Roaming

Cell Buddy: Weltweites Roaming-Preselection durch die Hintertür

Ein Startup versucht, was die EU-Kommission nicht vermochte: Roaming-Gebühren drastisch zu senken. Die Idee: Im Ausland wählt der Nutzer einfach einen Tarif eines dort ansässigen Anbieters.
Von Hans-Georg Kluge

Die ID-SIM übernimmt SIM-Informationen von einem Cell-Buddy-Server. Die ID-SIM übernimmt SIM-Informationen von einem Cell-Buddy-Server.
Bild: Cell Buddy
Das israelische Startup Cell Buddy möchte den Kampf gegen Roaming-Gebühren aufnehmen. Die Idee des noch jungen Unternehmens ist bestechend einfach - wenngleich auch nicht vollständig neu.

Cell Buddy stellt den Kunden eine SIM-Karte - die sogenannte ID-SIM - und eine Smart­phone-App zur Verfügung. Mit letzterer soll der Nutzer im Ausland Angebote der dortigen Provider erhalten und auswählen können. Das senke die Roaming-Kosten erheblich.

Zentrales Element: Die ID-SIM

Die ID-SIM übernimmt SIM-Informationen von einem Cell-Buddy-Server. Die ID-SIM übernimmt SIM-Informationen von einem Cell-Buddy-Server.
Bild: Cell Buddy
Cell Buddy verfügt über eine eigene Server-Infrastruktur. Im Gerät selbst steckt die ID-SIM-Karte, auf der mit Hilfe der Smart­phone-App alternative Identitäten gegenüber dem Mobil­funk­netz gespeichert und verwendet werden. Die nötigen Authentifizierungs-Daten stammen von einem Cell-Buddy-Server. Dort sind Informationen von regionalen SIM-Karten gespeichert, die dann vom eigenen Smart­phone verwendet werden.

Fährt der Nutzer ins Ausland, werde automatisch eine Weiterleitung zu einer auswärtigen Nummer eingerichtet. Das hieße aber wohl, dass der Cell-Buddy-Kunde diese Weiter­leitungs­kosten tragen müsste. Zusätzlich erhalten Nutzer eine Rufnummer des aktuellen Landes. Über die Cell-Buddy-App wählt der Nutzer dann einen (Prepaid-)Mobilfunk-Tarif eines Anbieters im Reiseland. Ein SIM-Kartenwechsel ist nicht nötig.

Für den Dienst Cell Buddy selbst werden zusätzliche Kosten fällig. Im Ausland sollen 5 Dollar am Tag oder 60 Euro im Jahr anfallen. Das Smart­phone darf nicht mit einem SIM-Lock versehen sein - sonst kann es die ID-SIM nicht aufnehmen. Zunächst wird die Cell-Buddy-App für Android veröffentlicht - iOS und Blackberry sollen später folgen. Der Marktstart wird für 2014 erwartet - eine vorläufige Karte mit unterstützten Ländern gibt es auf der Webseite von Cell Buddy.

Kann das funktionieren und ist es erlaubt?

Das Unternehmen muss erst noch beweisen, dass die vorgestellte Lösung technisch funktioniert und dass sie kostendeckend sowie legal zu betreiben ist. Noch schwieriger könnte sich der Zugriff auf die Netze gestalten - immerhin sind die Roaming-Gebühren eine willkommene Einnahme­quelle für die Netzbetreiber. Ob die Anbieter das Startup einfach gewähren lassen werden, ist derzeit nicht absehbar. Interessenten können sich für einen Beta-Test registrieren, werden aber gleichzeitig aufgefordert, eine SIM-Karte ihres Landes einzuschicken. Wahrscheinlich müssen die Tester ihre eigene SIM-Karte einschicken, damit diese auf die ID-SIM kopiert werden kann.

Zu berücksichtigen ist andererseits, dass sich das Unternehmen nicht nur an europäische Kunden richtet - denn innerhalb Europas dürfte das Sparpotenzial nicht für jeden Kunden groß genug sein. Im inter­nationalen Roaming sind die Kosten aufgrund weniger EU-Regulierung deutlich höher.

Ob die Macher ihre Idee tatsächlich umsetzen können, ist ebenfalls im Augenblick nur schwer vorherzusehen. Eine angekündigte Crowd-Funding-Initative ist bei Indiegogo aktuell nicht einsehbar - der Twitter-Kanal seit Mai inaktiv. Dennoch spricht einiges dafür, dass das Unternehmen eine Finanzierung erhalten hat: Amerikanische Medien haben zuletzt über Cell Buddy berichtet - zum Beispiel das Fox-Angebot newsle [Link entfernt] .

Projekt "Vernetzter Kontinent" sieht ähnliches Roaming-Modell vor

Bereits die EU-Kommission hatte ähnliche Pläne geäußert. Unter dem Stichwort "Vernetzter Kontinent" will Neelie Kroes einen Binnenmarkt der Tele­kommuni­kation erschaffen. Ein zentrales Anliegen sind dabei die Roaming-Gebühren. Kurioserweise schlägt die Kommissarin eine Lösung vor, die der Idee von Cell Buddy ähnelt. Der Kunde soll demnach im Reiseland den Tarif eines regionalen Anbieters auswählen können. Offenkundig handelt es sich bei diesem Vorschlag vor allem um ein Druckmittel, die Betreiber dazu zu bringen, auf Roaming-Gebühren zu verzichten.

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