Regulierung

Editorial: Konkurrenz ohne Konkurrenz

Schon für Privat­kunden fehlen leis­tungs­fähige Tk-Anschlüsse. Im gewerb­lichen Bereich hat die Telekom jahre­lang aktiv den Wett­bewerb behin­dert.
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De-Cix Einblick in ein Kernstück: Der Serverraum von De-Cix in Frankfurt.
dpa
Seit über 20 Jahren ist der Tele­kom­muni­kati­ons­markt in Deutsch­land nun schon dere­guliert. In einigen Berei­chen hat sich inzwi­schen zugunsten der Verbrau­cher ein inten­siver Wett­bewerb gebildet. So sind Internet-Miet­server fast nirgendwo so günstig zu haben wie in Deutsch­land, und das bei zugleich guter bis sehr guter Bewer­tung der Hosting-Provider.

Zwar liegt das zum Teil auch am Erneu­erbare-Ener­gien-Gesetz EEG, das durch den Einspei­sezwang der Erneu­erbaren Ener­gien die Preise am Strom­markt drückt, sodass Groß­ver­brau­cher (und Server­parks gehören zu den Groß­ver­brau­chern) ihren Strom entspre­chend günstig beziehen können. Die Kosten für die Produk­tion der Erneu­erbaren Ener­gien werden hingegen über die EEG-Umlage einseitig den Privat­ver­brau­chern aufge­lastet. Nur: Auslän­dische Server­parks in der Nähe großer Wasser­kraft­werke können den Strom noch güns­tiger einkaufen, bieten Miet­server aber dennoch kaum billiger an als in Deutsch­land.

Der DE-CIX in Frank­furt ist der mit Abstand größte provi­der­unab­hän­gige Internet-Austausch­knoten welt­weit. Und obwohl immer mehr Internet-Daten­ver­kehr direkt zwischen den Provi­dern ausge­tauscht wird und große Content-Deli­very-Networks die Inhalte ihrer Kunden sowieso direkt über Server bei den jewei­ligen Provi­dern liefern, wächst der Traffic am DE-CIX immer weiter. Aktuell werden in den Abend­stunden 8 bis 9 TBit/s ausge­tauscht - das sind über eine Million Full-HD-Video­streams gleich­zeitig!

In anderen Berei­chen der Tele­kom­muni­kation ist der Wett­bewerb in Deutsch­land hingegen nicht so erfolg­reich: Schnelles DSL ist vieler­orts weiterhin Mangel­ware. Zwar gibt es in den dichter besie­delten Gebieten mit dem Breit­band­kabel meist eine DSL-Alter­native. Doch spätes­tens beim Thema "weiterer Ausbau des Breit­band­kabels" heißt es dann: "Fehl­anzeige!"

Die modernste Tech­nologie - nämlich Glas­faser­anschlüsse direkt zum Kunden - ist in Deutsch­land sowieso weiterhin kaum vertreten. Während Ende letzten Jahres in Japan und Südkorea bereits 80 Prozent und in Schweden immerhin 66 Prozent aller Anschlüsse auf Glas­faser basierten, waren es in Deutsch­land laut Statista zu diesem Zeit­punkt nur magere 4,1 Prozent. Über die Mobil­funk-Netz­qua­lität, bei der Deutsch­land im inter­natio­nalen Vergleich eben­falls immer wieder die ersten Plätze von hinten belegt, habe ich schon oft genug geschimpft, das wieder­hole ich hier nicht.

Kleine Verbes­serung für Gewer­bekunden in Sicht

De-Cix Einblick in ein Kernstück: Der Serverraum von De-Cix in Frankfurt.
dpa
Beson­ders gravie­rend ist der Mangel an guten und preis­werten Tele­kom­muni­kati­ons­diensten für Gewer­bekunden. Wenn am Standort des Büros, des Betriebs oder des Ladens keine schnellen und zuver­läs­sigen DSL-Anschlüsse verfügbar sind, dann beginnt die Bastelei: Hybrid-Anschlüsse der Telekom kombi­nieren beispiels­weise DSL mit LTE und bieten so die Zuver­läs­sig­keit von DSL mit (meist) der Geschwin­dig­keit von LTE. Nur arbeiten viele der insbe­son­dere von Fili­albe­trieben benö­tigten VPN-Lösungen nicht mit dem Hybrid-Anschluss zusammen. Guter Rat ist in solchen Situa­tionen dann oft teuer.

Verschärft wird das Problem für Firmen­kunden dadurch, dass viele der großen Anbieter sofort abwinken, wenn es um etwas kompli­zier­teres geht als "Inter­net­zugang und even­tuell auch ein Tele­fon­anschluss". Die Anbieter, die sich hingegen auf ITK-Bera­tung und die Lösung auch komplexer spezia­lisiert haben, müssen hingegen oft genug abwinken, weil sie zwar das tech­nische Know-How haben, aber nicht alle nötigen Vorpro­dukte auf dem freien Markt einkaufen können.

Beim Bezug von Netz­leis­tungen kommen sie aufgrund der beschrie­benen geringen Wett­bewerbs­inten­sität oft genug nicht um die Deut­schen Telekom herum - und die lässt sich dann Zeit mit der Liefe­rung, sicher auch deswegen, weil sie lieber über die konzern­interne T-Systems eine Komplett­lösung anbietet, als nur einzelne Vorleis­tungen an andere System­häuser zu liefern. Und so vergingen durch­schnitt­lich 71 Tage von der Bestel­lung bis zur Liefe­rung eines Produkts, wie der VATM ermit­telte. Im schlimmsten Fall waren es sogar fast 700 Arbeits­tage. Da ging selbst unmit­telbar nach der Wieder­ver­eini­gung in Berlin, als zwei Tele­fon­netze zu einem zusam­men­geschaltet werden mussten, die Instal­lation neuer Anschlüsse schneller.

Die Bundes­netz­agentur hat nun miss­bräuch­liches Verhalten der Telekom bestä­tigt und kürzere Liefer­zeiten und Strafen bei deren Nicht­ein­hal­tung fest­gelegt. Das ist ein kleiner Schritt zu mehr Wett­bewerb auf dem Service-Markt. Dem drin­gend nötigen Ausbau der Netze hilft das hingegen nicht auf die Sprünge - das geht nur über klare staat­liche Ausbau­ver­pflich­tungen, die zumin­dest die markt­beherr­schenden Wett­bewerber zu hohen Mindest­stan­dards verpflichten.

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