Einigung: BNetzA schlägt Kompromiss für 450-MHz-Band vor
450 MHz-Antennen in Berlin-Schmöckwitz für die Energiewirtschaft
Foto: Christoph Dernbach/dpa
In einem Streit um die künftige Nutzung von Funkfrequenzen im Frequenzbereich von 450 MHz gibt es eine Einigung. Demnach soll die Energiewirtschaft die Frequenzen nutzen dürfen, um kritische Infrastruktur abzusichern. Die Polizei und andere Sicherheitskräfte sollen die verbleibenden Frequenzen, die die Energiewirtschaft nicht braucht, "nachrangig" nutzen können. Das geht aus einem Schreiben der Bundesnetzagentur an den Beirat hervor, welches der Deutschen Presse-Agentur vorlag. Zuvor hatte es eine Einigung innerhalb der Bundesregierung gegeben.
450 MHz für Smart Meter
450 MHz-Antennen in Berlin-Schmöckwitz für die Energiewirtschaft
Foto: Christoph Dernbach/dpa
Die Stromversorger wollen das Spektrum bei 450 MHz, in dem früher das analoge Mobiltelefon-Netz C-Netz/C-Tel der Deutschen Bundespost/T-Mobil/T-Mobile und T-Mobile/Telekom anfangs die ICE-Züge über OFDMA-Flarion (einem Vorläufer von 4G) mit Internet versorgte, für die Digitalisierung der Energiewende einsetzen - etwa für den Anschluss intelligenter Stromzähler, der Smart Meter.
Aber auch die Polizei und andere Sicherheitskräfte hatten die Frequenzen beansprucht. Ein sicheres Breitbandnetz sei "für Polizei, Feuerwehr, Rettungskräfte und die Bundeswehr unabdingbar", hatte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) gesagt. Dagegen pochte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) laut Medienberichten darauf, die Frequenzen für die Energiewirtschaft zu nutzen.
Gelungener Kompromiss
Der energiepolitische Sprecher der Unionsfraktion, Joachim Pfeiffer (CDU), sprach nun von einem gelungenen Kompromiss. Die Energiewirtschaft könne mit den 450-MHz-Frequenzen ihr Netz so aufbauen, wie sie es brauche. Gleichzeitig stünden die nicht genutzten Frequenzen nachrangig Sicherheitsbehörden zur Verfügung.
Die Bundesnetzagentur hatte vorgeschlagen, die Betreiber von Versorgungsnetzen zu berücksichtigen. Wer am Ende die Frequenzen wirklich erhält, entschied aber letztlich die Bundesregierung. Die aktuellen Nutzungsrechte im Frequenzbereich bei 450 MHz laufen zum 31. Dezember 2020 aus. Viel Zeit ist also nicht mehr.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der Frequenzbereich bei 450 MHz wurde vor vielen Jahren einmal für die Nutzung mit GSM-Mobilfunk diskutiert, weil die Reichweite der niedrigeren Frequenzen höher ist. Da aber die dort erzielbare Bandbreite viel zu gering war, wurde diese Idee nicht weiter verfolgt.
Die BOS-Behörden hätten schon vor Jahren beim öffentlichen Mobilfunk (Modacom, Chekker, GSM-BOS) mitfunken können und so schon früh und elegant eine wesentlich bessere Funkversorgung des Landes erzielen können. Stattdessen beharrten sie auf "was eigenes". Sie bekamen das schließlich auch, bekannt unter dem Begriff "TETRA BOS", was bei 420 MHz funkt.
Der TETRA-BOS-Netzausbau sei inzwischen wohl einigermaßen zu gebrauchen, hört man aus der Szene. Nur die dort maximal möglichen Datenraten liegen irgendwo bei 10 kBit/s in der Praxis. Die Folge: Die BOS-Mitarbeiter nutzen zur Verfügung gestellte oder private Smartphones, Tablets oder Laptops mit integriertem Modem oder über WLAN/WiFi, um so wichtige Daten und Bilder oder gar Videos in überschaubarer Zeit übertragen zu können.
5G-Network-Slicing für BOS?
Mit dem Start von 5G stand das Angebot, mittels Network-Slicing auch die BOS-Dienste sicher und leistungsfähig dort unterzubringen. Aber wieder lautete die Antwort: "Nein, wir wollen was eigenes".
Nun können die BOS-Dienste als "Sekundärnutzer" im 450-MHz-Bereich funken, auf den wenigen verbleibenden Frequenzen. Die werden kaum die notwendigen Bandbreiten erlauben, um Videos oder größere Datenmengen zu übertragen und dafür muss auch erst mal eine Infrastruktur fast aus dem Nichts aufgebaut werden. Das wird wieder viel Zeit brauchen und noch mehr Geld kosten.
Eigene Straßen für die Behördenfahrzeuge?
Wer mit der Technik nicht so vertraut ist, kann sich das so vorstellen: Für die Rettungswägen und Einsatzfahrzeuge sollen eigene Straßen und Autobahnen gebaut werden, wo "zivile" Autos nicht fahren dürfen. So wird schnell klar, dass das irgendwo nicht sinnvoll ist.
Die Realität: Rettungs- und Einsatzfahrzeuge nutzen die gleichen Straßen wie wir Zivilisten. Damit die Einsatzfahrzeuge auf verstopften Straßen besser durchkommen, gibt es Blaulicht, Martinshorn und die Rettungsgasse.