Preisfrage

Streit um Leerrohre: Vodafone will sich bei Telekom einmieten

Der Begriff ist irre­füh­rend: Leer ist ein Leer­rohr keines­wegs, viel­mehr sind Inter­net­kabel drin. Die Telekom könnte an Voda­fone vermieten. Zu welchem Preis?
Von dpa /

Im Streit über unter­irdi­sche Rohre für Glas­faser-Internet steht die Bundes­netz­agentur vor einer wegwei­senden Entschei­dung. „Wir werden in Kürze einen Entschei­dungs­ent­wurf veröf­fent­lichen“, teilte die Bundes­netz­agentur auf Anfrage mit. Es geht um soge­nannte Leer­rohre der Telekom, in denen noch Platz für die Kabel der Konkur­renz ist. Die Telekom muss Wett­bewerber hinein­lassen, verlangt nach Ansicht von Voda­fone aber zu viel Geld. Das seien „Mond­preise“, sagt die Tech­nik­chefin von Voda­fone Deutsch­land, Tanja Richter. Die Telekom hält sie hingegen für markt­gerecht. Die Bundes­netz­agentur will nun die Preise fest­legen, zu denen Telekom-Wett­bewerber ihre Glas­fasern in den Plas­tik­rohren verlegen dürfen.

Kupfer­lei­tungen sind ein Auslauf­modell, TV-Kabel haben keine Zukunft

Was aussieht, wie ein (aufgewickelter) Gartenschlauch, wird als "Leerrohr" bezeichnet. Was darf es kosten? Was aussieht, wie ein (aufgewickelter) Gartenschlauch, wird als "Leerrohr" bezeichnet. Was darf es kosten?
Foto: Picture Alliance/dpa
Der Glas­faser-Ausbau läuft in Deutsch­land schon einige Jahre, hierbei werden die Fasern bis in die Wohnung (Fiber to the Home; FTTH) gelegt. Glas­faser gilt als die beste Tech­nologie, um den wach­senden Daten­bedarf im Digi­tal­zeit­alter stemmen zu können. Tele­fon­lei­tungen (DSL/VDSL) sind ein Auslauf­modell. Auch Fern­seh­kabeln wird keine Zukunft beigemessen.

Voda­fone entdeckt die echte Glas­faser

Die Telekom und Voda­fone gingen in Sachen Fest­netz-Internet jahre­lang unter­schied­liche Wege: Die Telekom setzte auf VDSL und Voda­fone auf Fern­seh­kabel. Inzwi­schen nehmen sie beide Kurs auf Glas­faser, aller­dings in unter­schied­lichem Tempo: Die Telekom eilte voraus, Voda­fone kam hingegen erst spät in die Puschen. Bis Ende 2023 machte der Magenta-Konzern Glas­faser für 7,9 Millionen Haus­halte verfügbar.

Die Voda­fone-Glas­faser­tochter OXG legte erst im Herbst 2023 los - final ange­schlossen ist noch kein Haus­halt, ange­peilt werden sieben Millionen Anschlüsse. Bei dem Geschäft mischen auch zahl­reiche andere Firmen mit, etwa die Telefónica-Tochter Unsere Grüne Glas­faser (UGG).

Bei dem Ausbau müssen die Straßen aufge­rissen werden, um Kabel bis zu den Häusern zu verlegen - eine aufwen­dige Sache, die auch für die Anwohner lästig sein kann. Da ist es nahe­lie­gend, dass die Bauar­beiten nur einmal statt­finden, zumal in den aller­meisten Rohren genug Platz ist für Kabel mehrerer Unter­nehmen.

Hundert­tau­sende Kilo­meter Glas­faser verlegt

Vor allem die Deut­sche Telekom kommt als Vermieter von Leer­rohr-Kapa­zitäten in Betracht. Binnen neun Jahren hat der Konzern nach eigenen Angaben rund 400.000 Kilo­meter Glas­faser verlegt. „Wir haben Milli­arden ausge­geben, um beim Thema Glas­faser Tempo zu machen, und Voda­fone hat sich zurück­gelehnt und kaum etwas in sein Netz inves­tiert“, sagt Wolf­gang Kopf, Chef der Regu­lie­rungs­abtei­lung der Telekom. „Und jetzt wollen sie zu einem Spott­preis in unsere Röhren kommen und damit unsere Inves­titionen teil­weise entwerten.“ Die Telekom sei nicht die Caritas für Miss­manage­ment bei Voda­fone.

