Prepaid-Probleme

NettoKOM Jahrespaket: Kündigung viel zu früh umgesetzt

Wer mit einer Prepaid­karte surft und tele­foniert, kann nicht in allen Fällen auf echten Kunden­ser­vice hoffen. Einem Kunden von NettoKOM wurde das Prepaid-Jahres­paket viel zu früh deak­tiviert. Ein Grund­pro­blem auch bei anderen Provi­dern.
Von

Beispiel NettoKOM: Unstimmigkeiten bei der Prepaid-Kündigung Beispiel NettoKOM: Unstimmigkeiten bei der Prepaid-Kündigung
Bild: NettoKOM / Telefonica
Sind Nutzer von Prepaid­karten Kunden zweiter Klasse, was den Kunden­ser­vice betrifft? In unserem Podcast zu uner­war­teten Problemen bei Prepaid­karten haben wir Beispiele genannt, in denen das zutraf.

Zu Miss­ver­ständ­nissen kommt es beispiels­weise immer wieder bei der Kündi­gungs­frist: Gene­rell haben Prepaid­karten keine Kündi­gungs­frist, sondern können jeder­zeit vom Kunden, aber auch vom Provider gekün­digt werden. Offenbar machen das viele Provider sogar dann, wenn aktuell noch eine Option gebucht ist. Anderes Beispiel: Bean­tragt der Kunde (ohne die Prepaid­karte gekün­digt zu haben), eine Portie­rung der Rufnummer zu einem anderen Anbieter, inter­pre­tieren die Provider das in der Regel als Desin­ter­esse, die Prepaid­karte weiter zu nutzen, und schalten diese ab. Es erfolgt nicht - wie bei Verträgen - die Zutei­lung einer neuen Nummer. Oft schaltet der Provider die Karte einfach ab, auch wenn die Opti­ons­lauf­zeit noch gar nicht um ist.

Um die fort­wäh­renden Probleme bei Prepaid­karten zu veran­schau­lichen, berichten wir heute einmal exem­pla­risch über einen Fall bei NettoKOM. Beispiel NettoKOM: Unstimmigkeiten bei der Prepaid-Kündigung Beispiel NettoKOM: Unstimmigkeiten bei der Prepaid-Kündigung
Bild: NettoKOM / Telefonica

Prepaid-Paket drei Wochen zu früh beendet

Im März schrieb uns ein Kunde bei NettoKOM, seinen Prepaid-Vertrag bei NettoKOM habe er frist­gerecht zum 30. April gekün­digt, zudem habe er eine Rufnum­mern­por­tie­rung ange­stoßen. NettoKOM kündigte ihm im Gegenzug zum 22. April, obwohl er den 30. April ange­geben hatte.

Der Kunde gab bei seinem neuen Provider Lidl Connect daraufhin den Wunsch­termin 21. April an. Das war ein Freitag, weil an Sams­tagen, Sonn- und Feier­tagen nach Auffas­sung des Kunden wohl keine Portie­rungs­vor­gänge vom Kunden­ser­vice zu erwarten wären. Daraufhin legten die beiden Provider ohne weitere Rück­sprache mit dem Kunden den Portie­rungs­termin auf den 4. April, also knapp drei Wochen früher als geplant. Nach seiner Rück­frage beim Kunden­ser­vice erhielt er nach eigener Aussage als Antwort, man wolle ihn so früh wie möglich bei NettoKOM loswerden.

Eigent­lich hätte der Kunde bei NettoKOM noch eine Allnet- und SMS-Flat bis Ende April gehabt, diese konnte er im April dann aber so gut wie gar nicht mehr nutzen. Der Kunde fragte sich und uns daraufhin, warum er als Prepaid-Kunden so "nach Guts­herren-Art" behan­delt wird und ob man "über­haupt keine Rechte mehr" habe.

