Internet per Mobilfunk

Hintergrund: So funktioniert der UMTS-Nachfolger LTE

In Gebieten ohne DSL bietet LTE in Zukunft schnelles Internet
Von Christian Immler

Wer auf dem flachen Land, weit abgelegen von Ballungsräumen lebt, hatte bis vor Kurzem kaum eine Chance auf einen Breitbandinternetzugang. Wegen hoher Baukosten blieben dünn besiedelte Regionen bei den Ausbauplänen des DSL-Festnetzes immer außen vor.

Mit dem neuen Mobilfunkstandard LTE (Long Term Evolution = Langfristige Entwicklung) soll sich das ändern. LTE, auch als Mobilfunk der vierten Generation bezeichnet, soll in erster Linie ländliche Regionen versorgen. Anstatt über ein Telefonkabel kommt das Internetsignal dabei über Funk ins Haus und das mit theoretisch bis zu 100 MBit/s deutlich schneller als mit der bisher verwendeten UMTS/HSPA-Technik. Dazu werden derzeit hauptsächlich langwellige Frequenzen im 800-MHz-UHF-Band (791 bis 862 MHz) verwendet, die eine deutlich größere Reichweite als kürzere Wellen besitzen, wodurch ein flächendeckender Ausbau mit weniger Basisstationen möglich wird.

Digitale Dividende: Frequenzgewinn durch DVB-T

LTE-Sendemast der Telekom in Kyritz/Brandenburg LTE soll nach Willen der Politik in erster Linie ländliche Regionen versorgen.
Foto: Telekom
Das heutige digitale Fernsehen DVB-T benötigt deutlich weniger Bandbreite als das analoge, weswegen mit der Abschaltung des analogen terrestrischen Fernsehens einige Frequenzbänder frei wurden, die sogenannte Digitale Dividende. Als im Jahr 2010 die LTE-Frequenzen unter den Netzbetreibern versteigert wurden, war die Frequenznutzung mit der Auflage verbunden, bis Ende 2015 in allen Bundesländern einen Versorgungsgrad von mindestens 50 Prozent zu erreichen, wobei die oberste Priorität auf bisher nicht mit Breitband-Internet versorgten Gemeinden und Ortsteilen liegt. Vodafone betreibt aber auch in Berlin LTE-Pilotnetze, die jetzt nach eigenen Angaben schon 15 000 Haushalte erreichen können.

Neben der höheren Geschwindigkeit von bis zu 100 MBit/s im Downlink und 50 MBit/s im Uplink bringt LTE auch eine verkürzte Signal-Laufzeit sowie eine höhere Flexibilität bei der Frequenznutzung. So können in Ballungszentren auch Frequenzen im 2,6-GHz-UMTS-Frequenzband (2500 bis 2570 MHz und 2620 bis 2690 MHz) für LTE genutzt werden, die von Mobilcom und dem ehemaligen Netzbetreiber Quam in der ersten UMTS-Auktion ersteigert, dann aber nie verwendet und deshalb später wieder freigegeben wurden. Da in diesem Frequenzband die Ausbreitungseigenschaften schlechter sind, eignet es sich nur für städtische Gebiete mit einer hohen Dichte an Basisstationen. In Zukunft sollen auch Bereiche des 900-MHz-GSM-Bandes sowie in einem 1800-MHz-Frequenzband, das früher von der Bundeswehr verwendet wurde, für LTE genutzt werden.

Übertragungsverfahren soll für hohe Datenraten und geringe Störanfälligkeit sorgen

Als Funk-Übertragungsverfahren wird im Downlink OFDM (Orthogonal Frequency Division Multiplex) verwendet, das hohe Übertragungsraten ermöglicht und durch Aufteilung des Datenstroms in mehrere Teilströme kaum anfällig gegen Störungen aus anderen Funksignalen ist. Im Uplink kommt das ähnliche SC-FDMA (Single Carrier Frequency Division Multiple Access) zum Einsatz, das eine effizientere Nutzung mobiler Sendeverstärker erlaubt. Die Datenübertragung im LTE-Netz basiert durchgehend auf dem IP-Protokoll. Die geringen Latenzzeiten von weniger als 5 ms ermöglichen auch Videotelefonie sowie zeitkritische Anwendungen wie z.B. Onlinespiele. Durch Verwendung der MIMO-Antennentechnologie mit mehreren parallel betriebenen Sende- und Empfangsantennen lässt sich die Datenrate theoretisch sogar bis auf 300 MBit/s steigern. Dabei werden mehrere Übertragungswege gleichzeitig genutzt und die übertragenen Datenpakete anschließend wieder zusammengesetzt. Die gleiche Technik wird auch bei HSPA+ verwendet, um im Mobilfunk die Übertragungsrate zu erhöhen.

LTE wird zwar von den Netzbetreibern als Festnetzersatz vermarktet, basiert aber wie UMTS auf Mobilfunktechnik und kann sogar die vorhandene UMTS-Mobilfunk-Infrastruktur in Teilen mitverwenden. Die Netzbetreiber müssen nur neue Komponenten in ihren Basisstationen installieren, Anschlusswege zu den Endkunden müssen keine gebaut werden. Eine LTE-Basisstation hat unter optimalen Bedingungen einen Senderadius von bis zu 10 km und kann nach derzeitigen Spezifikationen bis zu 200 aktive Nutzer gleichzeitig versorgen. LTE-Verfügbarkeitskarte von Vodafone LTE-Verfügbarkeitskarte von Vodafone
Screenshot vodafone.de von teltarif

Im eigenen Haushalt erinnert die zu installierende Hardware bei LTE auch eher an DSL als an Mobilfunk. Ein zentraler Router empfängt das LTE-Signal und gibt es an die einzelnen Computer im Haus per LAN-Kabel oder WLAN weiter. Das Prinzip ist hier vergleichbar mit DSL-Routern, mit dem Unterschied, dass das LTE-Signal aus der Luft kommt und nicht aus der Telefondose an der Wand. Ein LTE-Router sollte deshalb möglichst weit oben im Haus, am besten auf dem Dachboden aufgestellt werden, wogegen DSL-Router oft im Hausanschlussraum stehen. Da eine für WLAN günstige Position in den Wohnräumen nicht immer mit einer guten Empfangsposition für LTE vereinbar ist, gibt es für LTE-Router auch Außenantennen.

Vodafone unterscheidet auf seiner LTE-Verfügbarkeitskarte zwischen LTE Outdoor und LTE Indoor. Bei LTE Indoor ist das LTE-Signal stark genug, dass ein Empfang auch innerhalb von Gebäuden möglich ist, ohne den Router direkt ans Fenster zu stellen oder Zusatzantennen anzuschließen. Die für LTE verwendeten Frequenzen im 800-MHz-Band durchdringen Wände auch deutlich besser, als die für UMTS genutzten Frequenzen. Natürlich sollte ein LTE-Router trotzdem nicht im Keller stehen. Die LTE-Verfügbarkeitskarte der Telekom bietet keine derartige Unterscheidung zwischen Außen- und Innenempfang in Gebäuden.

Unter welchen Bedingungen man über LTE auch telefonieren kann und welche zusätzliche Hardware für einen LTE-Anschluss im eigenen Haus nötig ist, erfahren Sie auf der zweiten Seite.

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