der VDSL-Totalausfall in Deuselbach ging durch die Medien und zeigt, wie fatal es ist, wenn es an einem Ort nur einen Breitbandanbieter gibt. Die BNetzA nennt nun den Netzbetreiber und berichtet von der Reparatur.