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Telekom Digital-X: Das "beste Netz" ging in die Knie

Die Messe Digital-X will keine reine Telekom-Veran­stal­tung, sondern eine Digital-Messe sein. "Be digital - stay human", ein passendes Motto, das Mut machen soll.
Von der Digital-X in Köln berichtet

Bei der Digi­tal­messe Digital-X, die gestern und heute in Köln statt­fand, trat erst­malig Kölns Ober­bür­ger­meis­terin Henri­ette Reker vor die Mikro­fone und dankte über­schwäng­lich der Deut­schen Telekom, dass sie diese wich­tige Digi­tal­messe als Bekenntnis zu Köln ausrich­tete. Sie freue sich, dass die Telekom die Stadt Köln ausge­wählt habe. Dies ist umso bemer­kens­werter, als die Stadt Köln ja quasi einen "eigenen" TK-Anbieter, die NetCologne hat, der im Wett­bewerb zur Telekom auftritt. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker lobte die Telekom, die Stadt Köln für ihre Messe ausgewählt zu haben. Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker lobte die Telekom, die Stadt Köln für ihre Messe ausgewählt zu haben.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de

Parallel: Dmexco und Digital-X

Die Inspiration-Stage der Digital-X aus ungewohnter Perspektive. Die Inspiration-Stage der Digital-X aus ungewohnter Perspektive.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Diesmal fand die Messe Digital-X gestern und heute parallel zur digi­talen Marke­ting-Fach­messe Dmexco statt. Man habe, so Gast­geber und Geschäfts­kun­den­chef der Telekom Deutsch­land, Hagen Rick­mann, mit der Dmexco ein Abkommen geschlossen: Bei bestimmten Veran­stal­tungen und Work­shops wurden die Tickets beider Veran­stal­tungen gegen­seitig aner­kannt.

Keine spezi­elle Messe der Telekom

Für die Digital-X alleine wurden über 50.000 Tickets ausge­geben, und die waren relativ schnell vergriffen, freute sich Rick­mann, der betonte, dass das "keine spezi­elle Messe der Telekom", sondern eine Digital-Messe sei, an der über 300 Partner teil­nehmen, die sich auch an den Kosten des Mega-Events betei­ligen.

Unge­wöhn­liches Konzept

"Breitband Babsi" (Barbara Schöneberger) moderierte die Digital-X im magentafarbenen Outfit. "Breitband Babsi" (Barbara Schöneberger) moderierte die Digital-X im magentafarbenen Outfit.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Das Konzept ist unge­wöhn­lich: Keine trockenen Messe­hallen, sondern eine Messe mitten in der Stadt, auf vier Flächen. Rund um den Media­park die "Inspi­ration Stage", wo viele Promi­nente auf die Bühne gebeten wurden, mode­riert von "Breit­band Babsi", besser bekannt als Barbara Schö­neberger, natür­lich im magen­tafar­benen Kostüm. Sie sei das neue iPhone 15, wo der Stumm­schalter durch die "Action-Taste" ersetzt wurde, erklärte sie dem verblüfften Publikum.

Ganze Stra­ßen­züge wurden von der Messe gebucht, wo Restau­rants und Bars, Büro­räume und flexible Arbeits­flä­chen ("WeWork") zum Messe­gelände umfunk­tio­niert wurden, so im Friesen- oder im belgi­schen Viertel der Stadt.

Be digital- stay human

Der Vorabend zur Digital-X begann um 22 Uhr mit einer Drohnenshow Der Vorabend zur Digital-X begann um 22 Uhr mit einer Drohnenshow (Aufnahme mit iPhone 13mini)
Foto. Henning Gajek / teltarif.de
"Be digital - stay human" ist das Motto der Messe, dass am Dienstag Abend vor Messe­beginn um 22 Uhr mit einer optisch gelun­genen Droh­nen­show am Nacht­himmel von Köln einge­weiht wurde. Das Motto soll verdeut­lichen, dass digi­tale Vorgänge das Leben einfa­cher und lebens­werter machen können und viele Chancen und nicht nur Risiken bestehen.

Tim Höttges: Mehr "We" weniger "Me"

In seiner Grund­satz­rede ging Telekom-Chef Tim Höttges gewohnt stel­len­weise nach­denk­lich-philo­sophisch auf die aktu­elle Lage der Branche ein. Es gebe zu viel "Me" (zu deutsch "ich"), jeder einzelne versuche, sich die Welt einzu­richten ohne Rück­sicht auf die Umge­bung. Höttges vermisst das "We", das Wir, das gebraucht werde, um die anste­henden Probleme zu lösen.

Viele Unter­nehmen wollten sparen, anstatt ihre Abläufe zu digi­tali­sieren. Es herr­sche viel Angst und Bedenken über Chancen und Risiken, Höttges wünscht sich mehr "Machen".

