Power-Gefahr

Editorial: Festpreis für alles

Flatrates für Gespräche zum Handy
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Die großen Tk-Messen wie CeBIT und 3GSM World sind vorbei, die Aufregung um die dort vorherrschenden Themen wie den UMTS-Turbo HSDPA oder Mobile TV hat sich wieder etwas gelegt. Entsprechend günstig ist die Gelegenheit, neue Produkte anzukündigen. Und so ist es kein allzu großer Zufall, dass der VoIP-Anbieter Strato hierzulande und der UMTS-Netzbetreiber 3 in Österreich fast zeitgleich mit einer Flatrate für Telefonate in beliebige Handy-Netze des jeweiligen Landes starten.

Die Preise unterscheiden sich auf den ersten Blick stark: 3 verlangt 69 Euro im Monat für die Flatrate, während Strato DSL-Neukunden nur 29,90 Euro für die VoIP-basierte Flatrate in Rechnung stellt. Allerdings gibt es die mobile Sprach-Flatrate bei Strato nicht ohne DSL-Anschluss und DSL-Flatrate. Wählt man als Endgerät die Fritz-Box Fon WLAN 7050, so stehen am Ende mindestens 56,65 Euro auf der monatlichen Strato-Rechnung. Hinzu kommt dann noch die Telekom-Rechnung für den eigentlichen Anschluss, so dass die Dreifach-Flatrate (Internet-Zugang und nationale Telefonate ins Festnetz und zum Handy) in Summe monatlich über 70 Euro kostet. Wechselt man von einem anderen DSL-Angebot zur mobilen Sprach-Flatrate bei Strato, kostet diese zudem 60 Euro im Monat mehr.

Einer zahlt immer drauf

Dennoch besteht für beide Flatrate-Anbieter die Gefahr, am Ende draufzuzahlen. Bereits bei durchschnittlich gut zehn Minuten Mobilgesprächen täglich und normaler Internet-Nutzung dürfte Strato aufgrund der aktuellen Terminierungsentgelte draufzahlen. "Power-Telefonierer", die täglich eine Stunde oder mehr mit Handy-Nutzern schnacken, könnten ein tiefes Loch in Stratos Kasse reißen. Eine ähnliche Rechnung gilt auch für den Netzbetreiber 3.

Da die genannten Firmen in den jeweiligen Ländern erstmalig mit einer Flatrate zum Handy an den Start gehen, droht ein besonders starkes Power-Telefonierer-Problem. Je höher die bisherige Rechnung für Mobiltelefonate war, desto größer ist die Motivation zum Wechsel zu den teuren und lang laufenden Verträgen. Somit droht beiden Pionieren ein teurer Reinfall. Es kann aber auch klappen, dass genügend wenig in Fremdnetze telefonierende Kunden akquiriert werden, so dass die Mischkalkulation am Schluss aufgeht.

Allen bleibt zu wünschen, dass die Wette aufgeht!

Rudolf Gröger, Deutschland-Chef von o2, erklärte auf der CeBIT, dass "Flatrates eine Wette auf das Nutzungsverhalten der Kunden" seien. Würden die Kunden am Schluss mehr telefonieren als kalkuliert, verliert der Anbieter. Andernfalls zahlt hingegen der Endkunde drauf. Auf jeden Fall würden die Wenignutzer die Vielnutzer quersubventionieren.

Andererseits machen Flatrates die Kosten für den Nutzer transparent. Man braucht nicht mehr über Gesprächslängen oder gar Zeitzonen nachzudenken, sondern kann einfach drauflos telefonieren und weiß dennoch, wie viel es am Ende kosten wird. Die Nutzung der Dienste wird dadurch entsprechend entspannter. Man muss sich am Telefon nicht mehr kurz fassen, nur, weil man Angst hat, dass es sonst zu teuer wird. Im Gegenteil: Je mehr man telefoniert, desto eher hat man bei der nächsten Rechnung das Gefühl, dass es "sich gelohnt" hat. In diesem Sinne ist den Pionier-Anbietern zum Vorteil der Unternehmen und der Verbraucher zu wünschen, dass die Wette aufgeht!