Dashcam-Aufnahmen als Beweismittel zugelassen
Vor dem Amtsgericht Nienburg wurde jetzt eine Dashcam-Aufnahme als Beweismittel zugelassen.
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Ob die Aufnahmen von Dashcams, die an der Frontscheibe von Autos angebracht werden und das Verkehrsgeschehen aufzeichnen können, in Strafprozessen verwendet werden dürfen, ist in Deutschland bislang umstritten. Die bisherige Tendenz war allerdings, dass Dashcam-Aufzeichnungen als datenschutzwidrig eingestuft werden und somit nicht als Beweismittel verwendet werden dürfen.
Nun ist ein Fall bekannt geworden, bei dem das Amtsgericht Nienburg
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in einem Verfahren um eine mögliche
Nötigung mit fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs die mit einer Dashcam angefertigte Aufzeichnung als Beweismittel zugelassen hat. Entscheidendes Kriterium für das Gericht:
Vor dem Amtsgericht Nienburg wurde jetzt eine Dashcam-Aufnahme als Beweismittel zugelassen.
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Die Kamera wurde erst eingeschaltet, nachdem der Beklagte durch sein Verhalten negativ aufgefallen war. Dieser hatte mit seinem VW-Bus den Fahrer eines Alfa Romeo Mito auf einer vierspurigen Bundesstraße zuerst links überholt, und war dann kurz vor ihm wieder eingeschert. Anschließend bremste der VW-Bus-Fahrer den überholten Wagen aus, so dass der Fahrer im Mito auf die linke Fahrspur ausweichen musste und anschließend den Bus überholen wollte. Daraufhin zog der Fahrer des Kleinbusses erneut nach links - der Abstand zwischen den beiden Fahrzeugen betrug nur noch wenige Zentimeter - und das bei einem Tempo von 100 Kilometer pro Stunde.
"Erforderlich und verhältnismäßig"
Der Fahrer des Mito hatte mit seiner Dashcam diesen Vorfall dokumentiert und später auch die wüsten Beschimpfungen durch den VW-Bus-Fahrer, als beide schließlich auf einem Parkplatz angehalten hatten. Weil der Fahrer des Alfa Romeo die Kamera erst aktiviert hatte, nachdem der Fahrer des VW-Bus ihn das erste Mal bedrängte, bewerteten die Richter die Aufnahmen als "anlassbezogen". Deshalb sei diese Dashcam-Aufnahme mit dem geltenden Datenschutzrecht vereinbar und dürfe damit auch vor Gericht verwendet werden.
Bei der anlasslosen Aufzeichnung (also wenn die Kamera immer läuft) äußerten Richter in anderen Verfahren Bedenken, weil eine derartige heimliche Überwachung das Persönlichkeitsrecht der Überwachten verletze. Auch die Absicht, auf diese Weise angefertigte Videos später im Internet zu veröffentlichen, sei nicht mit dem Datenschutz vereinbar.
Die Richter in Nienburg sehen diese Gefahr zwar auch - "die Gefahr des späteren Missbrauchs von ursprünglich zulässig gefertigten Beweismitteln besteht immer" - jedoch dürfe die "abstrakte Furcht vor allgegenwärtiger Datenerhebung (…) nicht dazu führen, dass den Bürgern sachgerechte technische Hilfsmittel zur effektiven Rechtsverfolgung kategorisch vorenthalten werden."
Zulässige Beweismittelsicherung
Im verhandelten Fall habe betroffene Fahrer mit seiner Dashcam den "zulässigen Zweck der Beweissicherung für den konkreten Haftungsfall" verfolgt. Das habe nichts mit "selbsternannten Hilfssheriffs" zu tun, die ständig mit aktivierter Dashcam unterwegs sind, was die Richter im Prinzip auch nicht gutheißen. Sie betonen vielmehr, dass es bei der gerichtlichen Aufklärung von Verkehrsunfällen fast immer an verlässlichen, objektiven Beweismitteln mangele. Die Beweissicherung durch die Dashcam bezeichneten sie in dem verhandelten Fall deshalb als "erforderlich und verhältnismäßig". Die Richter bewerteten die mit der Dashcam angefertigten Aufzeichnung "von herausragender Bedeutung für die gerichtlichen Feststellungen." Die Aufzeichnung versetze das Gericht in die Lage, die Einlassung des Angeklagten und die Aussagen der Zeugen im unmittelbaren Zusammenhang des Gesamtgeschehens zu werten. (Aktenzeichen: 4 Ds 520 Js 39473/14 (155/14)).