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Editorial: Schaufensterpreise bei der Bundesnetzagentur

Oder: Unerfüllbare Gesetze
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Ich hielt schon vor eineinhalb Jahren ein Interconnect-Entgelt von 6 Cent pro Minute für marktgerecht. Bis heute sind die technischen Kosten weiter gesunken, so dass eine Festsetzung von 4 Cent oder noch weniger angebracht wären. Im Festnetz beträgt das IC-Entgelt für bundesweite Vermittlung sogar lediglich 1,36 Cent pro Minute, zur Nebenzeit gar nur 0,89 Cent pro Minute. Bei Sprachtelefonie lassen sich auch keine wesentlichen Kostenunterschiede zwischen Mobil- und Festnetz mehr ausmachen, so dass eine Spreizung um den Faktor 6,5 und mehr nicht erklärbar ist.

Beispielsweise kosten Anschluss und Gesprächsflatrate im Fest- und Mobilnetz monatlich ähnlich viel. Zudem bekommt der Kunde mit der mobilen Flatrate die bessere Leistung: Bei Festnetz-Flatrates sind Telefonate ins Festnetz kostenlos, bei Handy-Flatrates hingegen Telefonate ins Festnetz und ins eigene Mobilfunknetz. Dieser deutliche Marktvorteil der Handy-Flatrates rührt einzig und allein aus der extrem hohen Spreizung der IC-Entgelte für Fest- und Mobilnetze. Stratos Versuch einer Flatrate in die Mobilnetze ist etwa zwischenzeitlich wieder vom Markt verschwunden.

Auch die von mehreren Netzbetreibern bzw. deren Discountern auf Prepaid-Basis angebotenen Tarife von 4 bis 6 Cent brutto für Discounter-interne Gespräche sprechen gegen einen Interconnect von fast 10 Cent zuzüglich Mehrwertsteuer. Schließlich umfasst ein Handy-zu-Handy-Gespräch sogar zwei Mobilfunk-Strecken, während bei der Vermittlung eines von extern kommenden Telefonats in das jeweilige Netz nur eine Mobilfunk-Strecke benötigt wird.

Warum segnet es die staatliche Aufsichtsbehörde ab, dass die Netzbetreiber ihren eigenen Kunden Schnäppchenpreise für Telefonate zu anderen eigenen Kunden anbieten können, während Kunden aus anderen Netzen die vielfachen Entgelte bezahlen müssen? Betriebswirtschaftlich ist dieses Vorgehen natürlich sinnvoll, um mehr Kunden ins eigene Netz zu drängen. Volkswirtschaftlich ist es aber unsinnig, dass der Großkunde "fremder Netzbetreiber" für weniger Leistung die vielfachen Entgelte zahlt wie der einzelne Endkunde. Möglich ist die Spreizung der Entgelte nur durch die Monopolsituation der Netzbetreiber bei der Terminierung in ihr jeweiliges Netz. Genau dieses Monopol sollte die Bundesnetzagentur durch die Regulierung durchbrechen, was ihr offensichtlich nicht gelungen ist.

Unterschiedliche Abrechnungsmodelle

Die oben behauptete Ähnlichkeit der tatsächlichen Kosten in Fest- und Mobilnetzen verwundert und muss erläutert werden. Denn die Mehrheit der Endverbraucher bezahlt in den Handy-Netzen für abgehende Gespräche deutlich höhere Minutenpreise als im Festnetz. Dieser Preisunterschied liegt aber vor allem an einem anderen Kostenverteilungsschlüssel, nicht an höheren notwendigen technischen Kosten. Beim Festnetz werden die Infrastrukturkosten vor allem über hohe monatliche Grundentgelte auf die Verbraucher umgelegt. Telefonate können hingegen fast zu den Grenzkosten geführt werden; das sind die Kosten, die im Netz durch das Telefonat zusätzlich entstehen. So müssen etwa umso mehr Fernvermittlungsrechner installiert werden, je mehr Ferngespräche gleichzeitig geführt werden.

In den Mobilnetzen ist hingegen derzeit üblich, den Zugang kostenlos zu gewähren. Bei Prepaid-Karten gibt es sowieso keine Grundentgelte, und bei Handy-Verträgen dient der monatliche Grundpreis überwiegend dazu, einen "Kredit" auf das Handy zurückzuzahlen oder monatliche Inklusivleistungen zu erwerben. Die hohen Investitionen für Lizenzen, Netzausbau und Marketing müssen somit vor allem über die Minutenpreise wieder reingeholt werden. Das bereits oft kritisierte Prinzip lautet hier, mit günstigen Entgelten für bestimmte Telefonate (netzintern, City-Zonen, Heimbereiche etc.) Kunden anzulocken, an anderer Stelle (netzextern, Service-Rufnummern, Ausland, Roaming) aber kräftig abzukassieren.

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