verloren

Editorial: Netz weg

Technik ist nie perfekt
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Damit hatte keiner gerechnet: Am späten Dienstag Nachmittag konnte plötzlich die Mehrzahl der Kunden von Deutschlands führendem Netzbetreiber T-Mobile nicht mehr telefonieren. Erst einige Stunden später wurde das Netz schrittweise wieder hochgefahren. Zahllose Medien berichteten noch am Dienstagabend oder am Folgetag über die ungeplante Funkstille.

Zwangsläufig stellt sich die Frage, wie es soweit kommen konnte, dass nicht nur ein paar Zellen oder Nummernblöcke ausfielen, sondern auf einen Schlag fast das ganze Netz. Verantwortlich dafür war das Home Location Register, kurz HLR, so etwas wie die Steuerzentrale eines Mobilfunknetzes. Ohne HLR weiß das Netz nicht, welche SIM-Karten zu ihm gehören oder wo sich diese (bzw. die Handys, in denen sie eingelegt sind) sich gerade befinden. Handys können somit nicht eingebucht werden und Anrufe nicht durchgestellt werden.

Redundanz schützt nicht immer

Somit wird klar, dass das HLR so etwas wie die Achillesferse eines Mobilfunknetzes ist. Fällt es aus, geht nichts mehr. Es ist aber durchaus üblich, gleich mehrere HLRs zu installieren. Fällt eines aus, übernimmt ein anderes und die Kunden merken nichts von der Panne. Diese Redundanz-Strategie schützt sehr gut vor Hardware-Fehlern, denn es ist extrem unwahrscheinlich, dass alle Server gleichzeitig kaputt gehen. Bei T-Mobile soll es sich aber um ein Software-Problem gehandelt haben: Ein vermutlicher Fehler im Programm ließ alle HLRs mehr oder weniger gleichzeitig abstürzen.

Gegen ein solches Problem hilft eigentlich nur eine Strategie: Haupt-HLR und Backup-Systeme von unterschiedlichen Herstellern beziehen, die möglichst unterschiedliche Hardware, Betriebssysteme, Datenbanken und Applikations-Software einsetzen. Der Haken: Der Aufwand und die Gefahr von Fehlern bei der Bedienung durch die Administratoren steigen durch eine solche heterogene Umgebung erheblich. Durch den System-Mischmasch vermeidet man somit möglicherweise den großen Zusammenbruch, erkauft sich das aber mit vielen kleinen Problemen, Ausfällen und Inkompatibilitäten.

Zweit-SIM sehr nützlich

Als Kunde sollte man pragmatisch reagieren. Wer auch mal ein paar Stunden ohne Handy auskommt, darf sich über die Stille freuen. Wer auf ständige Erreichbarkeit angewiesen ist, baut sich die Redundanz selbst: Mit einer Zweit-SIM und einer im Vorfeld kommunizierten Zweitrufnummer, eventuell sogar einem Zweithandy. Viele Kunden sind diesen Schritt bereits gegangen: Es gibt ja bereits heute mehr aktive SIM-Karten als Einwohner in Deutschland.

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