Die erste Antwort von Telefónica

Bei unserer Rück­sprache mit dem Kunden stellte sich heraus, dass er das NettoKOM-Jahres­paket gebucht hatte und dieses eigent­lich noch bis zum 1. Mai gelaufen wäre. Er hätte den Termin 21./22. April als Kompro­miss akzep­tiert, war dann aber über den 4. April als Portie­rungs­datum sehr verwun­dert.

Immerhin hatte er bis dahin bereits die 12 GB Daten­volumen aufge­braucht, die Allnet-Flat hätte er aber gerne noch bis zum 21./22. April genutzt, was nun nicht mehr möglich war. Nach unserer Kontakt­auf­nahme mit Telefónica als Leis­tungs­erbringer für NettoKOM erhielten wir rund zwei Wochen später diese erste, thema­tisch nicht sehr erfreu­liche Antwort:

Vielen Dank für das Weiter­leiten dieses Leser­falls. Grund­sätz­lich kann bei Prepaid-Karten im Falle einer Kündi­gung kein Wunsch­termin ange­geben werden. Bei einer Portie­rung, Kündi­gung oder Gutha­ben­aus­zah­lung wird die Karte statt­dessen auto­matisch deak­tiviert. Hier unter­scheidet sich ein Prepaid-Produkt, das jeder­zeit kündbar ist, von einem Lauf­zeit­ver­trag. Da die SIM-Karte von Herrn [...] bereits deak­tiviert ist, können die Kosten nicht als Kulanz­buchung auf das Guthaben erstattet werden. Gerne möchten wir dem Kunden als Alter­native zwei Cadooz-Gutscheine im Wert von 5 Euro anbieten, die überall einlösbar sind. Diese würden ihm bei Inter­esse posta­lisch zuge­sendet werden.

Wider­sprüch­lich­keiten bei der Kündi­gung

Uns und dem Kunden war es aber in erster Linie gar nicht um eine finan­zielle Erstat­tung für die nicht mehr nutz­bare Leis­tung gegangen, sondern um das Proze­dere, bei dem ein Jahres­paket fast einen Monat vor der Been­digung einfach durch den Provider abge­schaltet wird. Darum gaben wir uns mit dieser Antwort nicht zufrieden, wir konnten uns nämlich aus mindes­tens zwei Gründen nicht vorstellen, dass diese Hand­habung korrekt ist.

Der Kunde hatte erstens ein Jahres­paket gebucht, das eine Mindest­ver­trags­lauf­zeit von 365 Tagen hat. Laut den NettoKOM-Bedin­gungen verlän­gert es sich sogar auto­matisch um ein weiteres Jahr, sofern es nicht gekün­digt wird und ausrei­chend Guthaben vorhanden ist. Das ist also ein Vertrag, an den sich auch Telefónica halten muss bei den Kündi­gungs­fristen.

Zwei­tens heißt es in den NettoKOM-AGB unter Punkt 8.1 "Vertrags­lauf­zeit/Kündi­gung": "Der Vertrag läuft auf unbe­stimmte Zeit. Er kann vom Kunden jeder­zeit und von Telefónica Germany mit einer Frist von 30 Tagen gekün­digt werden." Das bedeu­tete nach unserer Auffas­sung, dass NettoKOM eben nicht die Prepaid­karte jeder­zeit beliebig abschalten kann, schon gar nicht bei einem Jahres­paket. Wir fragten also Telefónica, ob der Provider unter diesen Umständen denn nicht noch einmal über eine echte Auszah­lung des Rest­betrags für das Jahres­paket nach­denken und über­haupt das ganze Proze­dere über­denken wolle.

