DNS-Anfragen: Alice liebt unbekannte Namen
Die Kritik trifft jedoch nicht den Kern der Sache, denn die Internetprovider können Daten zum Erstellen von Nutzerprofilen auch sammeln, ohne DNS-Anfragen zu manipulieren. Einfach gesprochen müssen die Kunden lediglich bei Eingabe einer nicht auflösbaren URL zusätzliche Inhalte ihres Providers hinnehmen. Es werden hierbei von den Providern keine zu anderen Servern übertragenen Inhalte ausgewertet sondern nur Anfragen an die anbietereigenen DNS-Server, die erweiterte Antworten liefern.
Problematisch wird dies nur, wenn Internetanbieter darin eine neue Umsatzquelle entdecken und die zwischengeschaltenen eigenen Suchergebnisse vermarkten. Möglicherweise handelt es sich bei den jetzigen Maßnahmen von HanseNet und Kabel Deutschland um eine Art Feldversuch, der nach zufriedenstellenden Ergebnissen schon bald zu Fehlermeldungen "präsentiert von Unternehmen X oder Y" führen könnte - wie in der Fernsehwerbung. Dafür spricht: Den Berichten in Internetforen zufolge erhalten zurzeit wohl noch nicht alle HanseNet-Kunden diesen Dienst, er wird also nur über bestimmte DNS-Server ausgeliefert.
Internetnutzer können den Server für DNS-Anfragen selbst bestimmen
Fehlermeldung bei KDG
Screenshots: teltarif.de
Hansenet bietet zumindest seinen Kunden die Möglichkeit an, diesen Dienst abstellen zu lassen.
Den DNS-Server, der die eigenen URL-Anfragen bearbeiten soll, können Internetnutzer aber auch
selbst in der Systemssteuerung ihres Betriebssystems oder in den
Router-Einstellungen ändern. Dazu müssen sie dort
die zu einem ausgesuchten DNS-Server gehörende IP-Adresse eintragen. Im Internet finden sich
mehrere Auflistungen von verfügbaren DNS-Servern, allerdings ist es für den Laien nur schwer zu
durchschauen, welche dieser Seiten seriös oder unabhängig sind und welche nicht. Einige der
alternativen DNS-Dienste arbeiten auf die gleiche Weise wie diejenigen von HanseNet und Kabel
Deutschland.
So bietet beispielsweise der Dienstleister OpenDNS einen gleichnamigen Dienst für Privatpersonen und Firmen an, der neben diversen Filterfunktionen und einem Phishing-Schutz auch eine Korrekturfunktion bei URL-Eingabefehlern beinhaltet. Auch hier werden die Nutzer bei Eingabe nicht existierender Internetadressen auf eine Suchseite geleitet, auf der Links von Werbepartnern erscheinen. Der Unterschied dieser DNS-Dienste zu denjenigen der Internetprovider: Der Nutzer entscheidet sich freiwillig für einen bestimmten DNS-Dienst.
Manche Nutzer sehen in der zwischengeschalteten Suchseite einen Mehrwert
Die Maßnahme, DNS-Anfragen zu manipulieren, ist nicht neu. So sorgte zum Beispiel wie berichtet im Jahr 2003 der amerikanische Internetanbieter VeriSign mit einer solchen Aktion für große Verärgerung unter seinen Kunden. Im Jahr 2001 versuchten der Düsseldorfer Internetprovider Isis und einige andere Anbieter über das DNS gewisse Internetseiten im Ausland mit rechtsradikalen Inhalten zu sperren. Der Chaos Computer Club in Hamburg sprach damals von einer "Internetzensur" und empfahl den Kunden der betreffenden Provider, die "Zensurversuche" durch eine Anweisung der Browser, andere DNS-Server zu verwenden, zu umgehen.