Schneckentempo

Editorial: Die unendliche Umstellung

Digitalisierung des Polizeifunks wann?
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Oft sind staatliche Organe Vorreiter bei der Nutzung neuer Technologien. So waren zu einem Zeitpunkt, als die meisten Bürger das Internet noch nicht einmal kannten, viele Universitäten bereits breitbandig daran angeschlossen. Genetische Fingerabdrücke wurden schon zur Überführung von Mördern eingesetzt, als private Vaterschaftstests auf Basis der Gene (und nicht nur auf Basis der oft recht unzuverlässigen Blutgruppen) noch unbekannt waren. Und die Polizei hatte schon lange vor der Erfindung von GSM bereits Funkstreifenwagen im Einsatz.

Doch zuweilen ist derjenige, der eine Technologie zuerst einführt, am Schluss derjenige, der schlechter dasteht. Nämlich dann, wenn sich zwischenzeitlich die Technologie weiterentwickelt hat und der Erstkäufer nicht nachgezogen ist. So wie derzeit die Polizei bzw. die Behörden allgemein: Sie funken immer noch analog. Und die Einführung des längst überfälligen Digitalfunks verzögert sich weiter.

Der Hemmschuh bei der Digitalisierung ist die föderale Struktur Deutschlands. Polizei und Verwaltung sind grundsätzlich Ländersache. Funksysteme sollten aber gemeinsam beschafft werden, denn Einsätze halten sich nicht immer an Landesgrenzen. Doch herrschte lange Streit. Die einen wollten eine besonders günstige Lösung, die nächsten eine besonders leistungsfähige und die dritten eine Lösung eines besonders wichtigen Arbeitgebers in der Region. Und so flogen massenhaft Vokabeln wie TETRA, Tetrapol, GSM-R, GSM-BOS durch den Raum, nur gebaut wurde nicht.

Alles wird gut?

Doch dann wurde 2006 in einer Ausschreibung doch alles klargemacht: Es soll TETRA werden, das zum Beispiel auch direkte Gespräche zwischen zwei Handys ohne vermittelnde Basisstation ermöglicht. Und EADS sollte bis 2010 das Netz bauen.

Daraus wird wohl nun nichts mehr, wenn man der Antwort des Brandenburger Innenministeriums auf eine parlamentarische Anfrage glauben darf. Offensichtlich ist EADS nicht gut im Strippenziehen: Die Auslieferung der ersten Riesenflugzeuge vom Typ Airbus 380 verzögerte sich um über ein Jahr, weil es Probleme mit der Verkabelung gab. Und TETRA wird nicht vor 2012 fertig.

Und so droht, dass der "neue" Digitalfunk zur Einführung bereits veraltet ist: Mit einer maximalen Datenrate von 28,8 kBit/s eignet er sich kaum für mobile Datenübertragungen. HSPA+ wird bis dahin um mindestens den Faktor 1000 schneller sein. Da hilft auch nicht viel, dass bereits ein Update namens TETRA Enhanced Data Service entwickelt wurde: Mit einigen hundert Kilobit pro Sekunde ist es für viele Videoanwendungen immer noch zu langsam.

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