Ratgeber

Schnelle Vertragskündigung per Button: Diese Fallen lauern

Seit Juli ist der Kündi­gungs­button zum einfa­chen Kündigen digi­taler Verträge Pflicht. Fast alle Provider haben ihn umge­setzt. Zum Teil ist er aber nur schwer zu finden - und es lauern weitere Fallen, vor denen teltarif.de und Juristen warnen.
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Nach den ersten Tagen der prak­tischen Umset­zung des Kündi­gungs­but­tons haben wir einen Juristen und Experten der Verbrau­cher­zen­trale Baden-Würt­tem­berg befragt und um seine juris­tische Einschät­zung gebeten. Er hat sich gegen­über unserer Redak­tion ausführ­lich zum Gesetz selbst und auch zur bisher beob­ach­teten prak­tischen Umset­zung geäu­ßert.

Grund­sätz­lich beob­achte die Verbrau­cher­zen­trale das Treiben der Anbieter beim Kündi­gungs­button sehr genau. Würden die Regeln nach einer gewissen Zeit nicht rechts­kon­form umge­setzt, behalte man sich recht­liche Schritte gegen einzelne Anbieter vor. Login und ein weiterer Klick notwendig - erst dann kommt der Button bei Kevag Telekom Login und ein weiterer Klick notwendig - erst dann kommt der Button bei Kevag Telekom
Bild: Kevag Telekom, Screenshot: teltarif.de
Eine rein text­liche Schalt­fläche (wie momentan fast überall anzu­treffen) betrachten die Juristen eher als eine Hürde für das einfache Auffinden. Keines­falls dürfe die Kündigungs­schalt­fläche text­lich verschleiert werden, auch eine klei­nere Schrift oder eine im Vergleich zum Websei­ten­hin­ter­grund kontrastarme Text­farbe seien nicht akzep­tabel. Fließ­text sei keine Schalt­fläche. Die Defi­nition einer Schalt­fläche sei, dass sie optisch und grafisch abge­grenzt und nicht in einen Fließ­text einge­bunden sei.

Grund­sätz­lich gelte: Die Vertrags­kün­digung müsse genau so gut auffindbar sein wie der Vertrags­abschluss. Würde der Anbieter also die übli­chen Buttons wie "Jetzt kaufen" oder "Kauf abschließen" optisch sehr auffällig auf der Webseite plat­zieren, müsse er die Kündi­gungs­but­tons genau so auffällig gestalten und diese in der Nähe der Buttons zum Kauf­abschluss posi­tio­nieren.

Jurist: Kunden­center ist eine Hürde

Wir stellten die Frage, ob es rechts­kon­form sei, den Kündi­gungs­button ausschließ­lich inner­halb des Kunden­cen­ters anzu­bieten, wie einige Anbieter das mit Verweis auf den Daten­schutz tun. Das verneinte der Jurist klar: Ein zwin­gender Login ins Kunden­center sei auf jeden Fall eine Hürde. Vorge­scho­bene Daten­schutz­gründe für diese Lösung seien eine "schlecht gemachte Schutz­behaup­tung" der Anbieter.

Nicht so kritisch sah der Experte aller­dings das Fehlen von Kündi­gungs­but­tons in Kunden­ser­vice-Apps, wenn gleich­zeitig ein Button auf der Webseite exis­tiert. Eine Ausnahme seien natür­lich die App-Discounter, wo alles über die App möglich sein müsse. Captcha bei Vodafone, Rückgewinnungs-Versuch aber erst dezent danach Captcha bei Vodafone, Rückgewinnungs-Versuch aber erst dezent danach
Bild: Vodafone, Screenshot: teltarif.de
Nur zum Teil schätzte der Jurist das teils zwin­gende Lösen eines Captchas auf dem Kündi­gungs­for­mular als proble­matisch ein. Hier müsse man sich bei der Beur­tei­lung daran orien­tieren, wie der Anbieter gene­rell Bestell­abläufe und Kontakt­for­mulare auf der Webseite tech­nisch umge­setzt habe. Sei prin­zipiell überall ein Captcha zu lösen, ist das laut dem Experten dann auch beim Kündi­gungs­for­mular kein Problem. Trete das Captcha nur auf dem Kündi­gungs­for­mular auf, aber sonst nirgends, könne man das als bewusst gesetzte Hürde inter­pre­tieren.

