Netzausbau

Glasfaserausbau: Immer mehr Open-Access-Partnerschaften

Um die Kosten für den Netzbau und -betrieb wieder herein­zube­kommen, müssen Glas­faser­netze ausge­lastet werden. Das geschieht einer­seits über die Kunden­akquise und ande­rer­seits über Dienst­leister, die im Rahmen von Open Access ihre Produkte über das Netz vertreiben dürfen.
Von Marc Hankmann

Im Glas­faser­markt steht ein Wandel bevor: Bislang legten die ausbau­enden Tele­kom­muni­kati­ons­unter­nehmen den Fokus darauf, die Glas­faser unter Straßen und Gehwege zu verlegen (Homes passed). Nun müssen sie ihre Inves­titionen wieder herein­spielen und dafür benö­tigen sie Kunden (Homes acti­vated). Neben solchen Privat- und Geschäfts­kunden inten­sivieren die Netz­betreiber auch ihre Koope­rationen. So verkündet GlasfaserPlus, das Joint Venture zwischen der Deut­schen Telekom und IFM Inves­tors, eine Verein­barung mit Nexiu. Der Dienst­leister ist in Hessen im Hoch­taunus-, Wetterau-, Lahn-Dill- und Main-Kinzig-Kreis aktiv und wird in Zukunft seine Produkte in den Berei­chen Internet und Tele­fonie auch über die Netze der GlasfaserPlus in diesen Land­kreisen verbreiten. "Diese Part­ner­schaft macht sichtbar, dass unser Netz wirk­lich offen für alle ist", sagt GlasfaserPlus-CEO Ralf Gres­sel­meyer. Freuen sich über die Einigung für den Glasfaserausbau in Nierstein (v.r.n.l.): Sebastian Frings und Harald Weber (GlasfaserPlus), Bürgermeister Jochen Schmitt, Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer sowie Thorsten Volz und Oliver Lellek von EWR Freuen sich über die Einigung für den Glasfaserausbau in Nierstein (v.r.n.l.): Sebastian Frings und Harald Weber (GlasfaserPlus), Bürgermeister Jochen Schmitt, Digitalisierungsminister Alexander Schweitzer sowie Thorsten Volz und Oliver Lellek von EWR
Foto: Ministerium für Arbeit, Soziales, Transformation und Digitalisierung
Zuletzt verkün­deten auch West­con­nect und Green­fiber im Rahmen des Glas­faser­aus­baus im west­fäli­schen Bad Oeyn­hausen auf eine Zusam­men­arbeit im Sinne des Open Access zu setzen. Insbe­son­dere seitdem 1&1 seine Inter­net­pro­dukte über die Glas­faser­netze Dritter anbietet, ist das Open-Access-Modell ins Rollen gekommen. Jüngst verein­barte das TK-Unter­nehmen aus Monta­baur eine Verein­barung mit Glas­faser Nord­west, dem zweiten Joint Venture der Telekom, dieses Mal mit dem Ener­gie­ver­sorger EWE. Der Open-Access-Deal gewährt 1&1 Zugang zu bereits einer Million ange­schlos­sener und zukünf­tiger Haus­halte, die Glas­faser Nord­west noch anschließen wird.

Open Access gegen Überbau

Open Access sorgt nicht nur für Wett­bewerb auf den Glas­faser­netzen und damit für sinkende Endkun­den­preise. Das Modell gilt auch als wirk­same Maßnahme, um den gefürch­teten Überbau von Glas­faser­netzen zu verhin­dern. Nicht immer gelingt zwischen konkur­rie­renden TK-Unter­nehmen eine Eini­gung wie im west­lich von Darm­stadt gele­genen Nier­stein. Hier bauen sowohl der Ener­gie­ver­sorger EWR als auch die GlasfaserPlus FTTH-Netze. Die Stadt initi­ierte daraufhin Gespräche mit beiden Unter­nehmen, bei denen der rhein­land-pfäl­zische Digi­tali­sie­rungs­minister Alex­ander Schweitzer vermit­telte.

Mit Erfolg: "Wir haben verein­bart, dass wir die Nutzung vorhan­dener, für den Glas­faser­ausbau geeig­neter Infra­struktur der EWR prüfen und beab­sich­tigen diese, soweit tech­nisch und wirt­schaft­lich möglich, in den eigenen Ausbau zu inte­grieren - so wird die städ­tische Infra­struktur geschont und es werden keine unnö­tigen Ressourcen verschwendet", erläu­tert Harald Weber, Rela­tion­ship Manager der GlasfaserPlus.

Koope­rationen mit Unter­nehmen und Wohnungs­wirt­schaft

Dass sich die Glas­faser bauenden TK-Unter­nehmen von den Homes passed ab- und den Homes acti­vated zuwenden, belegen auch die jüngsten Koope­rationen mit der Wohnungs­wirt­schaft, um die Glas­faser bis in die Wohnungen von Mehr­fami­lien­häu­sern zu führen. So verein­barte die Glas­faser Nord­west mit der Bremer Orion Haus­ver­wal­tung GmbH den Anschluss von über 1000 Wohn- und Geschäfts­ein­heiten. Die Ausbau­kosten trägt Glas­faser Nord­west.

Auch das TK-Unter­nehmen Filiago ist mit einem Partner, dem schwe­dischen Glas­faser­experten Open Infra, unter der Marke Premium Netz im Glas­faser­ausbau aktiv. In vier Ortschaften der Samt­gemeinde Hollen­stedt südlich von Hamburg begann Mitte März 2024 die letzte Bauphase für den Anschluss der Haus­halte. "Wir werden in den kommenden Monaten circa 50 Kilo­meter Tiefbau voll­ziehen und gehen davon aus, dass bis Mai 2024 alle Glas­faser­lei­tungen verlegt sind", sagt Simon Mentschke, Projekt­leiter bei Open Infra. Feierlicher Akt zum Baustart einer Glasfaseranbindung in der Samtgemeinde Hollenstedt (v.r.n.l.): Simon Mentschke (Projektleiter Open Infra), Manfred Cohrs (Bürgermeister Wenzendorf) und Utz Wilke (Geschäftsführer Premium Netz) Feierlicher Akt zum Baustart einer Glasfaseranbindung in der Samtgemeinde Hollenstedt (v.r.n.l.): Simon Mentschke (Projektleiter Open Infra), Manfred Cohrs (Bürgermeister Wenzendorf) und Utz Wilke (Geschäftsführer Premium Netz)
Foto: Premium Netz
Neben Glas­faser Nord­west und GlasfaserPlus drückt nun auch OXG, das Joint Venture von Voda­fone und dem Investor Altice, aufs Tempo. Das Unter­nehmen kündigte im März den Bau von FTTH-Anschlüssen für insge­samt über 160.000 Haus­halte an. Größtes Ausbau­pro­jekt ist Hamburg mit knapp 52.000 Haus­halten.

In Kassel will OXG 47.000 Haus­halte sowie in Meiningen 9500 und in Torgau 8500 Haus­halte mit Glas­faser versorgen. Während in Kassel der Bau bereits begonnen hat, befindet sich OXG in Hamburg noch in der Planung. In Meiningen und Torgau sollen die Bagger in der zweiten Jahres­hälfte anrollen.

Open Access ist ein Modell, das alle Markt­teil­nehmer begrüßen. Der Teufel steckt jedoch im Detail.

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