Verbraucherzentrale: Darf o2 die Auszahlung verweigern?
"o2 verweigert vermehrt Prepaid-Auszahlungen" titelten wir bei teltarif.de im Februar. Obwohl die Rechtslage bei der Auszahlung von Prepaid-Guthaben eigentlich klar ist, deckten wir seinerzeit einen Sonderfall auf: In immer mehr Fällen weigerte sich o2, das teils hohe Prepaid-Guthaben auszubezahlen, beispielsweise wenn der Antragsteller nicht der ursprüngliche Prepaid-Inhaber ist.
Seinerzeit hatten sowohl die Bundesnetzagentur als auch o2 sich gegenüber teltarif.de zu der Sache geäußert. Trotzdem waren Fragen offen geblieben, und darum hat teltarif.de nun die Stellungnahme einer Verbraucherzentrale eingeholt.
Verbraucherzentrale zur o2-Prepaid-Auszahlung bei abweichendem Inhaber
Fotos: naschman_-_fotolia.com/teltarif.de, Logo: o2
In diesem Artikel beleuchten wir also nochmals die offen gebliebenen Fragestellungen und liefern hierzu die Antworten der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz.
Die Vorgeschichte
Der grundsätzliche Problemfall bei den teltarif.de vorliegenden Fällen besteht darin, dass die aktuelle Person, die eine Prepaid-Guthabenauszahlung bei o2 beantragte, nicht mit dem teils vor 20 Jahren bei o2 hinterlegten ursprünglichen Inhaber der Prepaidkarte übereinstimmt. Die Verbraucher kauften vor ca. 15 Jahren (also noch vor Einführung der gesetzlichen Identifizierungspflicht 2017) o2-Prepaidkarten auf Flohmärkten oder bekamen diese von Bekannten geschenkt.
Einen Besitzerwechsel bei o2 beantragten die Verbraucher seinerzeit zwar, doch dieser wurde abgelehnt mit dem Hinweis, der Kunde dürfe nicht mehr als drei dieser Prepaidkarten besitzen. Bei den Prepaidkarten handelte es sich um die seinerzeit ausgegebenen "Easy-Money"-Prepaidkarten, zu denen das Oberlandesgericht München geurteilt hat, dass hier auch das "Easy-Money"-Guthaben mit ausbezahlt werden muss. Zum Teil haben Verbraucher bis zu 25 derartige SIM-Karten mit einem Guthaben von rund 2000 Euro pro SIM gesammelt.
Nachdem o2 dann damit begonnen hatte, die Prepaidkarten von sich aus zu kündigen, beantragten die aktuellen Inhaber die Auszahlung des Guthabens. Einige hatten zuvor jahrelang per Banküberweisung Guthaben aufgeladen, um den Aktivitätszeitraum der Prepaidkarten zu verlängern. In den teltarif.de vorliegenden Fällen lehnte o2 allerdings die Auszahlung mit der Begründung ab, das Guthaben dürfe nur an den ursprünglichen Besitzer ausgezahlt werden.
o2 verlangte für die Auszahlung des Guthabens an den aktuellen Besitzer dann einen Nachweis zur Abtretung der Auszahlungsansprüche oder eine Einverständniserklärung der ursprünglichen "Vertragsinhaber", obwohl zwischen diesen und dem aktuellen Besitzer seit Jahren kein Kontakt mehr besteht und es sich möglicherweise um damalige Registrierungen auf Phantasienamen wie "Micky Maus" handelt, was seinerzeit von den Providern geduldet worden war.
Legitime Gründe für Begrenzung der Zahl der Prepaidkarten
Zu unserer Frage, ob o2 bereits seinerzeit nach dem Erwerb der SIM-Karten einen Besitzerwechsel verweigern durfte mit dem Hinweis, der Kunde dürfe nicht mehr als drei dieser Prepaidkarten besitzen, schreibt die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz:
Grundsätzlich ist o2 ein Marktanbieter, dem natürlich grundsätzlich in Selbstverantwortung wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungsfreiheit gewährt wird - natürlich unter bestimmten Regularien der BNetzA. Daher hat der Anbieter ggfs. "gute/legitime Gründe" dieses Vorgehen zu wählen. Wahrscheinlich einmal, um Karteileichen zu verhindern, da sonst massenhaft Karten nicht genutzt werden.Nachdem 2011 gerichtlich entschieden wurde, dass ungenutztes Guthaben bei Prepaidkunden und -kundinnen nicht verfallen darf, sind viele einfach dazu übergegangen, die Vertragsbeziehung zu begrenzen. Außerdem bedeutet jede neue Rufnummer auch neue Kosten für den jeweiligen Anbieter. Daher hat man auch eine grundsätzliche Anzahlbegrenzung pro Person eingezogen. Diese Frage ist aber unserseits nicht abschließend zu beantworten, da es nicht um eine rein zivilrechtliche Frage geht, sondern dies hier immer im Kontext des Telekommunikationsmarktes gesehen werden muss, der den Regulierungsentscheidungen der BNetzA unterliegt.
