Themenspezial: Verbraucher & Service Final

Bundestag hat Urheberrechtsreform beschlossen

Mit den Stimmen der Koali­tion machte der Bundestag heute den Weg frei für die neuen Regeln für Urheber, Pres­sever­lage, Platt­form­betreiber und Internet-Nutzer. Einige Details bleiben umstritten.
Von dpa /

Der Bundestag hat die umstrit­tene Reform des Urhe­ber­rechts beschlossen. Mit den Stimmen der schwarz-roten Koali­tion machte das Parla­ment heute den Weg frei für die neuen Regeln für Urheber, Pres­sever­lage, Inter­net­platt­form­betreiber und Nutzer. Die Grünen enthielten sich. AfD, Linke und FDP stimmten dagegen. Deutsch­land muss eine entspre­chende EU-Richt­linie zum Urhe­ber­recht bis Juni in natio­nales Recht umge­setzt haben.

Bei der Reform geht es unter anderem darum, die bishe­rigen Urhe­ber­regeln an den Gebrauch im Internet anzu­passen - vor allem geht es um Platt­formen, auf die Nutzer Inhalte hoch­laden können.

Haftung der Platt­form­betreiber für ihre Nutzer

Neues Urheberrecht im Bundestag beschlossen Neues Urheberrecht im Bundestag beschlossen
Bild: dpa
Künftig sollen Platt­form­betreiber in Haftung genommen werden können, wenn Nutzer urhe­ber­recht­lich geschützte Werke wie Bilder, Texte oder Videos uner­laubt und ohne Lizenz­ver­ein­barungen hoch­laden. Das Bundes­kabi­nett hatte den Geset­zes­ent­wurf im Februar beschlossen. Urheber und Krea­tive sollen an der Wert­schöp­fung im Netz stärker betei­ligt werden und ihre Auskunfts­pflichten sollen sich verbes­sern. Bei der umfang­rei­chen Geset­zes­reform ist auch ein Leis­tungs­schutz­recht für Pres­sever­lage vorge­sehen.

Vor der EU-Richt­linie hatte es vor Jahren massive Proteste und Demons­tra­tionen in vielen Ländern gegeben - Inter­net­nutzer fürch­teten Einschrän­kungen durch Upload-Filter und eine Beschrän­kung der Meinungs­frei­heit, wenn zu viele Inhalte vor dem Hoch­laden von den Platt­formen heraus­gefil­tert werden. Die Bundes­regie­rung wollte solche Filter möglichst vermeiden - Oppo­siti­ons­poli­tiker sehen diese Pläne als geschei­tert an.

Die Proteste auf der Straße gab es nun bei der Umset­zung in das natio­nale Recht so gut wie nicht. Verbände und Orga­nisa­tionen machten zugleich ihrem Unmut immer wieder Luft. Es gab auch gemein­same Protest­brief-Aktionen von Musi­kern und Künst­lern. Ein Dorn im Auge ist der Musik-, Medien- und Film­branche ein Passus, der es erlaubt, dass man kurze Ausschnitte von urhe­ber­recht­lich geschützten Werken wie Ton, Video oder Text auch ohne Lizenz auf einer Platt­form hoch­laden darf. Der Passus blieb trotz der Kritik in dem Gesetz. Die Wirt­schafts­zweige fürchten finan­zielle Nach­teile für sich und auch für Urheber.

Die Reak­tion des vzbv

Klaus Müller, Vorstand des Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­bands (vzbv), erläu­terte heute einige Details der finalen Fassung des Gesetzes: "Jetzt haben wir es schwarz auf weiß: Erst löschen, dann fragen ist zu wenig. Um die Nutze­rinnen und Nutzer vor den Folgen von Upload­fil­tern zu schützen, müssen vorher Schutz­maß­nahmen für sie möglich sein."

Seit Veröf­fent­lichung des ersten Vorschlags hätten alle Parteien intensiv um die Nutzer­rechte "gerungen". Je länger die Diskus­sion dauerte, desto mehr habe die Politik an ihnen "gesägt". Keinen Verbes­serungen bei den Nutzer­rechten hätten weitere Zuge­ständ­nisse an die Rech­teinhaber gegen­über­gestanden. Auch jetzt werde es eine weitere Ausnah­mereg­lung für die Verwen­dung von Exklu­siv­inhalten, etwa für Fußball­über­tra­gungen, geben.

