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Telekom: TAL-Preissenkung schlecht für Breitbandausbau

Die Wettbewerbsverbände begrüßen die Absenkung des TAL-Entgeltes, empfinden es aber als zu gering. Die Telekom kritisiert das Vorhaben. Sie sieht darin eine Entscheidung gegen den Breitbandausbau.
Von Thorsten Neuhetzki

Telekom sieht TAL-Absenkung negativ Telekom sieht TAL-Absenkung negativ
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Die Bundesnetzagentur hat, wie berichtet, heute ihre Entgeltvorschläge für die TAL-Entgelte vorgelegt. Diese Entgelte zahlen Wettbewerber an die Telekom, wenn sie die Kupferleitung der Telekom ganz oder in Teilen anmieten müssen. Unterm Strich ist das immer dann der Fall, wenn die Wettbewerber keine eigene (Glasfaser-)leitung bis zum Kunden gebaut haben. Wie immer in solchen Fällen sind die Interessen zwischen Wettbewerbern und der Telekom unterschiedlich gelagert.

Die Branchenverbände Breko und VATM begrüßen grundsätzlich die Absenkung der Entgelte. "Die grundsätzliche Entscheidung zur Absenkung der TAL-Entgelte begrüßen wir ausdrücklich", heißt es vom Breko-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. "Auch wenn wir uns eine konsequentere Umsetzung der EU-Empfehlung - und damit eine deutlichere Reduzierung der TAL-Entgelte - gewünscht hätten: Jeder Euro, den die alternativen Netzbetreiber für den Zugang zu einer weitgehend abgeschriebenen Kupferinfrastruktur einsparen können, kommt dem Ausbau mit zukunftssicheren und nachhaltigen Glasfaser-Infrastrukturen zu Gute."

Wettbewerber hatten (deutliche) Absenkung gefördert

Telekom sieht TAL-Absenkung negativ Telekom sieht TAL-Absenkung negativ
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Ähnlich kommentiert auch VATM-Chef Jürgen Grützner die Entscheidung: "Es ist positiv zu bewerten, dass die Bundesnetzagentur eine leichte Absenkung der Entgelte für die Teilnehmeranschlussleitung (TAL) beschlossen hat. Die minimale Reduzierung des Mietpreises für die Leitung vom Kabelverzweiger bis zum Endkunden ist jedoch mit zwei Cent deutlich zu niedrig ausgefallen." Er argumentiert, dass der Kabelverzweiger für den weiteren Breitbandausbau eine immer größere Rolle spielen werde. "Für altes Kupferkabel zahlen wir unverändert die Kosten für den hypothetischen kompletten Neubau der angemieteten sogenannten letzten Meile bis zum Kunden."

Eine Absenkung der Entgelte für die TAL war im Vorfeld von allen alternativen Wettbewerbern gefordert worden - auch von jenen, die überwiegend Glasfasernetze bauen. Die Telekom hatte hingegen eine rund zehnprozentige Erhöhung der TAL-Entgelte beantragt. Kritik gibt es von VATM und Breko am Kostenberechnungsverfahren der BNetzA. Der Grund: Die EU-Kommission präferiert bei den Entgelten ein Kostenberechnungsmodell, das deutlich geringere und damit investitionsförderndere Preise gerechtfertigt hätte. Eine Neujustierung des Preissetzungsmodells ist laut einer Studie der beiden Experten Dr. Karl-Heinz Neumann und Prof. Ingo Vogelsang dringend erforderlich. Dieses Preissetzungsmodell müsse abgeschriebene Netzteile berücksichtigen und auf ein glasfaserbasiertes Netz abstellen. Laut Neumann und Vogelsang hat die Telekom in der Zeit von 1999 bis 2015 über die regulatorisch festgesetzten Entgelte rund 40 Milliarden Euro anhand von Abschreibungen verdient, aber nur 18 Milliarden Euro ins Anschlussnetz investiert.

Telekom sieht in Absenkung eine Entscheidung gegen Breitbandausbau

Die Telekom sieht die Absenkung der Entgelte negativ - nicht nur weil sie weniger verdient. "Die Absenkung der Entgelte ist eine Entscheidung gegen den Breitbandausbau", kommentiert der für Regulierungsfragen zuständige Sprecher Philipp Blank von der Telekom. "Statt Preise zu senken, wäre es notwendig gewesen, Anreize für Unternehmen so zu setzen, dass sich zusätzliche Investitionen in moderne Netze lohnen. " Das sieht er bei einer Absenkung der TAL-Entgelte nicht.

Die Telekom sei das Unternehmen in Deutschland, das am meisten in moderne Glasfasernetze investiert. "Mit über 400 000 Kilometern in Deutschland betreiben wir eines der größten Glasfasernetze in Europa. Allein in den vergangenen fünf Jahren hat die Telekom über 120 000 Kilometer Glasfaser neu verlegt. Das ist mehr als die Wettbewerber insgesamt an Glasfasernetz ausgebaut haben. "Statt tatsächlich selbst zu investieren, setzen die Wettbewerber lieber auf die Nutzung unseres Netzes und niedrige Vorleistungspreise. Das unterstützt die Bundesnetzagentur durch die Absenkung. Für die erforderlichen Gigabitnetze ist das nicht hilfreich", so Blank.

VATM-Chef Grützner unterstreicht indes, dass die Entscheidung zu den TAL-Entgelten nicht isoliert zu betrachten sei. "Durch den aktuellen Vectoring-Beschluss werden die TAL-Nachfrager bereits in der Nutzung der sogenannten letzten Meile massiv eingeschränkt und wo die Nutzung noch möglich bleibt, wird sie teuer. Investitionen und Wettbewerb auf dem Endkundenmarkt bleiben so eingeschränkt."

Kommentar von Redakteur Thorsten Neuhetzki
Redakteur Thorsten Neuhetzki Die TAL-Entgelte rauf oder runter - was wäre besser für einen Breitbandausbau in Deutschland? Dazu gibt es unterschiedliche Meinungen. Zwei Extreme seien an dieser Stelle kurz skizziert: Würde der TAL-Preis deutlich steigen, würde das jene Wettbewerber, die vor allem auf diese Vorleistung setzen, dazu zwingen, noch mehr in eigene Infrastruktur zu investieren. Dieses würde sich dann deutlich eher rechnen. So aber können sie bei moderaten Preisen vergleichsweise bequem die Kupferdoppelader der Telekom anmieten und je nach Ausgangslage bis zu 100 MBit/s darüber anbieten. Die Investitionen sind vergleichbar mit denen der Telekom für den VDSL-Ausbau - ein Glasfasernetz für ganz Deutschland ist damit aber noch nicht erreicht.

Würde die Bundesnetzagentur den TAL-Preis massiv absenken, wäre zwar das Risiko, dass die Alternativanbieter sich darauf ausruhen - gleichzeitig könnte sich aber auch die Telekom nicht mehr auf Zahlungen der Wettbewerber in Millionenhöhe verlassen. Diese sicheren Zahlungen dürften auch ein Grund sein, warum die Telekom an ihrem Kupfernetz festhält. Vielleicht wäre der Mittelweg der richtige: Die Kvz-TAL zwischenzeitlich deutlich absenken, um den Glasfaserausbau bis zum Kvz zu forcieren und mit einer jetzt schon geplanten Anhebung ab 2020 oder später die Kvz-TAL wieder unattraktiv machen, um den weiteren FTTB/H-Ausbau zu fördern.

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