Huawei: Mitarbeiter zur Industriespionage beauftragt?
Das Hauptquartier von Huawei Deutschland in Düsseldorf.
Foto: Picture Alliance / dpa
Seit Jahren wird über die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Netzwerkausrüsters Huawei diskutiert. Gefunden wurde bislang nichts.
Welt am Sonntag wurde angesprochen
Das Hauptquartier von Huawei Deutschland in Düsseldorf.
Foto: Picture Alliance / dpa
Jetzt berichtet die konservative Sonntagszeitung Welt am Sonntag (die im Axel Springer Verlag erscheint) über einen möglichen Sicherheitsvorfall im Münchner Forschungszentrum von Huawei. Dort soll der chinesische Konzern Huawei Ingenieure dazu angehalten haben, ein Produkt des amerikanischen Konkurrenten Cisco "illegalerweise" nachzubauen. Der Auftrag kam vermutlich direkt aus dem Huawei-Hauptquartier in China, vermutet die "Welt".
Entwickler-Team beschwert sich
Demnach habe ein Entwicklerteam des Huawei-Forschungszentrums in München gegenüber über der Sonntagsausgabe "Welt am Sonntag" schwere Vorwürfe gegen den chinesischen Konzern erhoben. Ein dem Team vorgesetzter Manager habe die IT-Spezialisten im März 2019 beauftragt, eine wichtige Software des Konkurrenten Cisco auszuforschen und sie "auf unerlaubte Weise" nachzubauen.
Die Mitarbeiter legten der Redaktion einen umfangreichen Schriftverkehr vor, der die Vorwürfe belegt. Daraus geht zudem hervor, dass der Auftrag direkt aus dem Huawei-Hauptquartier in China gekommen sein könnte.
Die Teammitglieder schildern, dass sie sich gegen den Auftrag gewehrt und um Klärung mit der Rechtsabteilung gebeten hätten. Diese Klärung habe jedoch nicht stattgefunden.
Nach interner Weigerung gab es Druck
Nach der Weigerung des Teams, den Auftrag auszuführen, bekamen demnach mehrere von ihnen Konsequenzen zu spüren, sagen sie. Einem Mitarbeiter wurde der Arbeitsvertrag gekündigt, ein weiterer wurde von seiner Position degradiert und ein dritter, der als freier Mitarbeiter tätig war, bekam den Angaben zufolge seinen Vertrag nicht verlängert.
Huawei Deutschland wies die Vorwürfe auf Anfrage der Welt am Sonntag zurück. Das Unternehmen erklärte, man habe den Vorgang intern geprüft, mit dem Ergebnis: „Weder wurde gegen externe gesetzliche oder vertragliche Vorschriften noch gegen interne Richtlinien zu irgendeinem Zeitpunkt verstoßen.“
Eine Verletzung geistiger Eigentumsrechte habe nie stattgefunden und sei auch nie geplant oder intendiert gewesen. Zu den angegebenen Konsequenzen für die betroffenen Mitarbeiter äußerte sich Huawei laut Welt am Sonntag nicht.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Was da genau passiert ist, lässt sich im Moment nicht sagen. Die Mitarbeiter haben sich bei der Sonntags-Zeitung Welt am Sonntag gemeldet und offenbar "umfangreiche Unterlagen" mitgebracht. Demnach "könnte" der Befehl aus dem Huawei-Hauptquartier China gekommen sein. Wieso kann die "Welt" das nur als Konjunktiv formulieren? Ist sie sich selbst nicht sicher oder sind die Beweise doch zu dünn? Und was ist mit "illegalerweise" nun genau gemeint?
Im Übrigen ist es in der Industrie generell üblich, sich auch Konkurrenzprodukte genaustens anzuschauen, der Fachbegriff lautet "Reverse Engineering".
Es ist genauso lange bekannt, dass chinesische Ingenieure sich schon früher gerne westliche Vorbilder "angeschaut" haben. Es ist auch bekannt, das US-Regierung und -Unternehmen sehr genau wissen möchten, was die Konkurrenz so tut. Wer also ohne Schuld sei, werfe den ersten Stein.
Gleichwohl: Huawei muss sich bewusst sein, dass seine Glaubwürdigkeit gewaltig auf dem Spiel steht. Je offener das Unternehmen mit dem Vorgang umgeht, desto besser. Dass das ein Spagat wird, weil im Heimatland China eine völlig andere "Denkweise" in Sachen Transparenz und Offenheit gilt, ist auch klar.