Diskussion

Worum geht es im VDSL-Streit?

Die Frage ist, ob ein neuer Markt entsteht
Von Björn Brodersen

Warum kann die Telekom eigentlich eine solche Ausnahmeregelung fordern? Der ehemalige Monopolist verweist darauf, dass mit dem Glasfasernetz und den Medieninhalten ein "neuer Markt" entstehe, für den Brüssel eine Sonderregelung zulassen könne. Die will die EU in diesem Fall aber nicht gewähren. "Die europäischen Vorschriften sind ganz klar und die sehen vor, dass dereguliert wird und keine neue Monopole geschaffen werden", sagte EU-Kommissarin Vivian Reding in Hannover. Es gebe genau definierte Märkte, die Ausnahmen ermöglichen, dieser Fall gehöre aber nicht dazu. Reding und die deutsche Bundesnetzagentur haben den Konzern aufgefordert, den angeblich neuen Markt bis zum 19. April genau zu definieren. Die EU-Kommission setzt darauf, dass die Bundesregierung die richtigen Vorgaben erlässt. Bundeskanzlerin Merkel auf der CeBIT

Die Bundesregierung jedoch hat bislang die Pläne der Telekom unterstützt. "Wir werden alles daran setzen, um der Telekom die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf einem CeBIT-Rundgang. Noch vor der Sommerpause des Parlaments soll - so wie im Koalitionsvertrag beschlossen - im Bundestag über einen Gesetzesentwurf des Wirtschaftsministeriums zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes abgestimmt werden, der für das Unternehmen eine befristete Befreiung von der Aufsicht vorsieht. Neue Märkte sollen laut dem Entwurf nur dann reguliert werden, wenn langfristig der Wettbewerb gefährdet sei. Was unter "langfristig" zu verstehen ist, wird nicht genauer definiert. Die Kommission will diese Einschränkung gestrichen sehen und drohte zuletzt der Bundesregierung mit einem Vertragsverletzungsverfahren. Daraufhin will die Bundesregierung des Gesetzentwurf nun noch einmal überarbeiten.

Auch die Bundesnetzagentur wartet auf eine nähere Beschreibung des neuen Angebots. "Am besten wäre es, wir würden endlich einmal wissen, wie das Produkt der Telekom eigentlich aussehen soll", forderte der Präsident der Bundesnetzagentur, Matthias Kurth. Er habe sich gewundert, dass die Telekom auf der CeBIT keine Details dazu genannt habe. Kurth hatte die Telekom auch aufgefordert, Gespräche mit den Wettbewerbern über einen Zugang zum VDSL-Netz zu führen. Nun gebe es erste positive Signale seitens der Telekom. Im Falle einer Verhandlungslösungen mit den Wettbewerbern könnte der Regulierer sich zurückhalten.

Stimmen der Telekom-Wettbewerber

Die Wettbewerber der Telekom sehen die Pläne der Telekom zumindest mit gemischten Gefühlen. Während einige Festnetzfirmen wie etwa der überregionale Anbieter Versatel den Sinn eines solchen Netzes bezweifeln, da ADSL2+ ausreichend Bandbreite zur Verfügung stelle, fordern sie doch vehement, der Telekom keine "Regulierungsferien zu erteilen" und die Möglichkeit eines Zugangs zum VDSL-Netz zu erhalten, um auch an dem Geschäft mit den Medieninhalten teilzuhaben. Nach Ansicht von Marktforschern wird der Wirtschaftsstandort Deutschland von dem neuen Datenschnellweg wichtige Impulse erhalten, so wie in Südkorea, wo ein bis zu 100 MBit/s schnelles Netz wichtiger Bestandteil des Wirtschaftsbooms sei.

Vor allem die Behauptung, dass durch den Daten-Highway ein neuer Markt entstehe, verneinen die Telekom-Konkurrenten. Stephan Albers, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Arcor, sagte auf der Computermesse während eines Gesprächs mit teltarif.de: "Glasfaser allein ist keine Innovation, dabei werden nur neue Kabel verlegt." Und das auch noch zu äußerst günstigen Konditionen: Die Verlegung von neuen Kabeln koste etwa 300 Euro pro Meter, die bloße Durchleitung eines eigenen Kabels in einem gemeinsamen Kabeltrog lediglich 1 Euro, rechnete Arcor-Chef Harald Stöber auf der CeBIT-Pressekonferenz vor. Daher sei es ungerecht, dass jeder Netzbetreiber selbst Kabel in der Straße vergräbt, die Deutsche Telekom aber aus zu Monopolzeiten auf Staatskosten finanzierte Leerrohre nutzen kann.

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