Piraterie

Illegales Streamen: Erstmals seit Jahren wieder Zunahme

Auch wenn die goldenen Jahre für Anbieter wie Netflix oder Disney+ vorbei sein mögen, wird immer mehr gestreamt. Doch dieser Boom hat eine Kehr­seite, die eben­falls floriert: Seit 2022 wächst erst­mals wieder die TV-Pira­terie – dank Strea­ming.
Von Marc Hankmann

Die Zeiten, in denen Schwarz­seher gehackte Pay-TV-Smart­cards nebst ebenso mani­pulierter Set-Top-Box benö­tigten, sind vorbei. Wer heute illegal urhe­ber­recht­lich geschützte Werke sehen will, der streamt. Strea­ming ist die popu­lärste Methode für den Zugriff auf illegal verbrei­tete Inhalte, wie eine aktu­elle Studie des European Union Intel­lec­tual Property Office (EUIPO) heraus­fand.

58 Prozent der Digi­tal­pira­terie fußt auf Strea­ming und nur noch 32 Prozent auf Down­loads. „Viele dieser Nutzer scheinen gewohn­heits­mäßig pira­tierte Inhalte zu nutzen, da der Zugriff haupt­säch­lich direkt über die entspre­chende Pira­terie-Website erfolgt, nur ein Viertel der Zugriffe über Such­maschinen“, heißt es in der Studie für die 27 Mitglieds­staaten der EU und Groß­bri­tan­nien. Im Durch­schnitt besucht eine Person zehnmal im Monat eine Webseite, die illegal Inhalte bereit­stellt. Deutsch­land liegt mit 7,5 Besu­chen am Ende der Rang­liste. Das Angebot an Sport und Fernsehinhalten ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Nun nehmen auch die Zugriffe auf illegal verbreitete Inhalte wieder zu - vor allem über Streaming. Das Angebot an Sport und Fernsehinhalten ist in den vergangenen Jahren stetig gestiegen. Nun nehmen auch die Zugriffe auf illegal verbreitete Inhalte wieder zu - vor allem über Streaming.
Foto: Sky Deutschland
Laut EUIPO stieg 2022 die Digi­tal­pira­terie im Jahres­ver­gleich um 3,3 Prozent an. Bis 2021 nahm die Zahl der monat­lichen Zugriffe auf illegal verbrei­tete Inhalte in der EU und Groß­bri­tan­nien ab. Der Haupt­grund für diese Trend­wende ist das Wachstum der TV-Pira­terie um 15 Prozent. Knapp die Hälfte aller Zugriffe auf ille­galen Content entfielen im vergan­genen Jahr auf Fern­seh­inhalte (48 Prozent). In nahezu allen Fällen erfolgt der Zugriff auf pira­tierte Fern­seh­inhalte über Strea­ming (95 Prozent). Haupt­säch­lich werden Fern­seh­sen­dungen, Serien und on-demand-Filme illegal konsu­miert, aber auch Anime-Produk­tionen sowie Sport­sender und Live­streams von Sport­ver­anstal­tungen.

Film­pira­terie nimmt ab, ille­gale Zugriffe auf Live-Sport wachsen

Vor allem der ille­gale Konsum von Live-Sport­ver­anstal­tungen nahm zu. Von 2021 bis 2022 wuchs er in der EU und Groß­bri­tan­nien um 30 Prozent. Da im April sowie im September und Oktober sehr viele Zugriffe auf ille­gale Streams verzeichnet werden und im Juni und Juli eher wenige, gehen die Autoren der Studie davon aus, dass es Schwarz­seher vor allem auf die euro­päi­schen Fußball­ligen abge­sehen haben, die sich im April dem Saison­abschluss also der Entschei­dung um Meis­ter­schaft und Abstieg nähern, und im Sommer pausieren. Der Verteilung der Zugriffe mit hohen Werten für April, September und Oktober sowie niedrigen für Juni und Juli lässt darauf schließen, dass es Schwarzseher vor allem auf Fußball abgesehen haben Der Verteilung der Zugriffe mit hohen Werten für April, September und Oktober sowie niedrigen für Juni und Juli lässt darauf schließen, dass es Schwarzseher vor allem auf Fußball abgesehen haben
Foto: https://wuestenigel.com/
Zwar erklärt die Studie Zusam­men­hänge zwischen Digi­tal­pira­terie und sozio­öko­nomi­schen Faktoren, aber Gründe für den erneuten Anstieg der Pira­terie, vor allem in den Berei­chen Fern­sehen und Live-Sport, werden nicht genannt. Der Anstieg des ille­galen Konsums könnte schlicht daran liegen, dass auch die Zahl an Video-on-Demand-Ange­boten und TV-Sendern in den vergan­genen Jahren gestiegen ist. Während der Corona-Pandemie nahm die Film­pira­terie laut EUIPO-Studie ab und erreicht bislang auch nicht die Vor-Corona-Zugriffs­zahlen. In dieser Zeit legten hingegen Strea­ming-Anbieter wie Netflix oder Amazon Prime Video an Abon­nenten zu. Das könnte sich auch auf das ille­gale Streamen abge­färbt haben.

Mit Blick auf die beson­dere Rolle des Fußballs kann nur vermutet werden, dass immer weniger Fans bereit sind, die stei­genden Preise für Ange­bote wie DAZN oder Sky zu bezahlen und deshalb nach anderen Wegen suchen, um Fußball live sehen zu können. Die Studi­enau­toren weisen darauf hin, dass sie weder Markt­preise noch den Einfluss gesetz­licher Maßnahmen zum Schutz des Urhe­ber­rechts in den einzelnen Staaten unter­sucht haben.

„Urhe­ber­rechts­ver­let­zungen im digi­talen Zeit­alter sind nach wie vor ein sehr ernstes Problem und eine direkte Bedro­hung für die Krea­tiv­wirt­schaft in Europa“, sagt EUIPO-Exeku­tiv­direktor Chris­tian Archam­beau. „Die neue Studie zeigt, dass es noch viel zu tun gibt, um die Pira­terie zu bekämpfen.“

Wer als Fußball-Fan alle wich­tigen Spiele sehen möchte, braucht mitt­ler­weile fünf TV- und Strea­ming-Abos. Und dabei können Kosten von bis zu 80 Euro pro Monat entstehen.

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