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Editorial: Das bedeutet die PRISM-Überwachung

Was können Nutzer für ihre Privatsphäre tun?
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Gut ein Jahrzehnt ist es her, dass die Medien darüber berichteten, wie die USA mittels des Projekts Carnivore den Datenverkehr des Internet überwachen. Seitdem hat sich die Art, wie über das Internet kommuniziert wird, erheblich verändert. So findet heute ein viel größerer Teil der Kommunikation als früher über zentrale Server der großen Internetkonzerne statt, und ein viel größerer Teil wird dauerhaft gespeichert. Die Überwachungsmethoden wurden daran angepasst, wenn man den jüngsten Enthüllungen zu PRISM Glauben schenken darf. Dem Nutzer stellen sich nun einige Fragen: Darf man den Enthüllungen zu PRISM glauben schenken? Wie umfangreich ist die Überwachung? Und: Wem nutzt die Überwachung und wem schadet sie?

Auszug aus den Geheimakten Auszug aus den Geheimakten
Quelle: Washington Post
Nun, immerhin die erste Frage lässt sich leicht beantworten: Ja, die PRISM-Leaks sind glaubhaft. Wenn selbst der US-Präsident Barack Obama kurz nach der Veröffentlichung von Geheimdokumenten an die Öffentlichkeit tritt und das Programm verteidigt, dann gibt es nur noch wenige Gründe, an der Glaubwürdigkeit der Dokumente zu zweifeln. So ist es unter Militärs ja nicht unüblich, dem Feind eigene, besonders überlegene Waffensysteme vorzutäuschen. Auf PRISM übertragen hieße das: "Liebe Terroristen dieser Welt: Versucht gar nicht erst, Euch über Smartphone oder Internet zu einem Anschlag auf die USA zu verabreden! Denn wir belauschen Euch dann sowieso und durchkreuzen Eure Pläne, bevor Ihr diese in die Tat umsetzen könnt!" Die USA würden also ein gigantisches Überwachungsnetz nur vorgaukeln, um ihre eigene Sicherheit zu erhöhen.

Es spricht aber vieles dagegen, dass PRISM nur ein Potemkinsches Dorf ist. Insbesondere ist PRISM viel zu lückenhaft. Die Server ausländischer Unternehmen werden nicht überwacht. Und gegen mittels Steganographie versteckte geheime Nachrichten in belanglosen öffentlichen Nachrichten sind die Geheimdienste machtlos. Bei gut gemachter Steganographie können sie noch nicht einmal nachweisen, dass überhaupt eine zweite Nachricht transportiert wird. Potenzielle Täter können also problemlos auf andere Kommunikationskanäle ausweichen. Ein "PRISM-Fake" hat daher keinen Abschreckungseffekt gegen potenzielle oder tatsächliche Feinde. Entsprechend unwahrscheinlich ist ein Fake, und entsprechend wahrscheinlich ist, dass die Veröffentlichungen im Kern wahr sind.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, ob auch Ihre Daten unter dem Zugriff von PRISM stehen.

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