Spiegel: BND will Internet-Überwachung massiv ausweiten
Der BND will die Internet-Überwachung massiv ausweiten
Screenshot: teltarif.de
Der Bundesnachrichtendienst (BND) will die
Überwachung des Internets trotz des Skandals um die amerikanische
Datenspionage massiv ausweiten. Wie der Spiegel berichtet, hat der
deutsche Auslandsgeheimdienst dazu ein 100-Millionen-Euro-Programm
aufgelegt, das sich über die kommenden fünf Jahre streckt.
Mit den neuen Kapazitäten will der BND dem Bericht zufolge ähnlich
wie die NSA sicherstellen, dass der grenzüberschreitende Datenverkehr
möglichst umfassend überwacht werden kann.
Der BND will die Internet-Überwachung massiv ausweiten
Screenshot: teltarif.de
Bundesinnenminister Hans-Peter
Friedrich (CSU) rechtfertigte die Netzüberwachung: Der
Staat müsse dafür sorgen, "dass wir Kontrollverluste über die
Kommunikation von Kriminellen durch neue rechtliche und
technologische Mittel ausgleichen", sagte er dem Spiegel.
Anders als der US-Geheimdienst NSA speichert der BND allerdings nicht den gesamten Internetverkehr auf Verdacht, sondern siebt die Kommunikation nur. Im G-10-Gesetz ist festgelegt, dass der Geheimdienst bis zu 20 Prozent der Kommunikation zwischen der Bundesrepublik und dem Ausland auf verdächtige Inhalte prüfen darf. Aufgrund technischer Probleme würden die Beamten bislang aber nur knapp fünf Prozent der E-Mails, Telefonate, Facebook-Konversationen oder Skype-Unterhaltungen auswerten.
PRISM: Westerwelle will Aufklärung von Obama
Außenminister Guido Westerwelle (FDP) erwartet von der US-Regierung Aufklärung über das amerikanische Internetspionage-Programm PRISM. "Wir sollten erst mal miteinander darüber reden, was wirklich stattfindet", sagte Westerwelle im Deutschlandfunk vor dem Berlin-Besuch von US-Präsident Barack Obama. "Wir sehen das sehr skeptisch und auch zurückhaltend, was dort an Berichten auch uns erreicht." Obama wird Mittwoch Gespräche in Berlin führen.
Westerwelle auf Kompromiss-Kurs
Eine Lösung im Streit um US-Datenspionage müsse laut Westerwelle Ziele beider Seiten verfolgen. "Schutz vor Terror, Vergrößerung unserer Sicherheit in Anbetracht von terroristischen Bedrohungen und entsprechenden Verabredungen, auch über die neuen Medien, und gleichzeitig Schutz der Privatsphäre, Schutz unserer Daten", sagte der FDP-Politiker. Angeblich erlaubt das Geheimprogramm PRISM dem US-Nachrichtendienst NSA weitreichenden Zugriff auf die Daten von Nutzern großer Internetdienste. Inwieweit auch deutsche Nutzer von den Überwachungsmaßnahmen betroffen sind, ist unklar.
Verbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) verlangt einem Bericht des Focus zufolge Aufklärung von den amerikanischen IT-Konzernen Google, Facebook, Apple und Microsoft, ob und inwieweit sie an der weltweiten Sammlung von Daten durch den NSA beteiligt sind. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich ließ der Regierung von Barack Obama über den US-Botschafter eine Liste mit 16 Fragen zukommen.
Politiker fordern rein deutsche oder europäische IT-Lösungen
Andere deutsche Politiker fordern unterdessen, Lehren aus der PRISM-Thematik zu ziehen: Vertreter von Union und SPD wollen als Konsequenz aus dem US-Datenskandal eine stärkere technologische Unabhängigkeit Europas. "Damit die Kommunikation unseres Staates und unserer Unternehmen kein amerikanischer und erst recht kein chinesischer oder russischer Dienst mitlesen kann, müssen wir unsere eigene Kommunikationstechnik aufbauen, sei sie nun deutsch oder europäisch", sagte der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.
Die Regierung müsse mehr in die IT-Sicherheit "Made in Germany" investieren. "Das wird dreistellige Millionenbeträge kosten." Der SPD-Politiker Dieter Wiefelspütz sagte: "Wenn Washington die Marktmacht amerikanischer Unternehmen in der Internet-Branche missbraucht, dann müssen wir angemessene Alternativen schaffen." Die Berichte über die Internet-Überwachung durch US-Geheimdienste müssten Anlass sein, um sich unabhängiger von US-Konzernen zu machen.
Wie umfangreich die Überwachung durch PRISM ist und was die Überwachung für Sie bedeutet, haben wir in einem eigenen teltarif.de-Editorial thematisiert.