Down under

Australisches Mediengesetz: Google droht mit Abschaltung

Die Diskus­sion um das Leis­tungs­schutz­recht tobt in Deutsch­land und Europa schon länger. In Austra­lien soll ein geplantes Gesetz dafür sorgen, dass Google oder Face­book für ange­zeigten Inhalt zahlen müssen.
Von mit Material von dpa

Mel Silva (Google Australien), droht mit der Abschaltung der Suchmaschine als Reaktion auf ein neues Mediengesetz. Mel Silva (Google Australien), droht mit der Abschaltung der Suchmaschine als Reaktion auf ein neues Mediengesetz.
Foto: Picture Alliance / dpa
Auf der anderen Seite der Erdkugel ("down under") in Austra­lien droht der Such­maschine Google als Reak­tion auf ein geplantes Medi­enge­setz mit der Abschal­tung seiner Such­maschine. Wir hatten darüber schon berichtet. Nach Plänen der austra­lischen Regie­rung sollen Inter­net­riesen wie die Google-Mutter Alphabet und Face­book künftig lokale Medi­enun­ter­nehmen dafür bezahlen, wenn sie deren Inhalte verbreiten.

Finan­zielles Risiko nicht abschätzbar

Mel Silva (Google Australien), droht mit der Abschaltung der Suchmaschine als Reaktion auf ein neues Mediengesetz. Mel Silva (Google Australien), droht mit der Abschaltung der Suchmaschine als Reaktion auf ein neues Mediengesetz.
Foto: Picture Alliance / dpa
Google findet, das Vorhaben sei nicht umsetzbar und für Google mit finan­ziellen Risiken verbunden, die nicht kalku­liert werden könnten, sagte Mel Silva, die Geschäfts­füh­rerin für Googles Akti­vitäten in Austra­lien, heute (Orts­zeit) bei einer Anhö­rung im austra­lischen Senat.

Google will austra­lischen Markt verlassen

Den austra­lischen Markt zu verlassen sei die "einzig ratio­nale Entschei­dung, wenn dieses Gesetz verab­schiedet würde", betonte sie.

Silva verglich eine Bezah­lung von Medi­enun­ter­nehmen für das Anzeigen von Links zu deren Inhalten damit, einem Freund nette Cafés zu empfehlen und dann von diesen Cafés für ihre Erwäh­nung eine Rech­nung zu bekommen. "Wenn man einen Preis für das Verlinken mit bestimmten Infor­mationen ansetzt, dann wird so die Funk­tions­weise von Such­maschinen gebro­chen, und man hat kein freies und offenes Web mehr." Sollte der Gesetz­ent­wurf verab­schiedet werden, müssten Google und Face­book NewsFeed künftig Sender und Verlage für deren Inhalte vergüten. Andern­falls drohen austra­lischen Medi­enbe­richten zufolge Strafen von bis zu zehn Millionen Austra­lischen Dollar (was etwa 6,3 Millionen Euro entspricht).

Austra­lischer Premier: Wir lassen uns nicht einschüch­tern

Premier­minister Scott Morrison sagte, seine Regie­rung lasse sich von Drohungen nicht einschüch­tern. "Lassen Sie mich das klar sagen: Austra­lien legt die Regeln für Dinge fest, die man in Austra­lien tun kann. (...) So funk­tio­nieren die Dinge hier in Austra­lien." Er fügte hinzu: "Wir reagieren nicht auf Drohungen."

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Austra­lien mag auf den ersten Blick weit weg sein. Aber auch in Europa und speziell in Deutsch­land wird das Thema unter dem Begriff "Leis­tungs­schutz­recht" erbit­tert disku­tiert.

Die Verlage sind in einer blöden Situa­tion. Die Zahl der Leser, die gedruckte Ausgaben kaufen oder abon­nieren, sinkt unauf­hör­lich. Die Verlage versu­chen mit ihren Inhalte hinter Bezahl­schranken zu Geld zu machen, was treue Fans sicher akzep­tieren, die große Menge aber nicht. Ihr Credo: Im Internet hat es alles "kostenlos" zu geben. Banner-Werbung wird gerade noch akzep­tiert oder mit Ad-Blockern ausge­fil­tert.

Google hilft bei dieser Kosten­los­kultur eifrig mit, weil die gesuchte Infor­mation sicher irgendwo kostenlos zu bekommen ist, wenn man nur lang genug danach sucht. Googles Geschäfts­modell ist die Samm­lung von Infor­mationen über seine Nutzer, um diesen dann ziem­lich ziel­genau Werbung zeigen zu können, die am Ende auch zu Umsatz führt. Händler, die hohe Reich­weiten wollen, buchen diese Anzeigen bei Google oder Face­book, wovon diese Anbieter leben.

Klar: Wer Hunde nicht leiden mag, wird sicher­lich keine Werbung für Hunde­futter sehen wollen, andere mögen viel­leicht keine Motor­räder, inter­essieren sich aber für alte Uhren. Ziel­genaue Werbung ("Targe­ting") ist die Stärke der großen Anbieter wie Google und Face­book.

Bei den Zeitungen und Radio­sen­dern, die nun Geld bekommen sollen, argu­men­tiert Google, dass die ja oft nur über eine Google Suche "entdeckt" werden, also könnte Google denen im Gegenzug auch dafür Geld dafür abknöpfen, damit sie über­haupt gefunden werden können. Nur dann wäre eine Such­maschine über­haupt nicht mehr "neutral" und würde nur noch die Inhalte anzeigen, wofür die Anbieter vorher bezahlt haben. Das Geschrei wäre riesig.

Natür­lich könnte Google seine austra­lische Such­seite (google.com.au) abschalten, aber findige Inter­net­nutzer werden notfalls über ein VPN weiterhin auf die Google-Suche zugreifen können und sicher auch austra­lische Inhalte irgendwie finden.

Genauso gut könnten Google oder Face­book zähne­knir­schend die gefor­derten Lizenzen locker bezahlen. Aber: Was machen klei­nere Anbieter von Such­maschinen oder sozialen Platt­formen, sofern es diese noch gibt? Für diese könnte das Gesetz das Leben schwer oder unmög­lich machen. Müsste beispiels­weise Twitter dann Lizenzen zahlen, wenn ein Twitter-Nutzer auf eine austra­lische Seite verlinken möchte oder diesen Tweet blockieren?

Am Ende wird es irgend­eine prag­mati­sche Lösung geben müssen. Evtl. über eine pauschale Lizenz-Vergü­tung, wie es beim Kauf von beschreib­baren CD-ROMs oder DVD-Rohlingen oder früher bei Compact-Cassetten schon der Fall war.

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