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Editorial: Zu gleich!

Samsung unterliegt Apple zu recht
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Seit ein paar Tagen ist es raus, das Urteil im Tablet-Streit zwischen Samsung und Apple. Wenn man es liest, erkennt man schnell, dass es keinem der beiden Beteiligten so richtig schmecken dürfte: Samsung darf sein Galaxy Tab 10.1 weder in Deutschland verkaufen, noch von Deutschland aus in Europa vertreiben. Das Landgericht Düsseldorf verweigerte sich jedoch Apples Antrag, sich europaweit für zuständig zu erklären, und so gilt das Verkaufsverbot nicht für direkt von Südkorea in andere EU-Länder importierte Galaxy Tabs. Zudem soll Apple zwei Fünftel der Gesamtkosten des Rechtsstreits bezahlen.

Samsung Galaxy Tab 10.1

Zu gleich! Samsung Galaxy Tab und Apple iPad Zu gleich! Samsung Galaxy Tab und Apple iPad
Foto: dpa
Die Sache mit der europaweiten Zuständigkeit ist eine dicke Kröte für Apple: Grundsätzlich ist es nämlich mit einem EU-Geschmacksmuster sehr wohl möglich, vor einem (einzigen) Gericht für ganz Europa zu klagen. Nur ist es in der europäischen Geschmacksmusterverordnung recht kompliziert geregelt, wo geklagt werden muss: Hat das beklagte Unternehmen eine Niederlassung in einem EU-Land, muss der Rechtsstreit dort eingereicht werden. Jedoch weigerte sich das Landgericht Düsseldorf, die Samsung Electronics GmbH aus Schwalbach als unselbständige Niederlassung und nicht als eigenständiges Unternehmen zu sehen. Falls Samsung keine Niederlassung in der EU hat, könnte Apple dann in einem der EU-Länder klagen, in dem sie selber eine Niederlassung in der EU haben. Sind weder Samsung noch Apple direkt in der EU vertreten, wäre Alicante zuständig.

Die vorgenannte EU-Zuständigkeitsregelung ist ein Paradeexemplar für den Eurokratismus: Lieb gemeint, aber schlecht gemacht. Die Frage, ob eine EU-Tochter eines ausländischen Unternehmens eine unselbständige Niederlassung oder ein selbständiges Tochterunternehmen ist, hängt von recht kleinen Details in den Verträgen zwischen der Mutter und der Tochter ab. Wie soll der Kläger aber Einsicht in diese meist geheimen Verträge bekommen, die er benötigen würde, um zu entscheiden, wo er klagt? Und selbst, wenn alle Details der Beherrschung im Gesellschaftsvertrag der Tochter geregelt sind und dieser beim Registergericht zur Einsicht hinterlegt ist: Ist es wirklich angemessen, dass der Kläger erstmal die komplette Firmenstruktur des beklagten Unternehmens aufdröseln muss, bevor er erfolgsversprechend Klage einreichen kann? Am Schluss kommt es nämlich zum absurden Effekt, dass die Klage in dem Land aufschlägt, in dem das beklagte Unternehmen seine kleinste Niederlassungen unterhält: Diese ist dann schon mangels Masse garantiert unselbständig, ergo unlimitiert mit EU-Geltung verklagbar. "Immer auf die Kleinen" war abar garantiert nicht die Absicht, die die EU-Parlamentarier bei der Verabschiedung der Geschmacksmusterverordnung samt Gerichtssitz-Regelung im Sinn hatten.

Lesen Sie auf der zweiten Seite den Kommentar zum eigentlichen Kern des Urteils, der von Apple behaupteten Geschmacksmusterverletzung.

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