EU-Kommission kassiert auch Festnetz-Interconnect
Die EU findet die Entgelte für Festnetzgesprächs-Zustellungen zu hoch.
Foto: teltarif.de
Die Europäische Kommission hat heute einen Vorschlag der
Bundesnetzagentur für die Zustellungsentgelte im Festnetz
gestoppt. Das teilte die EU-Kommission
heute Abend in einer Pressemitteilung mit.
Die deutsche Behörde plante, ihre Tarife im Vergleich zum
EU-Durchschnitt zu verdreifachen.
Die Europäische Kommission bemängelt, dass der Vorschlag das Dreifache der Festnetz-Zustellungsentgelte vorsah, die der Durchschnitt der Länder anwendet, die den Empfehlungen der EU-Vorschriften für den Telekommunikationssektor folgen. Es geht dabei um jene Entgelte, die Telefongesellschaften sich gegenseitig für die Anrufzustellung zwischen ihren Netzen in Rechnung stellen. Dabei übt jeder Betreiber im Bereich des Zugangs zu Kunden des eigenen Netzes Marktmacht aus. Bei jeder ankommenden Gesprächsminute aus einem anderen Netz verdient also die Telefongesellschaft des Kunden.
Vorschlag ist der EU um Faktor drei zu hoch
Die EU findet die Entgelte für Festnetzgesprächs-Zustellungen zu hoch.
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Der Vorschlag der BNetzA sieht Zustellungsentgelte zwischen 0,36
und 0,25 Cent pro Minute für die häufige
Tarifzone I vor. Betreiber in Ländern, die sich an den Empfehlungen der Europäischen Kommission orientieren zahlen laut EU Kommission
durchschnittlich 0,1 Cent pro Minute.
"Meine Aufgabe ist es, einen Binnenmarkt für Telekommunikationsdienste für alle Bürgerinnen und Bürger der EU zu schaffen", wird die
Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Neelie Kroes, in einer
Pressemitteilung zitiert. Alle EU-Mitgliedstaaten
hätten die Vorschriften mitverabschiedet und setzten sie in diesem
Sinne um. "Kein Land darf uns von diesem Ziel abbringen. Ich fordere die BNetzA dringend auf, einen neuen Vorschlag mit niedrigeren Verbraucherpreisen vorzulegen, der zur Schaffung des Telekommunikationsbinnenmarkts beiträgt."
Nach dem heutigen Schreiben, in dem die Kommission der BNetzA ihre ernsthaften Zweifel an dem Vorschlag mitteilt, hat diese drei Monate Zeit, um mit der Kommission und dem Gremium europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (GEREK) eine Lösung auszuarbeiten. Die Umsetzung des Vorschlags wird währenddessen ausgesetzt.
Streit dreht sich um die Art der Berechnung
Die Bundesnetzagentur hatte im November vergangenen Jahres ihren Vorschlag bekannt gegeben und diesen im Februar dieses Jahres nach einer nationalen Konsultation der EU Kommission mitgeteilt. Knackpunkt ist die Grundlage einer anderen Berechnungsmethode zu regulieren, als sie in der Empfehlung der Kommission über Zustellungsentgelte vorgesehen ist. Die BNetzA schlägt vor, die sogenannte LRAIC+-Methode (Long-Run Average Incremental Cost+) zur Berechnung der langfristigen durchschnittlichen Zusatzkosten anzuwenden, während die Kommission das Bottom-up-Kostenmodell (reines Bottom-up-LRIC) empfiehlt.
Pikant: Erst Anfang März hatte die EU-Kommission den Vorschlag der Bundesnetzagentur zur Mobilfunkterminierung gestoppt. Auch hier gingen die Meinungen zwischen Bundesnetzagentur und EU-Kommission auseinander.