Energienetze

BNetzA: Das soll mit den 450-MHz-Frequenzen passieren

Der ehema­lige Frequenz­be­reich des C-Netzes um 450 MHz wird momentan für Ener­gie­netze genutzt. Doch zum Jahres­ende läuft die Zutei­lung aus. Was kommt danach?
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 Lang­jäh­rige Beob­achter der Mobil­funk­welt können sich noch an das von 1985 bis 2000 betrie­bene analoge C-Netz der Bundes­post bzw. Telekom erin­nern, das den D-Netzen voraus­ging und auf dem Frequenz­be­reich um 450 MHz funkte. Nach dessen Abschal­tung wurde ein Teil der Frequenzen für Betriebs- oder Bündel­funk­sys­teme vergeben.

Schon 2015 forderte der VDE ein 450-MHz-LTE-Netz für Strom-Steu­er­auf­gaben, was später auch umge­setzt wurde. 2016 machte sich die BNetzA erst­mals über die weitere Zukunft des Frequenz­bandes Gedanken. Auch im Zuge der Diskus­sionen um die Ände­rungen am Frequenz­nut­zungs­plan wurde 2017 über die Zukunft des Frequenz­bandes debat­tiert. 2018 wurde erör­tert, der Bundes­an­stalt für Digi­tal­funk die Frequenzen für einen digi­talen Poli­zei­funk in LTE-450 Tech­no­logie zuzu­weisen - die Ener­gie­wirt­schaft zeigte sich scho­ckiert. Die Bundesnetzagentur will das 450-MHz-Band überwiegend dem Energiesektor zuteilen. Die Bundesnetzagentur will das 450-MHz-Band überwiegend dem Energiesektor zuteilen.
Bild: dpa
Um den Konflikt zu lösen, hat die Ener­gie­branche vorge­schlagen, die Blau­licht-Orga­ni­sa­tionen mit bis zu 15 Prozent am 450-MHz-Funk­netz zu betei­ligen. Nun steht eine Entschei­dung an.

BNetzA präfe­riert Netze für "Kriti­sche Infra­struk­turen"

Die Präsi­den­ten­kammer der Bundes­netz­agentur hat heute den Konsul­ta­ti­ons­ent­wurf [Link entfernt] zur Ausschrei­bung der Frequenzen im Bereich 450 MHz veröf­fent­licht. Ziel ist es, die Frequenzen nach Ablauf der derzeit bestehenden Befris­tung zum 31. Dezember 2020 erneut zuzu­teilen. Dabei macht die Behörde keinen Hehl daraus, welche Anwen­dungen sie auf dem Frequenz­band bevor­zugt: "Die Frequenzen im Bereich 450 MHz eignen sich beson­ders gut, um eine flächen­de­ckende, hoch­ver­füg­bare und zugleich schwarz­fall­si­chere Funk­netz­in­fra­struktur zur Steue­rung von Versor­gungs­netzen aufzu­bauen", sagte Jochen Homann, Präsi­dent der Bundes­netz­agentur.

Über "Kriti­sche Infra­struk­turen" wurde in Deutsch­land in den vergan­genen Jahren vermehrt disku­tiert, offi­ziell gehören laut Defi­ni­tion die Versor­gung mit Energie, Wasser, Nahrungs­mit­teln, Infor­ma­ti­ons­technik/Tele­kom­mu­ni­ka­tion, der Gesund­heits-Bereich, das Finanz- und Versi­che­rungs­wesen sowie Trans­port und Verkehr dazu. Mitunter werden auch Staat und Verwal­tung sowie Medien und Kultur dazu­ge­rechnet.

Koope­ra­tionen beim Netz­aufbau sollen möglich sein

Der jetzige Konsul­ta­ti­ons­ent­wurf zum 450-MHz-Band sieht vor, dass die Frequenzen für eine bundes­weite Nutzung "vorrangig für eine Versor­gung kriti­scher Infra­struk­turen genutzt werden". Der Zutei­lungs­nehmer soll laut der jetzigen Planung Funk­netz­in­fra­struktur für Betreiber kriti­scher Infra­struk­turen zur Verfü­gung stellen. Den nach­fra­genden Betrei­bern kriti­scher Infra­struk­turen sollen "bedarfs­ge­rechte Funk­an­wen­dungen" ange­boten oder "Möglich­keiten zu Koope­ra­tionen beim Netz­aufbau" unter­breitet werden.

Ebenso besteht laut der Behörde die Möglich­keit, Betrei­bern Frequenzen zu über­lassen und so Eigen­nut­zung oder Weiter­nut­zung von bestehenden Funk­netz­in­fra­struk­turen zu ermög­li­chen. Die Frequenzen sollen in einem Ausschrei­bungs­ver­fahren vergeben werden. So könnten Sicher­heits­be­lange und spezi­elle Schutz­an­for­de­rungen als Auswahl­kri­te­rien besser berück­sich­tigt und "am besten geeig­nete Anbieter für die Bereit­stel­lung der Infra­struktur ausge­wählt" werden.

Bedarfs­er­mitt­lung und Bedarfs­an­mel­dungen

Im September 2019 habe sich der Beirat der Bundes­netz­agentur dafür ausge­spro­chen, der Ener­gie­wirt­schaft die erprobte sichere Kommu­ni­ka­ti­ons­lö­sung auf Basis der 450-MHz-Funk­technik weiterhin zur Verfü­gung zu stellen. Im Januar 2020 habe die Behörde erste Eckpunkte zur Vergabe von Frequenzen zur Kommen­tie­rung gestellt und gleich­zeitig ein Bedarfs­er­mitt­lungs­ver­fahren durch­ge­führt.

Betreiber kriti­scher Infra­struk­turen hätten Bedarf nach funk­ge­stützten Reali­sie­rungs­mög­lich­keiten zur Steue­rung ihrer Anlagen und Netze geäu­ßert. Hierfür hätten bislang keine exklu­siven Frequenz­be­reiche zur Verfü­gung gestanden.

Auf der Grund­lage der bislang einge­gan­genen Stel­lung­nahmen zu den Eckpunkten und den Bedarfs­an­mel­dungen hat die Behörde den jetzigen Entwurf einer Verga­be­ent­schei­dung ange­fer­tigt. Bis zum 28. August 2020 kann zu dem Konsul­ta­ti­ons­ent­wurf schrift­lich Stel­lung genommen werden.

Behör­den­funk noch nicht ganz draußen?

Die BNetzA stellt mit dem heutigen Entwurf aber auch klar, dass sie mit ihrer eigenen Präfe­renz für Netze für "Kriti­sche Infra­struk­turen" nicht der Politik ins Hand­werk pfuschen will. Denn das Verfahren steht unter dem Vorbe­halt einer anders­lau­tenden Entschei­dung der Bundes­re­gie­rung.

Das heißt: Sollte eine Entschei­dung der Bundes­re­gie­rung für Behörden und Orga­ni­sa­tionen mit Sicher­heits­auf­gaben (BOS) getroffen werden, wird die jetzige Bedarfs­er­mitt­lung mit den aktu­ellen Eckpunkten gegen­stands- und somit rechts­fol­genlos. Letzt­end­lich hält die BNetzA also - trotz gegen­tei­liger eigener Auffas­sung - die Möglich­keit offen, dass die Bundes­re­gie­rung dem Behör­den­funk das 450-MHz-Band (oder realis­ti­scher­weise einen Teil davon) zuweist.

Der Netz­werk­aus­rüster Nokia hat übri­gens kürz­lich erfolg­reich ein 450-MHz-Test­netz in Polen instal­liert.

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