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DNS-Anfragen: Alice liebt unbekannte Namen

Provider wie HanseNet und Kabel Deutschland protokollieren URL-Eingaben
Von Björn Brodersen

Die Kritik trifft jedoch nicht den Kern der Sache, denn die Internetprovider können Daten zum Erstellen von Nutzerprofilen auch sammeln, ohne DNS-Anfragen zu manipulieren. Einfach gesprochen müssen die Kunden lediglich bei Eingabe einer nicht auflösbaren URL zusätzliche Inhalte ihres Providers hinnehmen. Es werden hierbei von den Providern keine zu anderen Servern übertragenen Inhalte ausgewertet sondern nur Anfragen an die anbietereigenen DNS-Server, die erweiterte Antworten liefern.

Problematisch wird dies nur, wenn Internetanbieter darin eine neue Umsatzquelle entdecken und die zwischengeschaltenen eigenen Suchergebnisse vermarkten. Möglicherweise handelt es sich bei den jetzigen Maßnahmen von HanseNet und Kabel Deutschland um eine Art Feldversuch, der nach zufriedenstellenden Ergebnissen schon bald zu Fehlermeldungen "präsentiert von Unternehmen X oder Y" führen könnte - wie in der Fernsehwerbung. Dafür spricht: Den Berichten in Internetforen zufolge erhalten zurzeit wohl noch nicht alle HanseNet-Kunden diesen Dienst, er wird also nur über bestimmte DNS-Server ausgeliefert.

Internetnutzer können den Server für DNS-Anfragen selbst bestimmen

Fehlermeldung bei KDG
Screenshots: teltarif.de
Hansenet bietet zumindest seinen Kunden die Möglichkeit an, diesen Dienst abstellen zu lassen. Den DNS-Server, der die eigenen URL-Anfragen bearbeiten soll, können Internetnutzer aber auch selbst in der Systemssteuerung ihres Betriebssystems oder in den Router-Einstellungen ändern. Dazu müssen sie dort die zu einem ausgesuchten DNS-Server gehörende IP-Adresse eintragen. Im Internet finden sich mehrere Auflistungen von verfügbaren DNS-Servern, allerdings ist es für den Laien nur schwer zu durchschauen, welche dieser Seiten seriös oder unabhängig sind und welche nicht. Einige der alternativen DNS-Dienste arbeiten auf die gleiche Weise wie diejenigen von HanseNet und Kabel Deutschland.

So bietet beispielsweise der Dienstleister OpenDNS einen gleichnamigen Dienst für Privatpersonen und Firmen an, der neben diversen Filterfunktionen und einem Phishing-Schutz auch eine Korrekturfunktion bei URL-Eingabefehlern beinhaltet. Auch hier werden die Nutzer bei Eingabe nicht existierender Internetadressen auf eine Suchseite geleitet, auf der Links von Werbepartnern erscheinen. Der Unterschied dieser DNS-Dienste zu denjenigen der Internetprovider: Der Nutzer entscheidet sich freiwillig für einen bestimmten DNS-Dienst.

Manche Nutzer sehen in der zwischengeschalteten Suchseite einen Mehrwert

Die Maßnahme, DNS-Anfragen zu manipulieren, ist nicht neu. So sorgte zum Beispiel wie berichtet im Jahr 2003 der amerikanische Internetanbieter VeriSign mit einer solchen Aktion für große Verärgerung unter seinen Kunden. Im Jahr 2001 versuchten der Düsseldorfer Internetprovider Isis und einige andere Anbieter über das DNS gewisse Internetseiten im Ausland mit rechtsradikalen Inhalten zu sperren. Der Chaos Computer Club in Hamburg sprach damals von einer "Internetzensur" und empfahl den Kunden der betreffenden Provider, die "Zensurversuche" durch eine Anweisung der Browser, andere DNS-Server zu verwenden, zu umgehen.

HanseNet hat nach Angaben einer Pressevertreterin die Seite mit der neuen Fehlermeldung eingeführt, um "Alice-Kunden einen zusätzlichen Service zu bieten. Statt einer Seite mit dem Text 'Seite konnte nicht aufgerufen werden' bieten wir eine Hilfestellung, um die gewünschte Website doch aufrufen zu können, indem wir Möglichkeiten zur Fehlerbehebung aufzeigen." Damit hat der Anbieter sicherlich nicht Unrecht: Es wird auch viele Kunden geben, die die "Sponsored Links" als solche erkennen und in der zwischengeschalteten Suchseite einen Mehrwert sehen - diese Stimmen hört man in den Internet-Foren natürlich selten. Interessant wird aber sein, ob demnächst auch andere Internetprovider auf um bezahlte Links erweiterte Fehlermeldungen setzen und ob die Provider diese Umsatzquelle weiter ausbauen.

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