Weitere Einschätzungen der Verbraucherzentrale
Das LG Kiel hat in einem Urteil vom 19.05.2015 (8 O 128/13) festgelegt, dass die Erstattung von Restguthaben bei Mobilfunkverträgen nicht an Bedingungen geknüpft werden darf. Der Mobilfunkanbieter muss Prepaid-Kunden nach der Kündigung unverbrauchtes Guthaben unkompliziert und ohne bürokratische Hürden erstatten.
Die Erstattung des Restguthabens ist also weder von der Verwendung eines speziellen Auszahlungsformulars noch von der Rücksendung der SIM-Karte abhängig. Allerdings war bei diesem Urteil der Antragsteller identisch mit dem beim Provider hinterlegten Inhaber. Unsere weiteren Fragen beantwortete die Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz zusammenfassend - letztendlich zielen diese allesamt auf die eine Frage ab: "Darf sich o2 jetzt so verhalten und die Auszahlungen verweigern?"
Meines Erachtens nach: Nein. Auch AGB-Klauseln, die einen Verfall von Prepaid-Restguthaben vorsahen, waren schon nach einem BGH-Urteil unzulässig (Urteil vom 09.06.2011, Az. III ZR 157/10). Der Anspruch auf Auszahlung unterliegt allerdings der allgemeinen Verjährung. Diese tritt drei Jahre zum Jahresende, nachdem das Guthaben eingezahlt wurde, bzw. drei Jahre zum Jahresende nach Kündigung ein.Mobilfunkanbieter dürfen die Erstattung eines nicht verbrauchten Guthabens aus einem beendeten Vertrag auch nicht von der Rücksendung eines Formulars, der Original-SIM-Karte und/oder der Übermittlung einer Kopie des Personalausweises abhängig machen (LG Kiel, Urteil vom 19.05.2015, Az.: 8 O 128/13).
Sie haben recht, damals waren aktueller Antragsteller und ursprünglicher Inhaber identisch. Jedoch geht es nach Sinn und Zweck doch um die eindeutige Zuordnung der Zahlung zu der Person, die auch tatsächlich das Guthaben eingezahlt hat. Im Kieler Urteil heißt es so unter anderem: "Unstreitig ist jedoch nach Deaktivierung der SIM-Karte, die - so das Formular auf Seite 2 überhaupt Voraussetzung für den Auszahlungsanspruch ist - für den Kunden sowohl das Datum der Abschaltung als auch die Höhe des Restguthabens nicht festzustellen." Meines Erachtens ist das übertragbar auf Ihren Fall: Kundinnen und Kundinnen ist es aufgrund der früheren von o2 gewährten Praxis (Gewährung von Fantasie-Namen etc.) nicht mehr möglich, den/die ursprüngliche/n Besitzer oder Besitzerin festzustellen.
Ein "berechtigtes Interesse" von o2, einen Nachweis zur Abtretung der Auszahlungsansprüche oder eine Einverständniserklärung der jeweiligen ursprünglichen "Vertragsinhaber" zu fordern, kann ich nicht sehen, wenn - wie in diesem Fall - die jährlichen Aufladungen per Banküberweisung zweifelsfrei nachgewiesen werden können.
Schlussfolgerungen
Interessant in den Ausführungen der Verbraucherzentrale Rheinland-Pfalz ist der Hinweis auf die jahrelangen Aufladungen per Banküberweisung. Das Urteil des LG Kiel könnte in diesem Fall also möglicherweise anwendbar sein.
Alle Betroffenen, denen o2 bislang die Auszahlung des Prepaid-Guthabens mit Hinweis auf einen abweichenden Prepaid-Inhaber in den Kundendaten von o2 verweigert hatte, sollten sich also mit Verweis auf diesen Artikel bei der Verbraucherzentrale ihres Wohnorts melden.
Auch wenn eine Prepaidkarte abgeschaltet oder gekündigt wird: Das Guthaben darf nicht verfallen. Der Provider ist gesetzlich dazu verpflichtet, es dem Kunden auszubezahlen. So kommen Sie an Ihr Geld.