politisch

Editorial: Schaufensterpreise bei der Bundesnetzagentur

Oder: Unerfüllbare Gesetze
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Mit ihrer aktuellen IC-Entscheidung akzeptiert und zementiert die Bundesnetzagentur die unterschiedlichen wirtschaftlichen Modelle: Hohe infrastrukturbedingte Grundentgelte und Telefonate zu minimalen Grenzkosten im Festnetz, null Grundentgelte und hohe infrastrukturumlagebedingte Telefoniepreise in den Mobilnetzen.

Andererseits geht die Bundesnetzagentur diesen Weg nicht konsequent. Wenn sie die Infrastruktur-Umlage auf den Minutenpreis akzeptiert, dann müsste sie auch die Klagen von E-Plus erhören und dem E-Netz-"Nachzügler" einen deutlichen Aufschlag auf die IC-Entgelte im Vergleich zu den D-Netzen gewähren. So hat T-Mobile aufgrund des früheren Starts, der wiederum auf die frühere Lizenzerteilung zurückgeht, zweieinhalb mal mehr Kunden und wahrscheinlich immer noch einen höheren Geschäftskundenanteil als E-Plus, während E-Plus aufgrund der 1800er-Frequenz in den eh schon nicht sonderlich rentablen dünn besiedelten Bereichen auch noch das dichtere Netz bauen musste, um wenigstens halbwegs die gleiche Netzabdeckung zu erreichen. Beide Umstände treiben jedoch die Umlage nach oben!

Fazit: Politisch sinnvoll

Andererseits muss man die Bundesnetzagentur auch in Schutz nehmen. Eine starke IC-Senkung hätte erhebliche Rechtsunsicherheit im Gesamtmarkt bedeutet, nämlich dann, wenn der Beschluss der Agentur am Schluss vor Gericht scheitert, weil das Umlagemodell doch akzeptiert wird. Dann könnten auf einen Schlag IC-Nachzahlungen in Milliardenhöhe fällig werden, was vor allem margeneng operierende Festnetz-Anbieter in den sicheren Tod treiben würde. Es ist diese Gefahr, die die Bundesnetzagentur daran hindert, den Mobilfunk-IC in einem Schritt gewaltig zu senken, obwohl dieses vom Gesetz her eigentlich angebracht wäre.

Ein zu hoher IC, der vom Gericht in einigen Jahren deutlich nach unten korrigiert wird, ist politisch und marktwirtschaftlich gesehen nämlich das deutlich geringere Risiko. IC-Rückzahlungen würden die Netzbetreiber sicherlich verkraften, zumal sie wahrscheinlich nur an diejenigen Festnetz-Betreiber fällig würden, die gegen den Beschluss klagen. Und hier stellt sich die Frage, welche Festnetz-Anbieter überhaupt zu einer solchen langwierigen und teuren Klage bereit sind. Arcor gehört etwa zum Vodafone-Konzern, und der hätte durch eine solche Klage mehr zu verlieren als zu gewinnen. Ähnliche Überlegungen gelten auch für T-Com/T-Mobile oder Telefónica/o2. Andere Festnetz-Betreiber, insbesondere Versatel, Hansenet/Alice oder die ganzen Call-by-Call-Discounter sind zwar hierzulande nicht mit Mobilfunkern verbandelt, möglicherweise aber über deren internationale Mutterfirmen in anderen Ländern, und dadurch vielleicht ebenfalls nicht sonderlich interessiert an einer Klage.

Es könnte also durchaus passieren, dass der Kompromiss am Schluss von allen Seiten zähneknirschend gefressen und gar nicht vor Gericht angegriffen wird. Und die aktuellen Preise sind auch nicht aller Tage Abend: Schon in einem Jahr wird die Bundesnetzagentur abermals neue Entgelte festsetzen. Und bis dahin wird sie nicht nur von teltarif.de wiederholt zu Lesen und Hören bekommen haben, dass das derzeitige Niveau noch viel zu hoch ist.

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