Themenspezial: Verbraucher & Service Abofallen

Gesetz gegen Abofallen: Dutzende Verstöße gefunden

Ob fürs Fitness­studio, Zeit­schriften oder den Strom­ver­trag: Seit einein­halb Jahren schon sollen Verbrau­cher Abover­träge laut Gesetz leichter kündigen können. Verbrau­cher­schützer haben nun unter­sucht, ob dagegen verstoßen wird - und sind fündig geworden.
Von dpa /

Einmal nicht recht­zeitig gekün­digt und schon ist man für längere Zeit in einem Abo gefangen: Diesen Methoden schiebt ein Gesetz eigent­lich seit einein­halb Jahren einen Riegel vor. Seither sollen Verbrau­cher nach der Mindest­lauf­zeit jeden Monat kündigen können. Doch Verbrau­cher­schützer haben bei einer Stich­probe nun bei über 100 Unter­nehmen unter­schied­licher Bran­chen aus ihrer Sicht ungül­tige Vertrags­bedin­gungen gefunden. "Das ist schon erschre­ckend. Dahinter steht auch immer eine Anzahl von Verbrau­chern, denen diese AGB entge­gen­gehalten werden", sagt der Rechts­experte der Verbrau­cher­zen­trale Thüringen, Dirk Weins­heimer. Die wirt­schaft­lichen Folgen für die Betrof­fenen seien erheb­lich.

Verbrau­cher­schützer mahnen 85 Unter­nehmen ab

Einmal nicht rechtzeitig gekündigt und schon ist man für längere Zeit in einem Abo gefangen - kann immer noch passieren (Symbolbild) Einmal nicht rechtzeitig gekündigt und schon ist man
für längere Zeit in einem Abo gefangen - kann immer noch passieren (Symbolbild)
Foto: Image licensed by Ingram Image, Montage: teltarif.de
Die Verbrau­cher­zen­tralen und der Verbrau­cher­ser­vice Bayern knüpften sich in einer gemein­samen Aktion zwischen Juni und September die Vertrags­bedin­gungen von insge­samt 828 Anbie­tern vor. Das Ergebnis: 85 Firmen wurden seither abge­mahnt. Bei 31 weiteren seien Verstöße gefunden worden, die recht­liche Prüfung sei aber noch nicht abge­schlossen oder es würden juris­tische Schritte geprüft.

Einge­lenkt hätten inzwi­schen 50 Unter­nehmen, berichten die Verbrau­cher­schützer. Sie gaben demnach entweder eine Unter­las­sungs­erklä­rung ab oder änderten ihre Allge­meinen Geschäfts­bedin­gungen (AGB). In zwei Fällen sei bereits Klage erhoben worden, weitere Klagen sind ange­kün­digt. In einigen Fällen hätten Unter­nehmen und Verbrau­cher­schützer unter­schied­liche Rechts­ansichten. Sinn der Aktion sei auch, recht­liche Unklar­heiten zu klären.

Verträge mit ungül­tigen AGB einfach kündigen

Konkret ging es um ein im März 2022 in Kraft getre­tenes Gesetz. Demnach können Abover­träge, die nach diesem Datum abge­schlossen wurden, nach Ablauf der Mindest­lauf­zeit mit einem Monat Frist gekün­digt werden. Für Handy-, Fest­netz- oder Inter­net­ver­träge gilt die Regel schon seit Ende 2021. Selbst wenn man anders­lau­tenden AGB bei Vertrags­abschluss zuge­stimmt habe, seien diese nicht gültig, erklärt Weins­heimer. Wenn man also nicht recht­zeitig gekün­digt habe und laut Geschäfts­bedin­gungen eigent­lich weitere 12 Monate in einem Vertrag gefangen sei, könne man diesen dennoch mit Monats­frist kündigen.

Im Rahmen dieses soge­nannten Gesetzes für faire Verträge wurde auch der tele­foni­sche Abschluss von Ener­gie­ver­trägen erschwert und Kündi­gungs­but­tons im Internet einge­führt. Diese beiden Punkte über­prüften die Verbrau­cher­schützer dieses mal nicht. Bei einer Analyse im Juli hatte sich jedoch ergeben, dass auf etli­chen Home­pages noch keine Kündi­gungs­but­tons einge­richtet waren.

