5 Jahre o2-E-Plus-Fusion: Von der Baustelle zum Innovator
Vor fünf Jahren: Fusion von o2 und E-Plus
Bild: Telefonica Germany GmbH und Co. OHG
Der 1. Oktober 2014 war ein markantes Datum in der Geschichte der deutschen Telekommunikation: An diesem Tag, also heute vor genau fünf Jahren, schloss Telefónica die Übernahme von E-Plus offiziell ab.
Abgeschlossen war damit allerdings nur das Geschäft, das das fusionierte Unternehmen seinerzeit auf einen Schlag zum Mobilfunkanbieter mit den meisten Kunden machte. Über 45 Millionen Anschlüsse sind es aktuell. In Wirklichkeit war das Datum der Beginn eines tief greifenden Umstrukturierungsprozesses, der bis heute nachwirkt.
"Zwei sind besser als eins" - oft auch schlechter...
Vor fünf Jahren: Fusion von o2 und E-Plus
Bild: Telefonica Germany GmbH und Co. OHG
Unter dem Slogan "Zwei sind besser als eins" vermarktete das fusionierte Unternehmen seinerzeit Tarife in beiden noch getrennten Netzen und machte sich dann an die technische Zusammenlegung von o2- und E-Plus-Netz. Die Anzahl der Netze reduzierte sich in Deutschland damit von vier auf drei. Ein Projekt dieser Größenordnung und Komplexität ist nach Angaben von Telefónica in der Telekommunikationsbranche außerhalb Chinas zuvor noch nie gestemmt worden.
Die Erwartung vieler Kunden wurde dabei zunächst nicht erfüllt, von beiden bisherigen Netzen jeweils die besten Standorte mit der neuesten Technik zu behalten. Zahlreiche Nutzer berichteten im Verlauf der mehrjährigen Netzzusammenlegung, dass aufgrund von Bau- und Abschaltungsmaßnahmen an ihrem Ort nun gar keine Telefónica-Netzversorgung mehr vorhanden sei. Es zeigte sich, dass es Telefónica mit der Fusion offenbar auch um eine Kostenersparnis ging, und das "Weiterleben" oder "Sterben" von Mobilfunkstandorten oft nicht nach dem Gesichtspunkt der bestmöglichen Netzabdeckung entschieden wurde.
Im Zuge der Zusammenlegung hat Telefónica also immer wieder auch Kunden verloren, und die ständige Bastelei am Netz wirkt bis jetzt nach: Telefónica ist der einzige deutsche Bestands-Netzbetreiber, der noch nicht mit dem 5G-Betrieb gestartet ist. Außerdem kämpft Telefónica damit, bis Ende 2019 die LTE-Lizenzauflagen erfüllen zu müssen. Fairerweise muss an dieser Stelle gesagt werden, dass das auch für die Telekom und Vodafone noch eine Herausforderung darstellt.
Base, simyo, Blau: Welche Marken dürfen überleben?
Gleichzeitig mit der Netzfusion hat Telefónica beim Markenportfolio etwas aufgeräumt - und auch dabei Kunden verärgert. Ehemalige Base-Kunden wurden zu o2 überführt, hinterher stellte sich heraus, dass sie mit ihren Altverträgen zahlreiche Tarifmerkmale der neueren o2-Tarife nicht werden nutzen können.
Von den beiden Flaggschiff-Discountern simyo und Blau durfte nur einer überleben. Auch die Überführung der simyo-Kunden zu Blau verlief holperig. Alle diese Umstellungs- und Zusammenlegungsmaßnahmen bei Netz, Marken und Kundenverwaltungssystemen bewirkten einen zeitweise recht hohen Andrang bei der Kundenbetreuung. Zu allem Überfluss schaffte Telefónica dann auch noch den Kundenservice per E-Mail ab und die alternativen Kontaktwege per Hotline oder Chat waren oft über Wochen überlastet.
Offenbar hat Telefónica die "Modernität" der eigenen Kunden stark überschätzt und sich zu früh darauf verlassen, dass auch eine weniger technikaffine Kundschaft wie beispielsweise Senioren Kommunikationsmittel wie ein Online-Kundencenter, einen Chat oder eine Kundencenter-App spielend beherrschen. Dieser Lernprozess sollte auch anderen Playern in der Branche ein lehrreiches Beispiel sein. Ärger gab es auch mit der verpatzten EU-Roaming-Umstellung im Jahr 2017.
Rückschläge erleiden musste das fusionierte Unternehmen darüber hinaus in weiteren Bereichen: Einige Standorte werden geschlossen, die Tochter Telefónica Next für die legale Vermarktung von Kundendaten konnte die Erwartungen nicht erfüllen und ein Verkauf von Mobilfunk-Standorten wird diskutiert.
Innovationsgeist gerettet: LTE für alle und revolutionäre Tarife
Von den beiden bisherigen Unternehmen hat die fusionierte Telefónica aber viel vom innovativen Geist übernommen. Lange vor der Telekom und Vodafone ließ Telefónica alle seine Netznutzer ohne Aufpreis ins LTE-Netz, unabhängig von Tarif oder Marke. Und das auch bei den eigenen Discounter-Marken.
Und mit den o2-Free-Tarifen fand der Konzern erstmals eine Möglichkeit, auf die harte Drosselung nach Verbrauch des Inklusiv-Datenvolumens zu verzichten. Konnten o2-Free-Kunden zum Start immerhin mit 1 MBit/s per UMTS weiter surfen, ist dies inzwischen auch mit LTE möglich - denn die UMTS-Abschaltung steht vor der Tür. o2 Banking, o2 Free Connect und das Ende starrer Vertragslaufzeiten waren weitere Projekte mit Vorzeigecharakter.
Festnetz-Revival und 5G: Das bringt die Zukunft
In einigen Bereichen, in denen man es möglicherweise gar nicht erwartet hätte, steht Telefónica allerdings in den Startlöchern. Das betrifft nicht nur den verspäteten Start des LTE-Nachfolgers 5G, sondern auch das erwartete Revival von Festnetz-Produkten.
Auf der einen Seite hat Telefónica in den vergangenen Jahren sein eigenes DSL-Netz abgebaut und verkaufte nur noch DSL-Resale-Anschlüsse, andererseits wird o2 in absehbarer Zeit zum Kabel-Internet-Provider. Denn die Öffnung des fusionierten Kabelnetzes für o2 war eine Bedingung für die Übernahme des Unitymedia-Netzes durch Vodafone. Man darf also gespannt sein, was in den kommenden Monaten an Neuerungen von Telefónica kommen wird.