Themenspezial: Verbraucher & Service Musterverfahren

Kabel-Klage: War aktuelles Nebenkostenprivileg rechtens?

Seit Jahr­zehnten zahlen viele Mieter über die Betriebs­kosten auto­matisch einen Kabel­anschluss mit. Dank einer Reform ist damit in drei Jahren Schluss. Wett­bewerbs­schützer werfen jetzt die Frage auf: War die Praxis bisher über­haupt rech­tens?
Von dpa /

War das alte Nebenkostenprivileg für TV-Kabelanschlüsse jemals legal War das alte Nebenkostenprivileg für TV-Kabelanschlüsse jemals legal? (Symbolbild)
Bild: dpa, Bearbeitung: teltarif.de
Von Mitte 2024 an dürfen Vermieter keine Kabel­gebühren mehr auf ihre Mieter umlegen - und Wett­bewerbs­schützer meinen, dass das auch heute schon gegen geltendes Recht verstößt. In einem Muster­ver­fahren hat die Wett­bewerbs­zen­trale die Frage vor den Bundes­gerichtshof (BGH) gebracht, heute wurde in Karls­ruhe verhan­delt. Das Urteil soll am 20. Oktober verkündet werden, wie der zustän­dige Senat später mitteilte (Az. I ZR 106/20).

Die Wett­bewerbs­schützer stören sich daran, dass viele Miete­rinnen und Mieter keine Chance haben, ihren Anschluss zu kündigen. Solange sie in der Wohnung wohnen, müssen sie die Gebühren dafür über ihre Neben­kosten mitzahlen - auch wenn sie den Anschluss mögli­cher­weise gar nicht nutzen oder ihn nicht wollen. Dadurch seien Anbieter alter­nativer Über­tra­gungs­wege wie etwa Strea­ming­dienste im Nach­teil.

Kläger verweisen auf Passus zu 24-Monats-Verträgen

War das alte Nebenkostenprivileg für TV-Kabelanschlüsse jemals legal War das alte Nebenkostenprivileg für TV-Kabelanschlüsse jemals legal? (Symbolbild)
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Die Wett­bewerbs­zen­trale beruft sich auf einen Para­grafen im Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz, wonach ein Vertrag "zwischen einem Verbrau­cher und einem Anbieter von öffent­lich zugäng­lichen Tele­kom­muni­kati­ons­diensten" höchs­tens eine Mindest­lauf­zeit von 24 Monaten haben darf. Außerdem muss es möglich sein, einen Vertrag für höchs­tens zwölf Monate abzu­schließen. Die Rich­terinnen und Richter äußerten aller­dings gewisse Zweifel, ob sich diese Vorschrift auf einen Immo­bili­enkon­zern mit Miet­woh­nungen anwenden lässt. In den Vorin­stanzen hatte die Klage keinen Erfolg gehabt.

So oder so wird das Urteil nur noch vorüber­gehend von Bedeu­tung sein. Denn die Politik hat das Ende des soge­nannten Neben­kos­ten­pri­vilegs bereits besie­gelt. Das Gesetz tritt zum 1. Dezember 2021 in Kraft, bis Ende Juni 2024 gibt es dann noch eine Über­gangs­frist. Danach bekommen alle Mieter die Wahl­frei­heit, für die die Wett­bewerbs­zen­trale in Karls­ruhe streitet.

Für den beklagten Wohnungs­anbieter Viva­west aus Gelsen­kir­chen, der mehr als 120.000 Wohnungen vermietet, ist die baldige Abschaf­fung ein Beleg dafür, dass bisher das Gegen­teil gilt. "Damit liegt aus unserer Sicht eine klare gesetz­gebe­rische Wertung vor, dass bis dahin die Umla­gefä­hig­keit weiterhin aufrecht­erhalten werden kann", sagte der Anwalt des Unter­neh­mens nach der Verhand­lung.

In drei Jahren wird bei vielen Mietern jemand an der Tür klin­geln und ihnen Fern­sehen anbieten, obwohl bislang mit dem TV-Anschluss alles in Ordnung war. Die Novelle des TKG hat die Voraus­set­zungen für die TV-Versor­gung verän­dert, weshalb mit vielen Mietern neu über den bestehenden Kabel-Anschluss verhan­delt werden muss.

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