Berliner U-Bahn: Behördenfunk hat jetzt eigenes Netz
Die Handy- und Smartphone-Funkversorgung im Berliner Untergrund ist nach wie vor durchwachsen. Schon längst hätte das Berliner-U-Bahn-Netz komplett mit LTE von Telekom, Vodafone und Telefónica (o2) ausgebaut sein sollen, doch die Sache läuft nur zäh voran.
Regie führt im Untergrund die Telefónica als rechtmäßige "Erbin" des E-Plus-Netzes. Auf Nachfrage ist von "mit den Vorgängen vertrauten Personen" zu hören, dass die Zeitfenster zum Einbau von Funkantennen und System im Untergrund nur sehr kurz sind, weil der laufende Betrieb nicht beeinträchtigt werden soll und solange keine Techniker in die engen Tunnel dürfen. Hört man genauer hin, wird immer wieder Kritik an der "schwerfälligen" U-Bahn-Gesellschaft BVG geäußert.
BOS-Funk im Untergrund
Innerhalb von vier Jahren wurde im Berliner Untergrund ein komplettes Digital-Funk-Netz für Polizei und Feuerwehr realisiert. Zivile Handykunden können an vielen Stellen weiterhin nicht surfen
Foto: Picture-Alliance / dpa
Nun hat sich das Bild verschoben: Die Sicherheitsbehörden haben offiziell seit heute ihr eigenes Digital-Funk-Netz im Berliner Untergrund: Genauer auf 170 U-Bahnhöfen und im Tunnelnetz der BVG.
Das hat Berlins Innensenator Andreas Geisel heute gemeinsam mit Berlins Polizeipräsidentin Dr. Barbara Slowik und der Vorstandvorsitzenden der BVG (Berliner U-Bahn-Gesellschaft), Eva Kreienkamp, und dem Landesbranddirektor
Dr. Karsten Homrighausen getan, sie drückten den berühmten roten Knopf.
Damit sei ein weiteres wichtiges Projekt der Kooperation zwischen BVG, Polizei Berlin und Senatsverwaltung für Inneres und Sport erfolgreich abgeschlossen worden. Die im Jahre 2017 geschlossene Kooperationsvereinbarung für die Sicherheit im Öffentlichen Personennahverkehr sieht neben gemeinsamen Streifen von Polizei und BVG-Sicherheit auch den Aufbau einer verlässlichen Funkversorgung für die Einsatzkräfte der Polizei Berlin und der Berliner Feuerwehr in den U-Bahnhöfen und dem dazugehörigen Tunnelnetz vor.
Provisorische Lösung durch Kanalwechsel entfällt
Bisher konnten die Einsatzkräfte nur mit einer sehr begrenzten Anzahl an Funkgeräten das Digitalfunknetz der BVG in Bahnhöfen und Tunneln mitbenutzen. Dazu mussten die Geräte der Einsatzkräfte auf das BVG-Netz umgeschaltet werden. Eine direkte Verbindung mit den Leitstellen von Polizei und Feuerwehr war damit nicht möglich.
Nachdem die BVG im Zuge der Erneuerung ihrer Netzwerkinfrastruktur die Voraussetzungen zur Einspeisung und Verteilung des Digitalfunksignals innerhalb des BVG-Netzes geschaffen hatte, konnte durch die Polizei Berlin die hierfür erforderliche Digitalfunksystemtechnik bereitgestellt und installiert werden.
Finale Messungen im August 2021
Nach abschließender Messung aller U-Bahn-Strecken im August 2021 kann die Digitalfunkversorgung des Berliner BVG-Netzes nun offiziell freigegeben werden. Insgesamt wurde von Seiten der Senatsverwaltung für Inneres und Sport zur Umsetzung des Projektes circa 600.000 Euro im Rahmen des Präventions- und Sicherheitspaketes investiert.
Innensenator Andreas Geisel freut sich: „Der öffentliche Personennahverkehr in Berlin ist das Rückgrat für die Mobilität in unserer Stadt. [...] Wir brauchen hier also ein sehr hohes Sicherheitsniveau. Vor allem in Krisensituationen. Polizei und Feuerwehr sind auf stabile Kommunikation bei ihren Einsätzen angewiesen. Das können wir mit dem neuen Digitalfunk jetzt gewährleisten. Der heutige Tag ist ein wichtiger Tag für die Sicherheit in unserer Stadt.“
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik stimmt ihm zu: „Meine Kolleginnen und Kollegen sind täglich im Öffentlichen Personennahverkehr im Einsatz. Eine sichere und störungsfreie Funkverbindung ist hierbei von besonderer Bedeutung. Dass die BVG auf U-Bahnhöfen und im Tunnelnetz mit Digitalfunk ausgestattet ist, begrüße ich daher sehr. [...]"
Eva Kreienkamp, Vorstandsvorsitzende der BVG und Nachfolgerin von Sigrid Nikutta, die zur deutschen Bahn wechselte, sagt: „Polizei, Feuerwehr und BVG sind seit jeher als Team im Dienste der Stadt unterwegs. Deshalb ist es für uns selbstverständlich, dass wir alles tun, unsere Kollegen bei der Arbeit zu unterstützen. Der Ausbau des Digitalfunks in unseren Bahnhöfen und Tunnelanlagen ist dafür ein wichtiger Schritt, der die Sicherheit für unsere Fahrgäste und Mitarbeiter erhöht.“
Auch für Dr. Karsten Homrighausen, den Landesbranddirektor der Berliner Feuerwehr, ist die Inbetriebnahme des Digitalfunknetzes "eine verbesserte Kommunikation bei der Bewältigung unserer Einsätze."
Oberirdisch fehlen noch Sender
Dafür muss im oberirdischen Digitalfunknetzes der Polizei von Berlin noch etwas getan werden. Nach "jahrelangen Planungen und Problemen" soll der Ausbau bis 2023 abgeschlossen werden. Bis jetzt seien 65 von 80 Funkstationen fertig, teilte Polizeichefin Slowik mit.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Wie man hört, hatte unter anderem die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Hinblick auf aktuelle Bedrohungslagen schon länger einen Netzausbau im Untergrund gefordert. Binnen vier Jahren konnte das von der Unterschrift bis zur Einschaltung verwirklicht werden. Den GSM-Mobilfunk gibt es seit den 1990er Jahren im Berliner Untergrund, anfangs nur von E-Plus, der Rest kam später.
Dass das LTE-Mobilfunknetz für alle drei derzeit aktuellen Netze im Berliner Untergrund bis heute nicht richtig fertig geworden ist, ist wahrlich kein Ruhmesblatt.