Überwachung

Spiegel: BND will Internet-Überwachung massiv ausweiten

Guido Westerwelle will Aufklärung von Barack Obama zu PRISM
Von dpa / Marc Kessler

BND-Logo Der BND will die Internet-Überwachung massiv ausweiten
Screenshot: teltarif.de
Der Bundes­nachrichten­dienst (BND) will die Überwachung des Internets trotz des Skandals um die amerikanische Daten­spionage massiv ausweiten. Wie der Spiegel berichtet, hat der deutsche Auslands­geheim­dienst dazu ein 100-Millionen-Euro-Programm aufgelegt, das sich über die kommenden fünf Jahre streckt.

Mit den neuen Kapazitäten will der BND dem Bericht zufolge ähnlich wie die NSA sicherstellen, dass der grenz­überschreitende Datenverkehr möglichst umfassend überwacht werden kann. BND-Logo Der BND will die Internet-Überwachung massiv ausweiten
Screenshot: teltarif.de
Bundes­innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) rechtfertigte die Netzüberwachung: Der Staat müsse dafür sorgen, "dass wir Kontrollverluste über die Kommunikation von Kriminellen durch neue rechtliche und technologische Mittel ausgleichen", sagte er dem Spiegel.

Anders als der US-Geheimdienst NSA speichert der BND allerdings nicht den gesamten Internet­verkehr auf Verdacht, sondern siebt die Kommunikation nur. Im G-10-Gesetz ist festgelegt, dass der Geheimdienst bis zu 20 Prozent der Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland auf verdächtige Inhalte prüfen darf. Aufgrund technischer Probleme würden die Beamten bislang aber nur knapp fünf Prozent der E-Mails, Telefonate, Facebook-Konver­sationen oder Skype-Unterhaltungen auswerten.

PRISM: Westerwelle will Aufklärung von Obama

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erwartet von der US-Regierung Aufklärung über das amerikanische Internet­spionage-Programm PRISM. "Wir sollten erst mal miteinander darüber reden, was wirklich stattfindet", sagte Westerwelle im Deutschland­funk vor dem Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama. "Wir sehen das sehr skeptisch und auch zurückhaltend, was dort an Berichten auch uns erreicht." Obama wird Mittwoch Gespräche in Berlin führen.

Westerwelle auf Kompromiss-Kurs

Eine Lösung im Streit um US-Datenspionage müsse laut Westerwelle Ziele beider Seiten verfolgen. "Schutz vor Terror, Vergrößerung unserer Sicherheit in Anbetracht von terroristischen Bedrohungen und entsprechenden Verabredungen, auch über die neuen Medien, und gleichzeitig Schutz der Privatsphäre, Schutz unserer Daten", sagte der FDP-Politiker. Angeblich erlaubt das Geheim­programm PRISM dem US-Nachrichtendienst NSA weitreichenden Zugriff auf die Daten von Nutzern großer Internetdienste. Inwieweit auch deutsche Nutzer von den Überwachungs­maßnahmen betroffen sind, ist unklar.

Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt einem Bericht des Focus zufolge Aufklärung von den amerikanischen IT-Konzernen Google, Facebook, Apple und Microsoft, ob und inwieweit sie an der weltweiten Sammlung von Daten durch den NSA beteiligt sind. Bundes­innenminister Hans-Peter Friedrich ließ der Regierung von Barack Obama über den US-Botschafter eine Liste mit 16 Fragen zukommen.

Politiker fordern rein deutsche oder europäische IT-Lösungen

Andere deutsche Politiker fordern unterdessen, Lehren aus der PRISM-Thematik zu ziehen: Vertreter von Union und SPD wollen als Konsequenz aus dem US-Datenskandal eine stärkere technologische Unabhängigkeit Europas. "Damit die Kommunikation unseres Staates und unserer Unternehmen kein amerikanischer und erst recht kein chinesischer oder russischer Dienst mitlesen kann, müssen wir unsere eigene Kommunikations­technik aufbauen, sei sie nun deutsch oder europäisch", sagte der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Die Regierung müsse mehr in die IT-Sicherheit "Made in Germany" investieren. "Das wird dreistellige Millionenbeträge kosten." Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz sagte: "Wenn Washington die Marktmacht amerikanischer Unternehmen in der Internet-Branche missbraucht, dann müssen wir angemessene Alternativen schaffen." Die Berichte über die Internet-Überwachung durch US-Geheimdienste müssten Anlass sein, um sich unabhängiger von US-Konzernen zu machen.

Wie umfangreich die Überwachung durch PRISM ist und was die Überwachung für Sie bedeutet, haben wir in einem eigenen teltarif.de-Editorial thematisiert.

Weitere Meldungen zum Thema PRISM

Weitere Meldungen zur Überwachung des Datenverkehrs