Eher kleine Firmen betroffen

Bösen Willen unter­stellt Weins­heimer den Firmen nicht - eher sei es Unwis­sen­heit. "Gerade klei­nere Unter­nehmen ohne eigene Rechts­abtei­lung hängen hinterher und haben die Rechts­ent­wick­lung nicht so im Blick." Als Beispiel dafür nannte er Fitness­stu­dios, wo bei 10 von 37 unter­suchten Firmen - auch Tanz­stu­dios wurden hier hinzu­gezählt - Verstöße bei den Kündi­gungs­fristen fest­gestellt worden seien. Auch bei Abomo­dellen für Klei­dung seien eher kleine Anbieter unter­wegs, hier waren 12 von 34 unter­suchten Unter­nehmen betroffen.

Dutzende Ener­gie­ver­sorger mit Nach­bes­serungs­bedarf

Auffällig war mit 438 die vergleichs­weise hohe Zahl an unter­suchten Strom- und Gaslie­feranten in der Stich­probe. Das spiegle auch die Rele­vanz wider, sagt Weins­heimer: "Jeder Haus­halt hat mindes­tens einen Ener­gie­ver­trag." Das Ergebnis der Verbrau­cher­schützer: Bei 50 davon sehen sie Nach­bes­serungs­bedarf. Bei klei­neren Stadt­werken etwa könne die Geset­zes­ände­rung auch einmal durch­gerutscht sein.

"Wir gehen davon aus, dass unsere Mitglieds­unter­nehmen die gesetz­liche Rege­lung korrekt umge­setzt haben", heißt es dazu vom Bundes­ver­band der Energie- und Wasser­wirt­schaft. Ihnen sei ein faires Vertrags­ver­hältnis und ein vertrau­ens­voller Umgang mit den Kundinnen und Kunden sehr wichtig.

Auch bei Zeitungs- und Zeit­schrif­ten­ver­lagen wurden die Verbrau­cher­schützer bei 10 von 52 Unter­nehmen fündig. "AGB stehen im Endkun­den­geschäft nicht so sehr im Vorder­grund. Entschei­dend sind die Ange­bote in den Aboshops", sagt dazu der Justi­ziar des Medi­enver­bands der freien Presse, Dirk Platte. Dass sich Abover­träge mit Verbrau­chern nach der Mindest­lauf­zeit nicht auto­matisch um ein Jahr verlän­gerten, sei mitt­ler­weile Bran­chen­stan­dard.

Der Bundes­ver­band Digi­tal­publisher und Zeitungs­ver­leger BDZV weiß von keinem Mitglieds­unter­nehmen, das seine Ange­bote nicht an das Gesetz ange­passt hätte. "Nach unserer Kenntnis gibt es bei Zeitungen derzeit sogar den Trend, dass unbe­fris­tete, aber jeder­zeit künd­bare Abon­nements von den Verlags­unter­nehmen ange­boten werden, weil diese Ange­bote bei unserem Publikum beson­ders stark nach­gefragt werden."

Bundes­regie­rung sieht weiteren Rege­lungs­bedarf

Die Bundes­regie­rung bewertet das Gesetz grund­sätz­lich positiv. Es habe wich­tige Verbes­serungen für Verbrau­cher gebracht, heißt es aus dem Verbrau­cher­schutz­minis­terium. Es gebe aber weiteren Rege­lungs­bedarf. Im Koali­tions­ver­trag habe sich die Regie­rung unter anderem vorge­nommen, dass alle tele­fonisch abge­schlos­sene Verbrau­cher­ver­träge gene­rell schrift­lich bestä­tigt werden sollen. Auch soll die mögliche Mindest­lauf­zeit von Abo-Verträgen von zwei auf ein Jahr begrenzt und ein Schutz vor unse­riösen Haus­tür­geschäften einge­führt werden. Noch warten die Vorhaben aber auf ihre Umset­zung.

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