Editorial: Die Fusion E-Plus/o2 erlauben oder verbieten?
Immer wieder war darüber spekuliert worden, in der vorherigen Woche ging es dann plötzlich ganz schnell: o2 und E-Plus kündigten an, fusionieren zu wollen. Die wirtschaftlich stärkere Muttergesellschaft, Telefónica (Spanien), übernimmt die Mehrheit am fusionierten Konzern. KPN (Niederlande) erhält eine Minderheit der Aktien und wird zum Teil in bar ausbezahlt. Damit das Milliardengeschäft über die Bühne gehen kann, muss aber noch das Kartellamt zustimmen. Deren Entscheidung ist alles andere als einfach.
Die geplante Fusion E-Plus und o2
Bild: o2, E-Plus / Montage: teltarif.de
Fest steht, dass die Erlaubnis der Übernahme zu einem Dreigestirn
von Mobilfunkunternehmen führt, die alle bezüglich wesentlicher Kennzahlen
(Zahl der Kunden, Jahresumsatz, Frequenzausstattung in den wichtigen
Bereichen um 800 und
900 MHz) auf Augenhöhe agieren. Daraus folgt unmittelbar die
Gefahr, dass der Wettbewerb um die günstigsten Preise und/oder besten
Netze zum Nachteil der Kunden erlahmt. Mit Sicherheit werden auch nach
einer Übernahme die Netze weiter ausgebaut werden und die Preise weiter
sinken, aber möglicherweise passiert beides deutlich langsamer, als es
ohne die Übernahme passiert wäre. Zugleich steigen dann die Gewinne von
Deutscher Telekom,
Vodafone und Telefónica/o2/E-Plus rasant.
Mögliche Probleme, die ohne Übernahme drohen
Ohne Übernahme drohen hingegen zwei Szenarien, die ebenfalls wenig erbaulich sind: Die erste Gefahr ist, dass beim sicher auch in Zukunft weitergehenden Wettstreit um die besten Netze E-Plus und/oder o2 immer weiter zurückfallen und diese in der Folge nicht genügend umsatzstarke Kunden an sich binden können, um die eigenen Kosten zu decken. Die Folge ist eine Abwärtsspirale, die im schlimmsten Fall mit dem Bankrott eines der beiden Unternehmen endet. Dann verbleiben am Ende trotzdem nur drei Netze, aber die wirtschaftliche Situation des "überlebenden" kleinen Netzes ist zu diesem Zeitpunkt viel schwächer als sie bei Genehmigung der Fusion wäre.
Das andere Problem, das von vier Netzen herrührt, ist die unnötig hohe Belastung der Kunden mit Infrastrukturkosten: Vier Netze bedeuten auch vier Backbones, vier Netzplanungszentren, vier Basisstationen an Standorten, wo auch drei reichen würden, und dergleichen mehr. Alles das bezahlen die Kunden mit. Entsprechend viele Synergien ergeben sich, wenn man zwei Netze zusammenlegt, und genau diese Synergien sind die Hauptmotivation für das Zusammengehen von E-Plus und o2. Wenn die Betreiber sich diese Kostenvorteile nicht in die eigenen Taschen stopfen, sondern in Form von gesunkenen Preisen oder verbessertem Service zumindest teilweise an die Kunden weitergeben, dann ist die Situation mit drei Netzen sogar besser für die Kunden als mit vier Netzen.
Lesen Sie auf Seite 2, warum in vielen Fällen sogar ein Netz reichen muss, beim Mobilfunk aber mehrere Netze besser sind.