Dennoch habe die Koali­tion sich im letzten Moment durch­gerungen und "trotz teil­weise gewal­tiger Kritik tief­grei­fende Verän­derungen zu Lasten der Nutzer verhin­dert". Zudem gebe es im Detail Verbes­serungen bei der krea­tiven Nutzung von Inhalten. So sei eine euro­parechts­wid­rige Einschrän­kung des Rechts auf Kari­katur, Parodie und Pastiche wieder gestri­chen worden.

Bitkom ist nicht zufrieden

Die Vorgaben für das Hoch­laden von Memes, Gifs und Co. für User hält der Bran­chen­ver­band Bitkom für "kaum nach­voll­ziehbar". Das neue Urhe­ber­recht schaffe auch Unsi­cher­heit für Inter­net­nutzer. Von August an müssten Inter­net­nutzer, wenn sie ein fremdes Werk als Grund­lage für solche Bild­dateien sowie Gifs, Mashups oder auch Fan Fiction verwenden, bestimmte Vorgaben beachten – ansonsten drohen diese Inhalte von Upload-Filtern geblockt zu werden. Social-Media-Nutzer müssten sicher­stellen, dass nicht mehr als 15 Sekunden eines Videos, 160 Zeichen Text und Bild­aus­schnitte bis zu 125 Kilo­byte verwendet werden, sofern der Ausschnitt weniger als die Hälfte eines Werkes umfasst. Außerdem müsse er mit weiteren Inhalten kombi­niert werden.

Zugleich sehe das neue Urhe­ber­recht ein "über­kom­plexes Beschwer­dever­fahren" vor, bei denen jahre­lange gericht­liche Strei­tig­keiten program­miert seien, betont der Bitkom.

Der Bran­chen­ver­band beklagt auch, dass aus seiner Sicht viele wich­tige Fragen gar nicht geklärt worden seien, zum Beispiel die Umset­zung der soge­nannten Online-Sat-Kab-Richt­linie: Durch diese Richt­linie solle die Rech­teklä­rung für lineare Fern­seh­ange­bote verein­facht werden – unab­hängig vom Endgerät und der Über­tra­gungs­tech­nologie, egal ob mit Fern­seher per Kabel, übers WLAN zum Note­book auf dem Balkon oder unter­wegs per Mobil­funk aufs Smart­phone. Das müsse ebenso nach­geholt werden wie eine Reform des "50 Jahre alte Systems der Pauschal­abgaben" auf Geräte und Medien. Wer nicht kopiert, solle nach Auffas­sung des Bitkom auch keine Kopier­abgabe zahlen müssen.

Verleger zufrieden, Gewerk­schafter kritisch

Verleger sind zufrieden mit dem Leis­tungs­schutz­recht. Der Bundes­ver­band Digi­tal­publisher und Zeitungs­ver­leger (BDZV) und der Verband Deut­scher Zeit­schrif­ten­ver­leger (VDZ) begrüßten, dass es nun ein Schutz­recht für jour­nalis­tische Inhalte gebe. "Mit dem neuen Leis­tungs­schutz­recht und den schon seit Januar geltenden Regeln zur Beschrän­kung des Markt­miss­brauchs großer Inter­net­kon­zerne werden wir uns wirksam gegen eine Ausbeu­tung jour­nalis­tischer Inhalte wehren können", teilten die beiden Verbände mit. Eine ange­mes­sene Betei­ligung an den Gewinnen, die Digi­tal­anbieter auch mit der Nutzung redak­tio­neller Inhalte Dritter erzielten, sei ein Knack­punkt für die Zukunft des digi­talen Jour­nalismus.

Der Google-Chef für Zentral­europa, Philipp Justus, schrieb in einem Blog-Eintrag des Konzerns, man werde mit deut­schen Verlagen zusam­men­arbeiten, um eine Eini­gung über eine erwei­terte Vorschau von Inhalten, die mögli­cher­weise durch das neue Gesetz geschützt seien, zu erzielen. "Diese Verhand­lungen werden auf Basis einheit­licher Krite­rien geführt."

Gewerk­schafter äußerten sich zum Teil kritisch zur Reform. Der Deut­sche Jour­nalisten-Verband sieht etwa darin einen Mangel, dass es kein Verbands­kla­gerecht gebe. Verdi sieht Urheber und Künstler im Vergleich zu Platt­formen und großen Verlagen insge­samt benach­tei­ligt.

Vor wenigen Wochen wurde auch die Ände­rung des umstrit­tenen Netz­werk­durch­set­zungs­gesetzes vom Bundestag abge­segnet. Die Meldung und Nach­ver­fol­gung von Hass und Hetze auf Face­book & Co. sollen einfa­cher werden.

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