Schnelle Vertragskündigung per Button: Diese Fallen lauern
Nach den ersten Tagen der praktischen Umsetzung des Kündigungsbuttons haben wir einen Juristen und Experten der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg befragt und um seine juristische Einschätzung gebeten. Er hat sich gegenüber unserer Redaktion ausführlich zum Gesetz selbst und auch zur bisher beobachteten praktischen Umsetzung geäußert.
Grundsätzlich beobachte die Verbraucherzentrale das Treiben der Anbieter beim Kündigungsbutton sehr genau. Würden die Regeln nach einer gewissen Zeit nicht rechtskonform umgesetzt, behalte man sich rechtliche Schritte gegen einzelne Anbieter vor.
Login und ein weiterer Klick notwendig - erst dann kommt der Button bei Kevag Telekom
Bild: Kevag Telekom, Screenshot: teltarif.de
Eine rein textliche Schaltfläche (wie momentan fast überall anzutreffen) betrachten die Juristen eher als eine Hürde für das einfache Auffinden. Keinesfalls dürfe die Kündigungsschaltfläche textlich verschleiert werden, auch eine kleinere Schrift oder eine im Vergleich zum Webseitenhintergrund kontrastarme Textfarbe seien nicht akzeptabel. Fließtext sei keine Schaltfläche. Die Definition einer Schaltfläche sei, dass sie optisch und grafisch abgegrenzt und nicht in einen Fließtext eingebunden sei.
Grundsätzlich gelte: Die Vertragskündigung müsse genau so gut auffindbar sein wie der Vertragsabschluss. Würde der Anbieter also die üblichen Buttons wie "Jetzt kaufen" oder "Kauf abschließen" optisch sehr auffällig auf der Webseite platzieren, müsse er die Kündigungsbuttons genau so auffällig gestalten und diese in der Nähe der Buttons zum Kaufabschluss positionieren.
Jurist: Kundencenter ist eine Hürde
Wir stellten die Frage, ob es rechtskonform sei, den Kündigungsbutton ausschließlich innerhalb des Kundencenters anzubieten, wie einige Anbieter das mit Verweis auf den Datenschutz tun. Das verneinte der Jurist klar: Ein zwingender Login ins Kundencenter sei auf jeden Fall eine Hürde. Vorgeschobene Datenschutzgründe für diese Lösung seien eine "schlecht gemachte Schutzbehauptung" der Anbieter.
Nicht so kritisch sah der Experte allerdings das Fehlen von Kündigungsbuttons in Kundenservice-Apps, wenn gleichzeitig ein Button auf der Webseite existiert. Eine Ausnahme seien natürlich die App-Discounter, wo alles über die App möglich sein müsse.
Captcha bei Vodafone, Rückgewinnungs-Versuch aber erst dezent danach
Bild: Vodafone, Screenshot: teltarif.de
Nur zum Teil schätzte der Jurist das teils zwingende Lösen eines Captchas auf dem Kündigungsformular als problematisch ein. Hier müsse man sich bei der Beurteilung daran orientieren, wie der Anbieter generell Bestellabläufe und Kontaktformulare auf der Webseite technisch umgesetzt habe. Sei prinzipiell überall ein Captcha zu lösen, ist das laut dem Experten dann auch beim Kündigungsformular kein Problem. Trete das Captcha nur auf dem Kündigungsformular auf, aber sonst nirgends, könne man das als bewusst gesetzte Hürde interpretieren.
Verbraucherschützer zur Kündigungsvormerkung
Zu der von teltarif.de beobachteten "Renaissance der Kündigungsvormerkung" auf den offiziellen Kündigungsformularen konnte der Experte hingegen kein gutes Wort finden. Eine alleinige Kündigungsvormerkung mit Telefonanruf ganz ohne offizielles Kündigungsformular sei definitiv illegal. Schon vor Einführung des Kündigungsbuttons habe man ja wirksam in Textform kündigen können - ganz ohne Zwangs-Rückruf.
Würde die teils sehr auffällig auf dem Kündigungsformular platzierte zusätzliche "Einladung" zur Kündigungsvormerkung textlich und grafisch eine zu starke Ablenkung darstellen, dann sei diese nicht zulässig.
Generell stellte der Jurist fest, dass das Gesetz zeitlich nicht als "Schnellschuss" entstanden sei und die Anbieter zur Umsetzung des Kündigungsbuttons ja auch noch eine mehrmonatige Nachfrist erhalten hätten. Als "handwerkliche Fehler" könne man alle diese in diesem Artikel angesprochenen Unklarheiten also nicht bezeichnen. Man müsse eher vermuten, dass der Gesetzgeber diverse Gegebenheiten möglicherweise absichtlich schwammig formuliert habe.
Kurze Einschätzung der Verbraucherzentrale NRW
Auch ein Jurist der Verbraucherzentrale NRW hat teltarif.de inzwischen eine kurze Einschätzung übersandt. Die Formulierung "ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich" sei aus Sicht der Juristen so zu verstehen, dass die Schaltfläche "zwingend außerhalb eines Kundencenters oder sonstigen nicht direkt erreichbaren Bereiches vorhanden sein muss". Ein vorheriger Login etc. würde "nicht mehr zu einer unmittelbaren Zugänglichkeit" führen. "Kündigungsbuttons innerhalb eines Kundencenters stellen keine rechtskonforme Umsetzung der Pflicht dar." Der Kündigungsbutton müsse vorhanden sein, jedoch nicht ausschließlich an einer Stelle. Er könne an verschiedenen Orten implementiert werden.
Zum Thema der "optischen" Gestaltung sagt der Jurist: "Welche Schaltflächen den gesetzlichen Vorgaben entsprechen, muss im Einzelfall geprüft werden." Auch ob das Lösen eines Captchas gegen eine rechtskonforme Umsetzung spricht, müsse "im Einzelfall geprüft werden". Zur gleichzeitig propagierten Kündigungsvormerkung sagt der Jurist, Anbieter dürften nicht durch irreführende Gestaltungen die Verbraucher von der Möglichkeit der Kündigung über den neuen Kündigungsbutton abhalten oder über die Verwendung täuschen. Hier müsse "im Einzelfall geschaut werden", ob eine Irreführung vorliege und die Verbraucher die Möglichkeiten vertauschen.
Bundesnetzagentur fühlt sich nicht zuständig
Auf die in diesem Artikel formulierten Fragen und Gegebenheiten angesprochen, antwortete die Bundesnetzagentur:
Vielen Dank für Ihre Anfrage. Die Kündigungsmöglichkeit über den Kündigungsbutton ist im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelt. Daher fällt sie nicht in den Aufgabenbereich der Bundesnetzagentur. Verbraucherinnen und Verbraucher können sich bei Schwierigkeiten an die Rechtsberatung der Verbraucherzentralen oder an einen Rechtsanwalt wenden. Fragen zum Gesetz für faire Verbraucherverträge können Sie an das Bundesministerium der Justiz richten.teltarif.de wird hierzu beim Bundesjustizministerium nachfragen, generell die Umsetzung des Kündigungsbuttons auf jeden Fall weiter beobachten - und nimmt auch gerne Hinweise von Lesern dazu entgegen.