In poli­tisch und gesell­schaft­lich kompli­zierten Zeiten stehe die Telekom welt­weit hervor­ragend da, konnte Höttges anhand von Zahlen der Vergan­gen­heit bis Heute demons­trieren.

Fair Share als Steuer?

Gemeinsam mit "meinem Freund José Maria Pallete" (der CEO von Telefónica Inter­national) habe er den "Fair Share" disku­tiert. Den großen Tele­kom­muni­kati­ons­anbie­tern stößt schon länger sauer auf, dass große Inhalte-Anbieter wie Google, Face­book etc. viel Inhalt in die Netze einspeisen, was die Anbieter zwingt, perma­nent ihre Kapa­zitäten aufzu­rüsten, da es eine Schief­last gibt: Mehr Daten fließen von den USA nach Europa als umge­kehrt. Dafür erhalten sie aber keine finan­zielle Gegen­leis­tung.

Dürften sie den Inhal­tean­bie­tern extra Geld berechnen? Wäre das nicht unfair gegen­über klei­neren Anbie­tern und Netz­betrei­bern? Die neuen Mehr­ein­nahmen müssten irgendwie verteilt werden. Höttges könnte sich beispiels­weise eine Art Steuer vorstellen.

Telekom-Netz einge­knickt

Während der Rede von Höttges knickte das Telekom-Mobil­funk-Netz rund um das "Messe­gelände" spürbar ein. Websei­ten­auf­rufe blieben hängen, die Ping­zeiten stiegen spürbar an.

Bran­chen­insider berichten, dass die Zahl der 5G-fähigen Messe­besu­cher in Köln weitaus höher als vermutet gewesen sei, dabei habe man aber voraus­schauend schon die Kapa­zität hoch­gefahren. Da zur Rede von Tim Höttges nicht alle Inter­essenten in den Innen­bereich durch­gelassen werden konnten, hätten viele Besu­cher wohl die Digital-X-App geladen und instal­liert, um die Rede zu streamen. Ein soge­nannter "Sche­duler", der im Netz die Ressourcen zuweist, sei zeit­weise ans Limit geraten.

Mancher Anruf landete statt auf dem Handy auf der Mailbox, die sich erst später meldete. Guided-Tours über die Ausstel­lung sollten mit einer App begleitet werden, um Ton der Refe­renten und Tour-Guides an die Teil­nehmer zu über­mit­teln, doch aufgrund der Netz­pro­bleme blieben viele Handys lange stumm. Auch Kunden ohne 5G-Funk­tion (z. B. von fraenk, reali­siert von der Telekom-Tochter cong­star) erlebten teil­weise für LTE/4G unge­wohnt nied­rige Über­tra­gungs­raten.

Am Nach­mittag verbes­serte sich die Lage wieder, und mit zuneh­mender Entfer­nung vom Event-Bereich war die Netz­erfah­rung "im besten Netz" wieder, wie man es vom Unter­nehmen gewohnt ist.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die Messe Digital-X richtet sich an ein Busi­ness-Publikum und trifft den Nerv der Ziel­gruppe, wie die hohen Besu­cher­zahlen und die dicht bela­gerten Expo­nate zeigen.

Da die Telekom den Anspruch "Wir sind das Netz" und auch das "beste Netz" für sich rekla­miert, sind solche Einbrüche, wie in Köln erlebt, der abso­lute Super-GAU. Der Kunde, der einen höheren Preis für dieses Netz gerne zahlt, erwartet schier unmög­liches: Es muss immer und überall Netz geben, ob im Fahr­stuhl zum Messe­turm oder im dich­testen Getümmel, wo nicht nur Menschen sich verab­reden, sondern Videos teilen oder zahl­reiche Demo­objekte auto­matisch Daten mit einer Cloud austau­schen.

Wohl dem, der auf ein anderes Netz auswei­chen konnte: o2 beispiels­weise lieferte während der Rede von Höttges problemlos Connects mit ca. 150 MBit/s im Bereich der Inspi­ration Stage.

Zurück zur Messe: Die Digital-X ist ein mutiges Konzept, nur sollte es noch mehr Ange­bote für tech­nisch und fach­lich inter­essierte Privat­kunden (und wich­tige Multi­pli­katoren, pardon "Influ­encer") geboten werden. Von etablierten Publi­kums­messen wie der IFA (Berlin) hat sich die Telekom als letzter Anbieter leider zurück­gezogen, die einst wich­tige Fach­messe CEBIT (Hannover) gibt es auch schon lange nicht mehr. Der MWC in Barce­lona bleibt für Privat­besu­cher absolut uner­reichbar.

Was die Digital-X sonst noch bot, berichten wir in weiteren News.

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