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Netzpolitik.org: Heftige Kritik an Ermittlungen

Die deutschen Medien reagieren mit heftiger Kritik auf die Landesverrats-Vorwürfe gegen Netzpotilitik.org. Der Blogger Markus Beckedahl will sich nicht einschüchtern lassen und freut sich über die Solidaritätswelle für seinen Blog.
Von dpa / Marie-Anne Winter

Heftige Kritik an Ermittlungen gegen Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl Heftige Kritik an Ermittlungen gegen Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl
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Die deutschen Medien reagieren mit scharfer Kritik auf die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen die Blogger von Netzpolitik.org wegen Landesverrats. Es gebe zwar ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse des Staates, sagte der Leiter des Rechercheverbundes von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung, Georg Mascolo. Doch warnte er vor den Folgen für die Pressefreiheit. "Wenn Journalisten Täter werden, wenn sie befürchten müssen, sich durch die Veröffentlichung von bestimmten Informationen strafbar zu machen, dann ist das Risiko für Journalismus ungeheuer hoch." Heftige Kritik an Ermittlungen gegen Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl Heftige Kritik an Ermittlungen gegen Netzpolitik.org-Gründer Markus Beckedahl
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Netzpolitik.org hatte Pläne des Verfassungsschutzes zum Ausbau der Internet-Überwachung beschrieben und dazu Auszüge von Dokumenten des Inlandsgeheimdienstes veröffentlicht. Der Verfassungsschutz selbst hat Anzeige erstattet. Netzpolitik.org ist einer der bekanntesten deutschsprachigen Blogs und wurde 2014 mit dem Grimme-Online-Award ausgezeichnet. Die Blogger setzen sich für digitale Bürgerrechte ein.

Unselige Tradition

Mascolo sagte, der Vorwurf des Landesverrats in Deutschland habe eine unselige Tradition. Die Bundesanwaltschaft sei in den vergangenen Jahrzehnten mit solchen Vorwürfen gegen Journalisten selbst bei heikleren Geschichten zurückhaltend umgegangen - und gut daran getan. Nun machten sich Journalisten möglicherweise strafbar, wenn die über die Ausspähtaktiken des US-Geheimdienstes NSA berichten.

Der leitende politische Redakteur der "Süddeutschen Zeitung", der Investigativ-Journalist Hans Leyendecker, sprach im rbb von einem "Versuch, Journalisten einzuschüchtern und Informanten einzuschüchtern". Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen, der die Strafanzeige gestellt hat, wolle nicht, "dass Papiere aus dem eigenen Hause bekannt werden, und deshalb versucht man jetzt, Journalisten an den Kanthaken zu kriegen".

"Wir lassen uns nicht einschüchtern"

Der Gründer des Blogs Netzpolitik.org, Markus Beckedahl, wirft der Bundesregierung und dem Generalbundesanwalt vor, mit den Ermittlungen wegen Landesverrats Journalisten einschüchtern zu wollen. "Wir sehen das klar als Einschüchterungsversuch der Bundesregierung oder unserer Sicherheitsbehörden, gedeckt durch die Bundesregierung, gegen investigative Journalisten und ihre Quellen", sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Der Generalbundesanwalt ermittelt wegen Landesverrats gegen ihn und den Netzpolitik.org-Autor André Meister. Dieser schwere Vorwurf wurde seit Jahrzehnten nicht gegen Journalisten erhoben.

"Die Arbeit des Verfassungsschutzes und das mögliche Versagen des Verfassungsschutzes bei der Spionageabwehr wird noch im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss eine große Rolle spielen", sagte Beckedahl weiter. "Man kann das jetzt schon als Einschüchterungsversuch ansehen von Seiten des Verfassungsschutzes, frühzeitig alle vorzuwarnen, dass man bereit ist, scharf zu schießen."

Netzpolitik werde sich nicht abschrecken lassen. "Wir lassen uns davon natürlich nicht einschüchtern und freuen uns über die riesige Solidaritätswelle, die wir gerade erleben." Die Webseite ächzte heute unter dem Ansturm an Klicks, online machten Spendenaufrufe und unterstützende Worte die Runde.

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