Themenspezial: Verbraucher & Service Überraschung

Datenschutz-Klagerecht von Verbraucherschützern vor BGH

Nach der münd­lichen Verhand­lung und einer Entschei­dung des EuGH schien ziem­lich sicher, dass der BGH beim Thema Daten­schutz die Klage­rechte von Verbrau­cher­schüt­zern stärkt. Doch mit seiner jetzigen Entschei­dung über­raschte der Senat alle Betei­ligten.
Von dpa /

Der jahre­lange Rechts­streit um Klage­rechte von Verbrau­cher­schutz­ver­bänden wegen mögli­cher Daten­schutz­ver­stöße von Unter­nehmen geht in die nächste Runde. Der Bundes­gerichtshof (BGH) zieht ein zweites Mal in dem Fall den Euro­päi­schen Gerichtshof (EuGH) zurate, wie er heute in Karls­ruhe über­raschend verkün­dete. Die deut­schen Richter wollen eine Detail­frage geklärt wissen, wie Passagen der euro­päi­schen Daten­schutz­grund­ver­ord­nung (DSGVO) auszu­legen sind.

In dem Verfahren zwischen dem Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band und der Inter­net­platt­form Face­book geht es um die grund­sätz­liche Frage, ob Verbrau­cher­schützer auch ohne einen Auftrag konkret Betrof­fener vor Gericht ziehen dürfen (Az. I ZR 186/17). Auf eine erste BGH-Anfrage hin hatten die Luxem­burger Richter entschieden, eine Klage­befugnis des Verbandes verstoße nicht gegen die DSGVO. In der Ende September fort­gesetzten Verhand­lung am BGH sah es so aus, als würden die obersten Zivil­richter und -rich­terinnen Deutsch­lands dem folgen.

Bereits "Fülle von Verfahren" anhängig

BGH zum Klagerecht von Verbraucherverbänden BGH zum Klagerecht von Verbraucherverbänden
Foto: dpa
Doch war der erste Zivil­senat von Anfang an der Meinung, dass Verbrau­cher­schutz­ver­bände nicht per se klage­befugt seien. Die anders­lau­tende Entschei­dung aus Luxem­burg bezeich­nete der Vorsit­zende Richter Thomas Koch am Donnerstag als "uner­wartet". Nun legt der BGH nach und will wissen, ob in dem Fall aus Sicht des EuGH die Voraus­set­zung erfüllt ist, dass die Rechte einer betrof­fenen Person gemäß der DSGVO "infolge einer Verar­bei­tung" verletzt worden seien.

Eine Entschei­dung in der Sache sei wichtig für eine "Fülle von Verfahren", die an Gerichten anhängig seien, hatte BGH-Anwalt Peter Wasser­mann als Vertreter der Verbrau­cher­schützer bei der Verhand­lung gesagt. Folg­lich bedau­erte der Leiter des Teams Rechts­durch­set­zung beim Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band (vzbv), Heiko Dünkel, auch die Hänge­partie: Ange­sichts der massen­haften Daten­schutz­ver­stöße auf den großen Digi­tal­platt­formen sei es enttäu­schend, dass sich dieses schon sehr lange laufende Grund­satz­ver­fahren wieder verzö­gert. "Der vzbv wird sich nun mögliche Auswir­kungen der heutigen Entschei­dung auf weitere derzeit noch laufende Verfahren anschauen."

Verfah­rens-Verzö­gerung "unver­meid­lich"

Richter Koch räumte ein, es sei bedau­erlich, dass sich das Verfahren nun erneut verzö­gere. "Aber es war unver­meid­lich." Der Face­book-Mutter­kon­zern Meta wollte den Beschluss nicht kommen­tieren.

Bei den konkret ange­mahnten Verstößen geht es darum, dass bei Face­book 2012 kosten­lose Spiele von Dritt­anbie­tern präsen­tiert wurden, bei denen Nutze­rinnen und Nutzer per Klick auf "Sofort spielen" der Über­mitt­lung verschie­dener Daten an den Spie­lebe­treiber zuge­stimmt hätten. Bei einem Spiel endeten die Hinweise mit dem Satz: "Diese Anwen­dung darf Status­mel­dungen, Fotos und mehr in deinem Namen posten." Gerichte in Berlin gaben den Verbrau­cher­schüt­zern recht. Der BGH-Anwalt von Face­book, Chris­tian Rohnke, hatte bei der Verhand­lung am BGH betont, Face­book habe diese Hand­habe inzwi­schen geän­dert.

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