Voda­fone pocht darauf, dass die Telekom nur eine mode­rate Miete verlangen dürfe. Voda­fone-Mana­gerin Richter sagt mit Blick auf die baldige Entschei­dung der Netz­agentur: „Wir brau­chen die rich­tigen Leit­planken, damit Deutsch­land beim Glas­faser-Ausbau vom Mittelmaß in die Spit­zen­gruppe aufschließen kann.“ Nach Rich­ters Darstel­lung fordert die Telekom für eine bestimmte Rohr­kate­gorie pro Jahr und pro Meter eine Miete von knapp fünf Euro und damit das Zwölf­fache des in anderen EU-Staaten übli­chen Leer­rohr-Nutzungs­preises.

Preis passt nicht

Diese Beispiel­rech­nung löst bei der Telekom hingegen Kopf­schüt­teln aus. „Der Preis muss zu den jewei­ligen Inves­titionen passen“, sagt Telekom-Vertreter Kopf. Der Vergleich mit einem EU-Staat wie Spanien hinke gewaltig, schließ­lich seien die Gege­ben­heiten dort ganz anders. An einem Haus­halt in Deutsch­land „Fiber to the Home“ (FTTH) zu verlegen koste zwischen 1000 und 1500 Euro, in Spanien hingegen nur 200 bis 400 Euro.

Bremst die Telekom den Glas­faser-Ausbau?

Voda­fone moniert, dass sich hohe Leer­rohr-Miet­preise negativ auswirken würden auf den Glas­faser-Ausbau insge­samt in Deutsch­land. Denn sollte sich die Bundes­netz­agentur der Haltung der Telekom anschließen und hohe Preise fest­legen, dann würde das nur dem Bonner Konzern nützen, sagt Voda­fone-Mana­gerin Richter. „Aber das schadet Digital-Deutsch­land, denn das bremst den Bau von Glas­faser und beläs­tigt die Bürger mit teils unnö­tigen Baustellen auf Bürger­steigen und Straßen.“

Die Logik hinter so einer Argu­men­tation: Weil die Telekom zu viel Geld verlange, müssten Wett­bewerber doch selbst buddeln und eigene Rohre verlegen, obwohl in der Straße schon Telekom-Leer­rohre liegen. Dann fehlten die Bagger anderswo, wo noch gar kein Glas­faser-Fest­netz verfügbar ist und es dort doch eigent­lich viel drin­gender gebraucht würde.

Andere Firmen halten sich zurück

Auffällig ist, dass andere Firmen, die eben­falls im Glas­faser-Ausbau enga­giert sind, sich nicht der Voda­fone-Kritik anschließen wollen. Der Bran­chen­ver­band VATM, in dem sich Telekom-Wett­bewerber zusam­men­geschlossen haben, argu­men­tiert zwar ähnlich wie Voda­fone und äußert eben­falls scharfe Kritik an der Telekom. Doch einheit­lich ist die Meinungs­lage keines­wegs unter den Konkur­renten von Magenta.

Das Thema sei „aufge­bauscht“ von Voda­fone, heißt es von einem Bran­chen­ver­treter, der nament­lich nicht genannt werden will. Ein Vertreter eines anderen Unter­neh­mens äußert sich zurück­hal­tend.

Zu nied­riger Preis hätte Nach­teile für die Branche

Diese Haltung lässt sich damit erklären, dass ein nied­riger Zugangs­preis zwar zunächst gut wäre für Voda­fone, auf längere Sicht aber schlecht sein könnte für andere Firmen, die selbst Leer­rohre haben und um deren Wert fürchten müssten: In einem nächsten Schritt könnte nicht nur die Telekom, sondern gene­rell die Branche zur Öffnung ihrer Rohre verpflichtet werden. Dann würden sich Inves­titionen gar nicht mehr lohnen, wenn der Konkur­rent sich billig einmieten kann, sagt einer der Unter­neh­mens­ver­treter. „Es würde niemand mehr Rohre verlegen wollen - nied­rige Miet­preise würden sich als Bären­dienst erweisen für den Glas­faser-Ausbau in Deutsch­land.“

Mehr Details zum Glas­faser-Leer­rohr Angebot der Telekom haben wir in einem weiteren Artikel.

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