Stellungnahme

1&1-CEO Witt bedauert geringe Absenkung der TAL-Entgelte

1&1-Telecommunication-Chef Martin Witt hofft nach der TAL- und Vectoring-Nahbereichsentscheidung jetzt auf eine Regulierung der Layer-2-Entgelte im Sinne der Wettbewerber.
Von Thorsten Neuhetzki

Martin Witt Martin Witt
Quelle: United Internet
Vergangene Woche hatte die Bundesnetzagentur ihren Entscheidungsentwurf zur künftigen Kostenstruktur der Teilnehmeranschlussleitung (TAL) vorgelegt. Dabei hatte sie eine Absenkung für beide wesentlichen Produkte, die Kupferleitung von der Vermittlungsstelle zum Kunden (Hvt-TAL) und die Leitung vom Kabelverzweiger zum Kunden (Kvz-TAL), vorgeschlagen. Für Wettbewerber sind diese Vorleistungen der Telekom entscheidend, wenn sie Kunden erschließen wollen und über keine eigene (Glasfaser-)Leitung bis zum verfügen.

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Quelle: United Internet
Einer der größten Anbieter, der weitgehend ohne eigene Infrastruktur bis zum Kunden auskommt, ist 1&1. Abgesehen von den Glasfaserleistungen der zugekauften Schwestergesellschaft Versatel hat das Unternehmen keine eigenen Leitungen zum Kunden und setzt auf den Wiederverkauf bestehender Infrastrukturen verschiedener Anbieter unter eigenem Namen. Entsprechend wichtig ist für 1&1 der TAL-Preis. In einem an teltarif.de übersendeten Statement freut sich der Anbieter so auch über die generelle Absenkung der Entgelte. "In der genaueren Betrachtung verwundert uns jedoch, dass die Absenkung nur so gering ausgefallen ist", schreibt der Chef der Telekommunikations-Sparte des Unternehmens Martin Witt. "Denn Fakt ist, dass die bisherigen Entgelte die tatsächlich anfallenden Kosten der Deutschen Telekom überkompensiert haben."

Witt: Überhöhte Entgelte entziehen Investitionsmittel

Die Investitionen der Telekom, die sie für die Instandhaltung ihres Kupfernetzes tätigen müsse, seien deutlich geringer als die Einnahmen aus der Vermietung der Teilnehmeranschlussleitungen. "Das ist natürlich lukrativ und hat bei der Deutschen Telekom den Anreiz zum Ausbau einer modernen Glasfaser-Infrastruktur deutlich gehemmt." Gleichzeitig meint Witt, dass die "künstlich überhöhten Entgelte" dazu führen, dass alternativen Netzanbietern Investitionsmittel für den Glasfaser-Ausbau entzogen werden. "Genau diese Situation sollte nach Maßgabe der EU korrigiert werden. Eine konsequente Umsetzung der EU-Empfehlung hätte aus unserer Sicht zufolge gehabt, dass lediglich die Infrastruktur, welche für ein modernes Glasfasernetz weiterverwendet werden kann, entsprechend ihres tatsächlichen Zeitwerts für die Kalkulation der TAL-Entgelte angesetzt werden darf." Die Bundesnetzagentur habe die EU-Empfehlung nur teilweise berücksichtigt, womit der Kostensenkungseffekt und damit verbundene Investitionsanreize geringer ausfallen.

Für den weiteren Glasfaserausbau sei nach Angaben von Witt auch der Preis der Kvz-TAL wichtig. "Ihre Nutzung ist der größte Kostenblock, welcher bei einer Investitionsentscheidung eines Telekom-Wettbewerbers zu berücksichtigen ist." Die Kosten für diese Vorleistung sollen um 2 Cent netto pro Monat und Leitung sinken "Die nahezu unverminderte Höhe der TAL-Entgelte, sowie die in diesem Monat parallel ergangene Entscheidung zur Telekom-Exklusivität beim Vectoring-Ausbau im Nahbereich, bergen mittelfristig die Gefahr, dass neben der Telekom keine weiteren Anbieter in das Anschlussnetz investieren werden", befürchtet Witt, der auch als Präsident des Branchenverbandes VATM tätig ist, hier jedoch als 1&1-CEO spricht. Seine Befürchtung:" Am Ende wird die Deutsche Telekom so das Monopol über das Anschlussnetz zurückerlangen." Witt fordert abschließend, dass die Entgelte für die neuen Layer-2-Bitstrom-Anschlüsse der Telekom adäquat reguliert werden. " Denn, nachdem alternative Anbieter Hvt-Nahbereiche nicht mehr ausbauen dürfen, wird jeder Wettbewerber zwingend diese Vorleistung bei der Deutschen Telekom beziehen müssen, um sie mit seinem Netz zu verbinden und schnelle VDSL-Anschlüsse bereitstellen zu können."

Die Preise der letzten Meile sind - bis auf eine Ausnahme - seit der Einführung 1998 auf Sinkflug. Wie die genaue Entwicklung war, haben wir für Sie dokumentiert. In einer weiteren Meldung lesen Sie, wie die Wettbewerbsverbände und die Telekom auf die TAL-Entscheidung reagiert haben.

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