BGH: Facebook unterliegt im Streit um Klarnamenpflicht
Facebook: BGH-Verhandlung um Klarnamenpflicht
Bild: dpa
Facebook muss es nach einem Urteil des
Bundesgerichtshofs (BGH) hinnehmen, dass seit langem angemeldete
Nutzer Pseudonyme auf der Plattform gebrauchen. Eine Pflicht zur
Verwendung des sogenannten Klarnamens sei unwirksam, entschied der
dritte Zivilsenat heute in Karlsruhe. (Az. III ZR 3/21 u.a.)
Wegen einer Gesetzesänderung gilt das Urteil aber nur für Altfälle.
Die obersten Zivilrichter Deutschlands erachten es als ausreichend, dass sich Menschen mit ihrem Klarnamen registrieren. Der Vorsitzende Richter des dritten Zivilsenats, Ulrich Herrmann, sprach von einem Innenverhältnis. Im Außenverhältnis - also zum Beispiel beim Posten von Beiträgen, Kommentieren oder beim Beitreten zu Gruppen auf dem Portal - sei es Facebook zumutbar, dass das unter Pseudonym geschehe.
Das Netzwerk hatte die Accounts eines Mannes und einer Frau 2018 gesperrt, weil ihre Fantasienamen gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen. Das Oberlandesgericht München, das zuletzt über die Klagen geurteilt hatte, hatte Facebook Recht gegeben.
Hintergrund ist eine neue Rechtslage: Das deutsche Telemediengesetz verpflichtete Anbieter zwar, die Nutzung ihrer Dienste "anonym oder unter Pseudonym zu ermöglichen, soweit dies technisch möglich und zumutbar ist". Das alte EU-Recht stand dem nicht entgegen. Doch seit Mai 2018 gilt in der Europäischen Union ein neues Datenschutzrecht, das ausdrücklich keine solche Bestimmung enthält. Die BGH-Richter haben die Fälle nun aber nach alter Rechtslage entschieden. "Daher ist die unmittelbare Reichweite unserer Entscheidung auf Altfälle begrenzt", sagte der Vorsitzende Richter Ulrich Herrmann.
Konten wurden ursprünglich gesperrt
Facebook: BGH-Verhandlung um Klarnamenpflicht
Bild: dpa
In den aktuellen Nutzungsbedingungen von Facebook heißt es unter
anderem, Nutzerinnen und Nutzer sollten hier denselben Namen
verwenden, den sie auch im täglichen Leben gebrauchen. Die Regel soll
die Hemmschwelle für Hassrede und Mobbing erhöhen. "Wenn Personen
hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft
sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden."
Der Kläger und die Klägerin allerdings hatten Fantasienamen benutzt. Facebook hatte sie vergeblich aufgefordert, die Namen zu ändern. 2018 sperrte das Unternehmen die Konten.
Das Münchner Oberlandesgericht hatte argumentiert, Deutschland habe damals auf europäischer Ebene vergeblich versucht, ein Recht auf pseudonyme Nutzung in die EU-Verordnung hinein zu verhandeln. Der deutsche Paragraf sei nun im Sinne des Unionsrechts auszulegen.
Der Mutterkonzern Meta hatte die vorläufige Auffassung des Gerichts damals bedauert und mitgeteilt: "Wir sind überzeugt, dass Menschen mehr Verantwortung für ihre Aussagen und Handlungen übernehmen, wenn sie ihren echten Namen auf Facebook verwenden."
Reaktionen auf das Urteil
Eine Sprecherin des Facebook-Mutterkonzerns Meta teilte nach der Verkündung mit: "Wir nehmen die heutige Entscheidung zur Kenntnis, die ausdrücklich auf einer überholten Rechtslage basiert." Facebook sei eine Plattform, auf der sich Menschen mit ihrem echten Namen miteinander verbinden und austauschen können. "Die Nutzung von echten Namen trägt zur Authentizität auf der Plattform bei."
In den aktuellen Nutzungsbedingungen von Facebook heißt es unter anderem, Nutzerinnen und Nutzer sollten hier denselben Namen verwenden, den sie auch im täglichen Leben gebrauchen. Die Regel soll die Hemmschwelle für Hassrede und Mobbing erhöhen. "Wenn Personen hinter ihren Meinungen und Handlungen stehen, ist unsere Gemeinschaft sicherer und kann stärker zur Rechenschaft gezogen werden."
Nun sind beleidigende oder diskriminierende Äußerungen im Netz kein Kavaliersdelikt und nicht zuletzt im Zuge der Corona-Pandemie wieder vermehrt in der Kritik. Dennoch sagte Christof Stein, Pressesprecher des Bundesdatenschutzbeauftragten, der Deutschen Presse-Agentur: "Anonymität im Netz ist ein hohes Gut, das man nicht so leicht opfern sollte." Sie stehe auch nicht dem Kampf gegen Hass, Hetze und Mobbing entgegen. Zum einen könne man auch bei Pseudonymen die Menschen dahinter finden. Zum anderen kämen derartige Aussagen von vielen Accounts, die überhaupt nicht anonym sind. "Das sind keine Fragen von Anonymität und Datenschutz, sondern von mehr Strafverfolgung."
Verkauf von Instagram und WhatsApp gefordert: Mit neuen Argumenten und Zahlen konnte die FTC den US-Bundesrichter überzeugen und eine Klage gegen Facebook durchbringen. Abermals wird Meta ein Monopol-Missbrauch vorgeworfen.