Verbrau­cher­schützer zur Kündi­gungs­vor­mer­kung

Zu der von teltarif.de beob­ach­teten "Renais­sance der Kündi­gungs­vor­mer­kung" auf den offi­ziellen Kündi­gungs­for­mularen konnte der Experte hingegen kein gutes Wort finden. Eine allei­nige Kündi­gungs­vor­mer­kung mit Tele­fon­anruf ganz ohne offi­zielles Kündi­gungs­for­mular sei defi­nitiv illegal. Schon vor Einfüh­rung des Kündi­gungs­but­tons habe man ja wirksam in Text­form kündigen können - ganz ohne Zwangs-Rückruf.

Würde die teils sehr auffällig auf dem Kündi­gungs­for­mular plat­zierte zusätz­liche "Einla­dung" zur Kündi­gungs­vor­mer­kung text­lich und grafisch eine zu starke Ablen­kung darstellen, dann sei diese nicht zulässig.

Gene­rell stellte der Jurist fest, dass das Gesetz zeit­lich nicht als "Schnell­schuss" entstanden sei und die Anbieter zur Umset­zung des Kündi­gungs­but­tons ja auch noch eine mehr­mona­tige Nach­frist erhalten hätten. Als "hand­werk­liche Fehler" könne man alle diese in diesem Artikel ange­spro­chenen Unklar­heiten also nicht bezeichnen. Man müsse eher vermuten, dass der Gesetz­geber diverse Gege­ben­heiten mögli­cher­weise absicht­lich schwammig formu­liert habe.

Kurze Einschät­zung der Verbrau­cher­zen­trale NRW

Auch ein Jurist der Verbrau­cher­zen­trale NRW hat teltarif.de inzwi­schen eine kurze Einschät­zung über­sandt. Die Formu­lie­rung "ständig verfügbar sowie unmit­telbar und leicht zugäng­lich" sei aus Sicht der Juristen so zu verstehen, dass die Schalt­fläche "zwin­gend außer­halb eines Kunden­cen­ters oder sons­tigen nicht direkt erreich­baren Berei­ches vorhanden sein muss". Ein vorhe­riger Login etc. würde "nicht mehr zu einer unmit­tel­baren Zugäng­lich­keit" führen. "Kündi­gungs­but­tons inner­halb eines Kunden­cen­ters stellen keine rechts­kon­forme Umset­zung der Pflicht dar." Der Kündi­gungs­button müsse vorhanden sein, jedoch nicht ausschließ­lich an einer Stelle. Er könne an verschie­denen Orten imple­men­tiert werden.

Zum Thema der "opti­schen" Gestal­tung sagt der Jurist: "Welche Schaltflä­chen den gesetz­lichen Vorgaben entspre­chen, muss im Einzel­fall geprüft werden." Auch ob das Lösen eines Captchas gegen eine rechts­kon­forme Umset­zung spricht, müsse "im Einzel­fall geprüft werden". Zur gleich­zeitig propa­gierten Kündi­gungs­vor­mer­kung sagt der Jurist, Anbieter dürften nicht durch irre­füh­rende Gestal­tungen die Verbrau­cher von der Möglich­keit der Kündi­gung über den neuen Kündi­gungs­button abhalten oder über die Verwen­dung täuschen. Hier müsse "im Einzel­fall geschaut werden", ob eine Irre­füh­rung vorliege und die Verbrau­cher die Möglich­keiten vertau­schen.

Bundes­netz­agentur fühlt sich nicht zuständig

Auf die in diesem Artikel formu­lierten Fragen und Gege­ben­heiten ange­spro­chen, antwor­tete die Bundes­netz­agentur:

Vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Kündi­gungs­mög­lich­keit über den Kündi­gungs­button ist im Bürger­lichen Gesetz­buch gere­gelt. Daher fällt sie nicht in den Aufga­ben­bereich der Bundes­netz­agentur. Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher können sich bei Schwie­rig­keiten an die Rechts­bera­tung der Verbrau­cher­zen­tralen oder an einen Rechts­anwalt wenden. Fragen zum Gesetz für faire Verbraucher­ver­träge können Sie an das Bundes­minis­terium der Justiz richten.
teltarif.de wird hierzu beim Bundes­jus­tiz­minis­terium nach­fragen, gene­rell die Umset­zung des Kündi­gungs­but­tons auf jeden Fall weiter beob­achten - und nimmt auch gerne Hinweise von Lesern dazu entgegen.
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