Abgewiesen

BGH weist Klagen gegen Ärzte-Portal Jameda ab (Update)

"Wir behan­deln alle Ärzte gleich", wirbt das Ärzte­bewer­tungs­portal Jameda auf seiner Webseite. Das sah ein Ärzte­paar ganz anders und zog vor Gericht. Der Bundes­gerichtshof hat die Klage nun abge­wiesen.
Von dpa /

Erneute BGH-Verhandlung zum Arztportal Jameda Erneute BGH-Verhandlung zum Arztportal Jameda
Bild: jameda GmbH

Update 13. Oktober: BGH weist Klage ab

Der Bundes­gerichtshof (BGH) hat Klagen von zwei Zahn­medi­zinern gegen das Ärzte­bewer­tungs­portal Jameda zurück­gewiesen. Das teilte ein BGH-Spre­cher heute in Karls­ruhe mit. Das Ehepaar aus Nord­rhein-West­falen muss es demnach dulden, auch in Zukunft bei Jameda gelistet zu sein, entschied der BGH und stärkte damit dem Unter­nehmen den Rücken. Eine Begrün­dung der Entschei­dung erfolgte zunächst nicht.

Die Ärzte hatten verlangt, auf dem Portal künftig nicht mehr geführt zu werden und dies unter anderem mit dem Geschäfts­modell von Jameda begründet. Aus ihrer Sicht begüns­tigt es Ärzte, die über kosten­pflich­tige Pakete ihr Profil über ein Bild oder Verlin­kungen anspre­chender gestalten können als soge­nannte Basis­kunden, die nicht zahlen. Das sahen die Richter im vorlie­genden Fall nicht so.

Jameda dürfe seine Premi­umkunden zwar nicht unzu­lässig bevor­zugen - hier aber komme es immer auf den Einzel­fall an, hatten die BGH-Richter bei der Verhand­lung am Dienstag betont. Einen allge­meinen Gleich­behand­lungs­anspruch für zahlende und nicht zahlende Ärzte gebe es nicht (Az. VI ZR 488/19 und VI ZR 489/19). Ende des Updates.

Ursprüng­liche Meldung vom 12. Oktober

Der Bundes­gerichtshof (BGH) steht vor einem weiteren Urteil zur Neutra­lität des Bewer­tungs­por­tals Jameda und dem Recht dort gelis­teter Ärzte auf Löschung ihrer Daten. Zwei Zahn­ärzte aus Nord­rhein-West­falen verlangen, dort nicht mehr geführt zu werden.

Aus ihrer Sicht herrscht bei Jameda eine Art Zwei-Klassen-Gesell­schaft: Premi­umkunden können über kosten­pflich­tige Gold- oder Platin­pakete ihr Profil mit Fotos aufpeppen oder auf eigene Fach­artikel oder Webseiten verweisen. Dagegen haben soge­nannte Basis­kunden, die nichts zahlen, nur einen Schat­ten­riss als Profil­bild und auch sonst kaum eine Möglich­keit, ihr Profil anspre­chender zu gestalten.

Keine allge­meine Verpflich­tung zur Gleich­behand­lung

Erneute BGH-Verhandlung zum Arztportal Jameda Erneute BGH-Verhandlung zum Arztportal Jameda
Bild: jameda GmbH
Das sei unfair, finden die beiden Medi­ziner. Sie wollen es nicht dulden, unter diesen Umständen im Bewer­tungs­portal aufzu­tau­chen. Der zustän­dige BGH-Senat machte den Klägern bei der Verhand­lung aller­dings nicht allzu viel Hoff­nung. Es bestehe keine allge­meine Verpflich­tung, zahlende und nicht zahlende Ärzte gleich zu behan­deln. Viel­mehr komme es auf den Einzel­fall an.

In dem Fall hatte das Ehepaar in den Vorin­stanzen erfolg­reich verlangt, aus dem Portal gelöscht zu werden. Zudem wollte es auch künftig dort nicht mehr verzeichnet werden. Die Medi­ziner monierten insge­samt 24 Merk­male von Premi­umpro­filen, die ihnen als Basis­kunden aus ihrer Sicht schaden. Der Senat griff sich in der Verhand­lung beispiel­haft vier Punkte heraus und ließ durch­bli­cken, der Sicht der Kläger hier nicht zu folgen und keine unan­gemes­sene Benach­tei­ligung zu erkennen. Wann das Urteil fällt, ist unklar (Az. VI ZR 488/19 und VI ZR 489/19).

Ranking der Ärzte vom Kunden­status unab­hängig

Jameda hatte nach eigenen Angaben bereits vor der Verhand­lung die kriti­sierten Punkte vorsichts­halber geän­dert. Seitdem ist das Ehepaar mit seinen Basis­daten wieder im Portal zu finden - gegen seinen Willen. Das Unter­nehmen halte es grund­sätz­lich für unethisch, zahlende Kunden zu bevor­zugen, sagte Jameda-Geschäfts­führer Florian Weiß. Auch das Ranking der Ärzte, die von Pati­enten auf dem Portal bewertet werden können, sei vom Kunden­status der verzeich­neten Medi­ziner völlig unab­hängig.

Grund­sätz­lich müssen es Ärzte wegen des öffent­lichen Inter­esses, im Sinne der freien Arzt­wahl und auch wegen der Kommu­nika­tions­frei­heit hinnehmen, dass sie in solchen Portalen zu finden sind (siehe dazu das BGH-Urteil aus dem Jahr 2014). Aller­dings dürfen die Portale dafür den Boden der Neutra­lität nicht verlassen, hatte der BGH 2018 klar­gestellt und der Klage einer Haut­ärztin auf Löschung statt­gegeben. Jameda musste daraufhin sein Geschäfts­modell mit den entspre­chenden Werbe­for­maten für Premi­umkunden umstellen.

Jameda listet eigenen Angaben zufolge prak­tisch alle Ärzte bundes­weit. Die Daten dafür bezieht es aus öffent­lich zugäng­lichen Quellen wie Tele­fon­buch­ein­trägen oder Praxis­eröff­nungen. Rund 70.000 der gelis­teten Medi­ziner hätten Premi­umpa­kete gebucht, bezahlen also für spezi­elle Funk­tionen und Service­leis­tungen.

Darf ein Flug plötz­lich 40 Euro teurer sein, wenn der Kunde ein gängiges Zahlungs­mittel verwenden will und nicht die vom Flug­ver­mittler bewor­bene Kredit­karte? Dem schob der BGH kürz­lich einen Riegel vor.

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