Gesetzesentwurf
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Internet-Steuer: Massenproteste in Ungarn weiten sich aus

Die in Ungarn geplante Internetsteuer ist europaweit einzigartig. Die Massenproteste erhalten immer mehr Zulauf. Kann die rechts-konservative Regierung dem Widerstand trotzen?
Von Jennifer Buchholz mit Material von dpa

Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus
Bild: dpa
Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus. Zehntausende Menschen gingen am Dienstagabend in Budapest auf die Straße. Die Menge verlangt die Rücknahme eines Gesetzentwurfs, der eine Besteuerung des Datenverkehrs ab 2015 vorsieht. Die Führung um den rechts-konservativen Ministerpräsidenten Viktor Orban zeigte sich heute aber weiter unnachgiebig.

Maximale Belastung soll bei 2,30 Euro im Monat liegen

Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus Die Massenproteste in Ungarn gegen die geplante Internetsteuer weiten sich aus
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Die in Europa einzigartige Abgabe soll umgerechnet 49 Cent pro Gigabyte betragen. Laut dem Entwurf soll allerdings für Privatpersonen eine Deckelung für die Abgabe eingeführt werden. Die Grenze soll dann bei 2,30 Euro im Monat liegen. Die Vorlage soll am 17. November im Parlament von der Regierungsmehrheit beschlossen werden.

Die Massendemonstration füllte abends die sechsspurige Elisabeth-Brücke über die Donau und die Kossuth-Straße auf der Pester Seite. Die Teilnehmer riefen: "Wir lassen das nicht zu!". Heute sollen im Laufe des Tages weitere Proteste folgen.

Die Regierung verweigert bisher Zugeständnisse. "Die Regierung wird die Internet-Steuer nicht zurücknehmen", sagte Szilard Nemeth, ein Abgeordneter der Regierungspartei Fidesz, dem oppositionellen Fernseh-Sender ATV.

Bereits am Sonntag hatte eine große Menschenmenge demonstriert. Die bisher massivsten Proteste gegen die Regierung Orban seit ihrem Amtsantritt 2010 hatte die Facebook-Gruppe Hunderttausende gegen die Internet-Steuer auf die Beine gestellt. Oppositions­politiker traten als Organisatoren und Redner nicht auf.

Wenige Stunden vor der Kundgebung am Dienstag hatte im Budapester Parlament die Debatte über die Steuergesetze begonnen. Der Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, Andras Tallai, hatte die neue Steuer mit einer "gerechten Lastenverteilung" begründet. Oppositionsredner warnten vor negativen Auswirkungen auf die Verbreitung der digitalen Kultur in Ungarn.

Steuer betrifft Internet-Dienstleister

Die neue Steuer muss zwar von den Internet-Dienstleistern bezahlt werden, doch Experten gehen davon aus, dass diese die Mehrkosten auf die Kunden abwälzen werden. Kritiker befürchten, dass dadurch vor allem die ärmeren Schichten von der Nutzung des Internets abgehalten werden sollen. In ländlichen Regionen dienen sonst vor allem die öffentlich-rechtlichen Medien als Informationsquellen. Die Regierung hat diese jedoch zu reinen Propaganda-Sprachrohren umfunktioniert.

Ein Sprecher der EU-Kommissarin für Digitalisierung, Neelie Kroes, nannte die Internet-Steuer "nicht hinnehmbar". Zudem sei laut Aussagen der EU-Kommission die Steuer eine Einschränkung der Freiheit und würde sich darüber hinaus negativ für die europäische sowie ungarische Wirtschaft auswirken können.

Update 31. