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Editorial: EU: Gemächlich zu mehr Roaming-Wettbewerb

Vorlage der EU-Kommission mit vielen guten Ideen
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Den Netzbetreibern schmecken die Maßnahmen der EU-Kommission erwartungsgemäß weniger. Deren Lobbyisten werden in den nächsten Monaten insbesondere gegen die geplante starke Absenkung der Vorleistungsentgelte und gegen die Einführung der Roaming-Pre-Selection Sturm laufen. Denn noch müssen die Pläne EU-Parlament und EU-Ministerrat passieren, bevor daraus eine neue EU-Roaming-Verordnung werden kann. Änderungen sind während dieser Phase wahrscheinlich.

Besonders stören dürfte die Netzbetreiber, dass es die Roaming-Regulierung praktisch jedem beliebigen Tk-Unternehmen ermöglicht, in (fast) allen EU-Ländern Mobilfunkdienste anzubieten. Das Tk-Unternehmen muss dem Kunden nur eine Nummer aus einem EU-Land zuteilen und kann dann im Rest der EU für diesen Kunden zu regulierten Roaming-Konditionen Vorleistungen einkaufen. Insbesondere für die Netzbetreiber der kleinen Staaten (Estland, Luxemburg, Malta, Zypern etc. pp.) könnte sich dieses zu einem einträglichen Zusatzgeschäft entwickeln. Als Verlierer in diesem Spiel dürften sich hingegen die Netzbetreiber aus den bevölkerungsreichen höherpreisigen Ländern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien und evtl. auch Spanien) sehen.

EU-Vorleistung besteht aus zwei Teilen

Im Interesse eines funktionierenden Roaming-Marktes ist die vorgenannte internationale Öffnung des Mobilfunkmarkts aber ein notwendiges Übel. So lange zudem darauf geachtet wird, dass die national regulierten Vorleistungsentgelte niedriger liegen als die Einkaufspreise gemäß EU-Roaming-Regulierung, ist zudem sichergestellt, dass nationale Mobilfunk-Discounter günstiger einkaufen (und damit wahrscheinlich auch günstiger anbieten) können als internationale Roaming-Discounter.

Beim Vergleich der Vorleistungspreise ist aber darauf zu achten, dass die EU-Roaming-Vorleistung zwei Leistungen enthält, nämlich die Originierung und die Terminierung in einem beliebigen EU-Netz, und folglich sichergestellt sein muss, dass die Roaming-Vorleistung mehr als das doppelte der jeweiligen nationalen Mobilfunk-Terminierungsentgelte beträgt. Beim Vergleich der 2011er Terminierungsentgelte für Deutschland (3,33 bis 3,37 Cent pro Minute) und den für 2014 geplanten EU-Roaming-Vorleistungspreisen (6 Cent pro Minute) zeigt sich, dass es zu massiven Marktverzerrungen durch die Roaming-Regulierung kommen würde, wenn nicht bis 2014 die nationale Terminierung noch deutlich günstiger wird, oder die EU-Roaming-Vorleistung doch nicht ganz so günstig festgesetzt wird.

Das EU-Parlament täte daher gut daran, nicht heute schon Preise für die Vorleistung ab Mitte 2014 festzuschreiben, sondern deren Festsetzung den Regulierungsbehörden zu überlassen, ggfls. unter Vorgabe einer Berechnungsanweisung, zum Beispiel "das doppelte des maximalen Terminierungsentgeltes zuzüglich 15 Prozent Zuschlag". Damit nicht einzelne überhöhte nationale Terminierungsentgelte die Roaming-Vorleistung auf der ganzen EU-Ebene verteuern, könnte statt des maximalen Entgelts auch das fünfthöchste oder gar zehnthöchste als Basis für die Berechnung gewählt werden, und/oder die Roaming-Vorleistung pro Land oder gar pro Länderkombination (zum Beispiel: "Von Spanien nach Portugal") festgesetzt werden.

Auf der letzten Seite lesen Sie, welche Maßnahmen für den Kunden wichtig sind.

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