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eBay: BGH-Urteil erlaubt harsche Kundenkritik

19,26 Euro kosteten die vier Gelenk­bol­zen­schellen, 4,90 Euro davon waren für den Versand. Nach dem Geschäft auf der Inter­net­platt­form eBay hinter­ließ der Käufer eine Bewer­tung: "Ware gut, Versand­kosten Wucher!!" Ob er das durfte, hat nun der BGH entscheiden.
Von dpa /

Wer nach einem Geschäft über die Inter­net­platt­form eBay verär­gert ist, kann seine Kritik - recht­lich abge­sichert - auch mit harschen Worten und über­zogen formu­lieren. Diese darf nach einem Urteil des Bundes­gerichts­hofs (BGH) von heute nur keine Schmäh­kritik sein, also nicht rein der Herab­wür­digung des Verkäu­fers dienen. Wert­urteile seien durch die Meinungs­frei­heit im Grund­gesetz geschützt, entschied der achte Zivil­senat in Karls­ruhe. "Auch eine über­zogene, unge­rechte oder gar ausfäl­lige Kritik macht eine Äuße­rung für sich genommen noch nicht zur Schmä­hung." (Az. VIII ZR 319/20).

In dem Fall hatte ein Mann über eBay bei einem Unter­nehmen aus Bayern vier Gelenk­bol­zen­schellen gekauft. Von den gezahlten 19,26 Euro waren 4,90 Euro Versand­kosten. Als Bewer­tung schrieb er nach Erhalt der Produkte im Bewer­tungs­profil: "Ware gut, Versand­kosten Wucher!!"

eBay-AGB zum Thema Bewer­tungen

eBay: Ein Unternehmen hielt die Bewertung eines Kunden für unzulässig eBay: Ein Unternehmen hielt die Bewertung eines Kunden für
unzulässig
Bild: picture alliance / dpa | Inga Kjer
In den Allge­meinen Geschäfts­bedin­gungen (AGB) von eBay heißt es zum Thema Bewer­tungen: "Nutzer sind verpflichtet, in den abge­gebenen Bewer­tungen ausschließ­lich wahr­heits­gemäße Angaben zu machen. Die von Nutzern abge­gebenen Bewer­tungen müssen sach­lich gehalten sein und dürfen keine Schmäh­kritik enthalten." So werden Äuße­rungen genannt, bei denen es nicht um die Sache geht, sondern das Herab­wür­digen im Vorder­grund steht. Beide Seiten hatten den AGB zuge­stimmt.

Der Wort­laut der AGB sei nicht eindeutig, sagte die Vorsit­zende Rich­terin Rhona Fetzer. Mehrere Inter­pre­tationen seien möglich. Was sach­lich sein soll, sei nicht weiter defi­niert. Fetzer räumte ein, der Begriff Schmäh­kritik sei nicht eindeutig. Hier komme es etwa darauf an, ob jemand "jenseits pole­mischer und über­spitzter Kritik herab­gesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll".

BGH-Anwalt Thomas Kofler als Vertreter des Kunden hatte in der Verhand­lung am Vormittag argu­men­tiert, AGB dürften nicht die Meinungs­frei­heit einschränken. Wie hoch die Versand­kosten sind, könne jeder poten­zielle Käufer einfach nach­prüfen.

Argu­mente der Gegen­seite

Die Vertre­terin der Gegen­seite, Brun­hilde Acker­mann, zielte auf die Wort­wahl ab: "'Wucher' ist schon ein scharfes Geschütz." Da gebe es keinen Bezug zur Sache, sagte sie. Der Kunde habe die Versand­kosten von Anfang an gekannt und das Geschäft dennoch abge­schlossen.

Die Verkäu­ferin, die Schlauch­land GmbH, hielt die Bewer­tung für unzu­lässig und wollte, dass der "Wucher"-Kommentar entfernt wird. Das Amts­gericht in Weiden in der Ober­pfalz hatte das abge­lehnt. Die Bewer­tung sei in einen Zusam­men­hang mit den Versand­kosten gestellt.

Das Land­gericht in Weiden wiederum entschied im Beru­fungs­ver­fahren, es handele sich um eine über­spitzte Beur­tei­lung ohne sach­lichen Bezug, weil für einen objek­tiven Leser nicht erkennbar sei, warum die Versand­kosten "Wucher" sein sollen. Gegen das Urteil ging der Käufer in Revi­sion. BGH-Rich­terin Fetzer betonte, anders als vom Land­gericht ange­nommen müssten Kunden ihre Kritik nicht begründen.

Bewer­tungen seien teils wich­tiger als der Ruf einer Marke

Aus Sicht von Rechts­anwalt Sebas­tian Lehr, der die Firma in Weiden vertrat, handelt es sich um eine Art Präze­denz­fall. Solche Bewer­tungen stellten ein erheb­liches Ärgernis für nahezu den gesamten Online-Handel dar, hatte der Jurist vor der Verhand­lung mitge­teilt. Viele Kunden vertrauten auf die Bewer­tung vorma­liger Käufer. Das sei teils wich­tiger als der Ruf einer Marke oder eines Unter­neh­mens.

Unge­recht­fer­tigte nega­tive Bewer­tungen seien demzu­folge erheb­lich geschäfts­schä­digend, betonte Lehr. Der finan­zielle Schaden sei nicht abzu­schätzen, weil unklar sei, wie viele poten­zielle Kunden sich auf diese Weise abschre­cken lassen.

Nega­tive Bewer­tungen seien keine Ausnahme. "Diese kommen leider immer wieder einmal vor." Es ist nach seinen Angaben auch keine Selten­heit, dass Kunden mit absicht­lich nega­tiven Kommen­taren drohten, um etwa Preis­nach­lässe oder eine Rück­gabe von Waren nach Ablauf der Wider­rufs­frist durch­zusetzen.

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