Guthaben der Rest­lauf­zeit wird ausbe­zahlt

Einige Tage später antwor­tete uns Telefónica, die zwei von unserer Redak­tion genannten Punkte würden sich aktuell noch in Klärung mit dem Fach­bereich befinden. Der Kunde solle wegen einer echten Erstat­tung des Rest­betrags kontak­tiert werden. Anfang Mai konnte uns Telefónica dann mitteilen, dass man den Kunden erreicht habe, um mit ihm persön­lich über sein Anliegen zu spre­chen. Man sei den Wünschen des Kunden nach­gekommen: Die Rest­summe des vorzeitig been­deten Jahres­paketes sei bereits an ihn über­wiesen worden.

Zu unseren gene­rellen Kritik­punkten am Proze­dere und den Erwä­gungen im "Fach­bereich" hierzu gab Telefónica uns gegen­über aller­dings leider keinen Kommentar mehr ab. Auch der Leser berich­tete uns gegen­über von dem abschlie­ßenden Tele­fonat. Die Mitar­bei­terin habe sich für das Vorgehen entschul­digt und eine Auszah­lung ange­boten. "Scheinbar war sie doch sicht­lich beein­druckt [von] meiner Beschwerde, obwohl teltarif.de oder Ihr Name nicht erwähnt wurde. Sicher, ohne Ihre Hilfe wäre es nicht so weit gekommen, aber es zeigt doch, dass man nicht nur Pflichten hat, sondern auch Rechte hat. Bin ja jahre­langer flei­ßiger Leser von teltarif.de und lese auch andere Leser-Probleme, die Podcasts finde ich sehr gut", schrieb uns der Leser und schloss seinen Bericht: "Ihnen auch ein Danke­schön meiner­seits für Ihren Einsatz, sollte auch mal so gesagt werden."

Am 5. Mai konnte der Leser dann final melden: "Ich war heute am Freitag auf der Bank, Telefónica hat mir ein Guthaben über­wiesen, [mit dem] ich sehr zufrieden bin. Scheinbar ist das gestern über­wiesen worden. Ohne Ihre Hilfe wäre da wahr­schein­lich nichts passiert. Noch­mals vielen Dank, bin echt gerührt."

Ein Kommentar (von Alex­ander Kuch):

Dass die Provider auf unsere Anfrage meist finan­ziell kulant reagieren, wissen und schätzen wir, und auch in diesem Fall bedanken wir uns bei Telefónica für die Erstat­tung an den Kunden.

Trotzdem finden wir es traurig, dass Telefónica auf unsere inhalt­liche Anfrage nicht mehr einge­gangen ist. Fairer­weise muss man aller­dings dazu sagen, dass das so gut wie alle Prepaid-Provider betrifft und nicht nur NettoKOM. Wir halten es für drin­gend notwendig, dass einmal von Verbrau­cher­schüt­zern (notfalls vor Gericht) geklärt wird, welche Vertrags­lauf­zeit denn nun wirk­lich gilt, wenn ein Prepaid-Kunde eine Option gebucht hat: Die Kündi­gungs­frist der Option oder die (quasi eintä­gige) Kündi­gungs­frist des Prepaid-Basis­tarifs?

Denn es kann nicht sein, dass jemand wie NettoKOM sich selbst in den AGB Regeln und Kündi­gungs­fristen aufer­legt, die dann in der Praxis nicht beachtet und sogar zunächst noch von der Pres­sestelle geleugnet werden. Auch dass sich ein Prepaid-Jahres­paket für den Kunden auto­matisch mit sofor­tiger Abbu­chung verlän­gert, während der Provider daraus quasi mit der Frist von einem Tag "aussteigen" kann, dürfte wohl kaum ein halt­barer Zustand sein.

Jedem Prepaid-Kunden ist also drin­gend anzu­raten, dass er zunächst möglichst viel, wenn nicht sogar alles von der Inklu­siv­leis­tung seines Prepaid-Tarifs verbraucht, bevor er die Prepaid­karte kündigt oder eine Rufnum­mern­por­tie­rung zu einem anderen Anbieter bean­tragt.

teltarif.de Talk: Unerwartete Probleme bei Prepaidkarten

Mehr zum Thema Prepaid