Entscheidung

Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zugelassen

Das Land­gericht Landshut hat Aufnahmen aus einer Dashcam bei einem Zivil­pro­zess zuge­lassen und gute Gründe dafür gefunden.
Von Marie-Anne Winter

Das Landgericht Landshut lässt Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu. Das Landgericht Landshut lässt Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu.

Bild: dpa
Ob Aufnahmen von Dash­cams, die das Verkehr­geschehen aufzeichnen, vor Gericht als Beweis­mittel verwendet werden können, ist in Deutsch­land umstritten. Es handelt sich dabei um kleine Kameras, die meist an der Wind­schutz­scheibe ange­bracht werden und den Stra­ßen­ver­kehr während der Fahrt aufzeichnen. Nach einer gewissen Zeit werden die Aufnahmen auto­matisch über­schrieben, sofern der Verwender sie nicht extra spei­chert, etwa nach einem Unfall.

Das Landgericht Landshut lässt Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu. Das Landgericht Landshut lässt Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zu.

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Das Problem bei solchen Aufnahmen ist, dass sie eigent­lich als daten­schutz­widrig gelten. Einige Gerichte argu­men­tierten bisher, dass dieser Daten­schutz vor der Wahr­neh­mung berech­tigter Inter­essen der filmenden Fahr­zeug­führer Vorrang habe. Es gibt aber auch Fälle, in denen derar­tige Aufzeich­nungen zuge­lassen wurden - in einem Fall war die Kamera erst einge­schaltet worden, als der Beklagte bereits durch sein nega­tives Verhalten aufge­fallen war. Die Richter vom Amts­gericht Nien­burg bewer­teten die Aufnahmen deshalb als "anlass­bezogen" und deshalb mit dem geltenden Daten­schutz­recht als vereinbar.

Grund­rechts­ein­griff nur gering­fügig

Inso­fern ist eine Entschei­dung des Land­gerichts Landshut [Link entfernt] inter­essant: Mit seinem Hinweis- und Beweis­beschluss vom 1. Dezember 2015 (Az. 12 S 2603/15), weist das Gericht darauf hin, dass die Aufzeich­nungen aus Dash­cams als Beweis­mittel zuge­lassen sind und lehnt ein Beweis­ver­wer­tungs­verbot im Hinblick auf das allge­meine Persön­lich­keits­recht (infor­melles Selbst­bestim­mungs­recht) ausdrück­lich ab.

Das Gericht sieht den vom Filmenden verur­sachten Grund­rechts­ein­griff als nur gering­fügig an. Außerdem erfolge das stän­dige Filmen vom Auto aus wahllos und ohne eine bestimmte Absicht. Eine syste­mati­sche Erfas­sung anderer Verkehrs­teil­nehmer, etwa zur Erstel­lung von Bewe­gungs­pro­filen, finde dabei nicht statt.

Das Land­gericht Landshut geht dabei auch auf die Norm des § 6 b BDSG [Link entfernt] ein, die den Daten­schutz bei Video­auf­nahmen gewähr­leisten soll. Das Gericht argu­men­tiert, dass der Gesetz­geber mit dieser Norm Aufnahmen aus fest instal­lierten Kameras regeln wollte - deshalb werde vorge­schrieben, dass der Umstand der Beob­ach­tung und die verant­wort­liche Stelle durch geeig­nete Maßnahmen erkennbar sein müssen. Dies treffe aber auf die hier gemeinten Kameras in Fahr­zeugen nicht zu.

Wende in Sicht?

Außerdem beruft sich das Land­gericht auf eine Entschei­dung des Bundes­ver­fas­sungs­gerichts (Beschluss vom 20. Mai 2011, Az. 2 BvR 2072/10), nach der eine rechts­feh­ler­hafte Beweis­erhe­bung unter Nutzung einer Dauer­video­auf­zeich­nung nicht zwin­gend zur Unzu­läs­sig­keit der Verwer­tung der gewon­nenen Beweise führe.

Weil es sich bei dem Beschluss des Land­gerichts Landshut um eine erst­instanz­liche Entschei­dung handelt, bleibt abzu­warten, ob die erheb­lichen Einwen­dungen des Land­gerichts gegen die bishe­rige Recht­spre­chung zu einer Wende bei der Frage um die Verwert­bar­keit von Dashcam-Aufnahmen in der Recht­spre­chung führen werden.

Im vorlie­genden Fall ging ein Auto­fahrer gegen einen weiteren Verkehrs­teil­nehmer vor, um nach einem Unfall Haftungs­ansprüche geltend zu machen. Als Beweis legte er dem Gericht Video­auf­nahmen von dem Ablauf des Verkehrs­unfalls vor, die aus seiner Dashcam stammten. Der Beklagte vertrat hingegen die Auffas­sung, dass diese Aufnahmen gegen das Daten­schutz­recht verstoßen und deshalb nicht als Beweis­mittel verwertbar seien. Das Gericht sah das anders und ließ die Aufnahmen als Beweis­mittel zu.

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