Eilentscheidung

Sonderkündigungsrecht bei Wegfall von "Vodafone-Pass"

Telekom und Voda­fone mussten ihren Kun­den das "Zero Ra­ting" nach einer EuGH-Entschei­dung wegnehmen. Das OLG-Düssel­dorf sieht hier ein Sonder­kün­digungs­recht.
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Die Mobil­funk­anbieter Telekom und Voda­fone hatte ihren Mobil­funk-Kun­den soge­nanntes "Zero Ra­ting" ermög­licht. Das, fand der Euro­päi­sche Gerichtshof, sei ein Verstoß gegen die Netz­neu­tra­lität. In der Folge unter­sagte die Bundes­netz­agentur den Netz­betrei­bern, die unter dem Namen "Stream On" bzw. "Voda­fone Pass" ange­botenen Produkte weiter anzu­bieten.

Eilur­teil des OLG Düssel­dorf

Die Verbrau­cher­zen­trale Nord­rhein-West­falen ging vor Gericht und vor dem Ober­lan­des­gericht Düssel­dorf gab es eine glas­klare Ansage: Voda­fone hätte das so­genann­te Zero-Ra­ting nicht ein­stel­len dür­fen, ohne betrof­fenen Kun­den ent­weder er­satz­wei­se ein un­begrenz­tes Daten­volumen ein­zuräu­men oder sie über ein Sonder­kün­digungs­recht zu in­for­mie­ren. Dies hat das OLG Düssel­dorf auf einen Eil­antrag der Verbrau­cher­zen­trale NRW ent­schie­den.

Was war Zero-Ra­ting?

Verbraucherschützer waren von Anfang an gegen Zero Rating Verbraucherschützer waren von Anfang an gegen Zero Rating
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Bei einem Mobil­funk­ver­trag mit einer Zero-Ra­ting-Option belas­tete das Streamen von Musik, Filmen oder Serien bestimmter Online-Anbieter über das Mobil­funk­netz nicht das vertrag­lich verein­barte (High-Speed-)Daten­volumen. Voda­fone hatte diese Option früher unter der Bezeich­nung "Voda­fone-Pass" ange­boten, stellte diese aber zum 31. März 2023 ein.

Unter­sagung der Bundes­netz­agentur

Zu diesem Datum hatte die Bundes­netz­agentur derar­tige Ange­bote unter­sagt: Sie würden gegen den Grund­satz der Netz­neu­tra­lität verstoßen, also das Gebot der Gleich­behand­lung des Daten­ver­kehrs, das für mehr Ange­bots­viel­falt sorgen soll. Grund­lage war ein Urteil des Euro­päi­schen Gerichts­hofes.

Kein Hinweis auf außer­ordent­liche Kündi­gung gegeben

Den von der Einstel­lung des Zero-Ra­ting Betrof­fenen bot Voda­fone für die rest­liche Vertrags­lauf­zeit unter­schied­liches Extra-Volumen an. Auf die Möglich­keit zur Kündi­gung des Vertrages wies der Mobil­funk­anbieter nicht hin – zu Unrecht, wie das Ober­lan­des­gericht Düssel­dorf laut Verbrau­cher­zen­trale NRW ent­schie­den hat.

Einsei­tige Ände­rung zulasten der Kun­den führt zu Sonder­kün­digungs­recht

Mobil­funk­anbieter dürften Handy­ver­träge nur in wenigen Ausnah­mefällen einseitig ändern, ohne dass den Kundinnen und Kun­den ein Sonder­kün­digungs­recht zusteht, erläu­tert Wolf­gang Schuld­zinski, Vorstand der Verbrau­cher­zen­trale NRW – zum Beispiel, wenn die Ände­rung ausschließ­lich zum Kunden­vor­teil oder unmit­telbar aufgrund von EU- oder natio­nalem Recht erfolgt.

Laut OLG greife hier keine der Ausnahmen. Es reiche nicht aus, dass der Anlass der Ände­rung in Unions­recht begründet sei – das Ergebnis der Ände­rung müsse unions­recht­lich zwin­gend sein. Voda­fone hätten jedoch mehrere Möglich­keiten zur Anpas­sung offen gestanden, zum Beispiel auch die Bereit­stel­lung unbe­grenzten Daten­volu­mens.

Voda­fone hätte un­begrenz­tes Daten­volumen anbieten können

Die Ände­rung sei laut Urteil auch nicht ausschließ­lich zum Vorteil der betrof­fenen Kundinnen und Kun­den erfolgt. Zwar habe Voda­fone zusätz­liches Daten­volumen für die Nutzung des Inter­nets zur Verfü­gung gestellt, dieses in den meisten Fällen jedoch nur begrenzt.

Das Urteil des OLG Düssel­dorf ist vom 21.09.2023 und trägt das Akten­zei­chen I-20 U 72/23.

Was bedeutet das nun für betrof­fene Kun­den?

Schon bei Beginn der Ausein­ander­set­zung hatte der Rechts­anwalt Dr. Matthias Böse (Düssel­dorf), der in beiden Fällen für die Verbrau­cher­zen­trale NRW geklagt hatte, allen vom Wegfall von StreamOn oder Voda­fone-Pass betrof­fenen Kun­den "zu einer vorsorg­lichen Kündi­gung geraten, um Rechte zu wahren".

Aktuell hat das Urteil für betrof­fene Voda­fone-Kun­den, die seiner­zeit nicht aktiv außer­ordent­lich gekün­digt hatten (und deren Kündi­gung dann abge­lehnt wurde) vorerst keine Bedeu­tung, denn es könnte sich noch ein Haupt­sache­ver­fahren anschließen, worin der gesamte Komplex erneut im Detail verhan­delt würde. Je nach Urteil wäre danach eine Revi­sion beim Bundes­gerichtshof (BGH) möglich.

Und was bedeutet das für Telekom Kun­den?

Im ähnli­chen Verfahren gegen die Deut­sche Telekom hatte das OLG Köln den Antrag abge­wiesen.

Sollte der Bundes­gerichtshof sich den Argu­menten des OLG-Düssel­dorf anschließen, könnte das nach Ansicht von Dr. Böse dann auch auf die Telekom bzw. deren betrof­fene Kun­den Auswir­kungen haben.

Wir beob­achten den Fall weiter und halten unsere Leser auf dem Laufenden.

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