Themenspezial: Verbraucher & Service Prozess

BGH: Wann muss die Schufa die alten Schulden löschen?

Wer endlich schul­den­frei ist, wünscht sich vermut­lich vor allem eines: Einen unbe­las­teten Neuan­fang. Bei Auskunf­teien wie der Schufa bleiben Privatin­sol­venzen aller­dings noch für drei Jahre gespei­chert - mit erheb­lichen Nach­teilen für die Betrof­fenen.
Von dpa /

Datenspeicherung der Schufa vor dem BGH Datenspeicherung der Schufa vor dem BGH
picture alliance/dpa
Wie lange dürfen die Schufa und andere Auskunf­teien spei­chern, dass jemand eine Privatin­sol­venz hinter sich hat? Das prüft der Bundes­gerichtshof (BGH) seit heute.

Geklagt hat ein Betrof­fener, der errei­chen will, dass die Schufa solche Einträge früher löschen muss. Er könne deshalb keinen Kredit aufnehmen, keine Wohnung neu mieten und nicht einmal ein Bank­konto eröffnen.

Wen das alles betrifft

Datenspeicherung der Schufa vor dem BGH Datenspeicherung der Schufa vor dem BGH
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Eine Verbrau­cher­insol­venz - oder umgangs­sprach­lich Privatin­sol­venz - soll über­schul­deten Menschen die Chance geben, nach einer gewissen Zeit frei von Forde­rungen noch einmal von vorn anzu­fangen. Solange das Verfahren läuft, werden das pfänd­bare Vermögen und Einkommen an die Gläu­biger verteilt. Nur das zum Leben Notwen­dige darf man behalten. Der Vorteil: Rest­liche Schulden werden am Ende erlassen.

Nach den neuesten Zahlen des Statis­tischen Bundes­amts wurden 2021 mehr als 78.600 Verbrau­cher­insol­venz­ver­fahren eröffnet. Die Wirt­schafts­aus­kunftei Crif zählte für dasselbe Jahr etwas mehr als 109.000 Privatin­sol­venzen und rech­nete im Oktober 2022 mit rund 100.000 Fällen im Gesamt­jahr. Laut Crif geht es dabei nicht unbe­dingt um sehr große Summen: Ein Groß­teil der Betrof­fenen hatte demnach Schulden von knapp unter 10.000 Euro. Die Zahl der über­schul­deten Menschen liegt deut­lich höher - nach dem "Schuld­ner­atlas" der Auskunftei Credit­reform waren es 2022 knapp 5,9 Millionen.

Die Dauer des Insol­venz­ver­fah­rens wurde zuletzt schritt­weise von sechs auf drei Jahre verkürzt. Der Kläger, der nach einer geschei­terten Selbst­stän­dig­keit Schulden hatte, durch­lief zwischen 2013 und 2019 noch das lange Verfahren. Anschlie­ßend wurde ihm die soge­nannte Rest­schuld­befreiung erteilt.

Worum es vor Gericht geht

Erteilte Rest­schuld­befrei­ungen werden amtlich bekannt gemacht, auf dem Inter­net­portal www.insolvenzbekanntmachungen.de. Dort ist die Infor­mation sechs Monate lang abrufbar. Auskunf­teien wie die Schufa greifen darauf zu und spei­chern die Daten bei sich drei Jahre lang.

Die Frage ist, ob das noch zulässig ist, denn seit Mai 2018 gilt in der Euro­päi­schen Union ein neues Daten­schutz­recht. In dem Fall, der jetzt beim BGH höchst­rich­ter­lich geklärt wird, war das Schleswig-Holstei­nische Ober­lan­des­gericht (OLG) zuletzt der Ansicht, dass der Eintrag wie auf dem Behörden-Portal nach sechs Monaten zu löschen ist. "Denn es liegt auf der Hand, dass das Ziel, einem Schuldner (...) einen Neustart zu ermög­lichen, durch eine weitere Publi­zität der früheren Insol­venz erschwert wird."

Ein ganz ähnli­cher Fall beschäf­tigt derzeit den Euro­päi­schen Gerichtshof (EuGH), nach einer Vorlage des Verwal­tungs­gerichts Wies­baden. Es könnte daher darauf hinaus­laufen, dass die obersten deut­schen Zivil­rich­terinnen und -richter das Luxem­burger Urteil erst einmal abwarten, wie der Senats­vor­sit­zende Stephan Seiters in der Verhand­lung sagte. Sind dann noch Fragen offen, könnten sich die Karls­ruher Richter damit selbst noch einmal an den EuGH wenden. Die Entschei­dung wird aber erst in der nächsten Zeit verkündet.

Seiters sagte, gene­rell wäre es sinn­voll, wenn der deut­sche Gesetz­geber die Spei­che­rung verbind­lich regeln würde. Solange solche Vorgaben fehlten, könnten die Gerichte nur jeden Einzel­fall prüfen.

Was für die Auskunf­teien auf dem Spiel steht

Bei der Schufa waren im dritten Quartal 2022 rund 302.000 Menschen mit Rest­schuld­befreiung erfasst. Nur bei unge­fähr 41.000 davon war diese Infor­mation noch kein halbes Jahr alt. Bei den rest­lichen 261.000 müsste sie bei einer Nieder­lage also gelöscht werden.

Laut Schufa hätte das auch nega­tive Auswir­kungen für alle, die ihre Rech­nungen immer pünkt­lich bezahlen. "Durch eine auf sechs Monate verkürzte Spei­cher­dauer entfallen hoch­rele­vante Infor­mationen zur umfas­senden Einschät­zung der Bonität von Personen", teilte eine Spre­cherin auf Anfrage mit. "Unter­nehmen müssen ein höheres Zahlungs­aus­fall­risiko in Kauf nehmen, Kosten durch Zahlungs­aus­fälle müssen durch alle Kunden mitge­tragen werden."

Nach einer eigenen Auswer­tung der Schufa haben Menschen, die schon einmal insol­vent waren, in den ersten drei Jahren danach ein erhöhtes Risiko für eine Zahlungs­stö­rung. Nach den Daten aus den Jahren 2018 bis 2021 fielen 15,27 Prozent der Personen mit Rest­schuld­befreiung negativ auf. Bei allen anderen waren es nur 4,35 Prozent.

Seiters sagte aller­dings, die vorge­legten Zahlen hätten seinen Senat bislang nicht über­zeugt. Nach Angaben des Schufa-Anwalts steht im Eintrag des Klägers inzwi­schen nichts mehr von der Privatin­sol­venz - die Infor­mation sei auto­matisch nach drei Jahren gelöscht worden. Der Anwalt des Mannes sagte dagegen, dafür lägen ihm keine Belege vor.

Die Schufa hat bei Verbrau­chern einen schlechten Ruf - und wenn sie falsche Daten über uns spei­chert, kann das böse Konse­quenzen haben. So reagieren Sie richtig bei einem falschen Schufa-Eintrag.

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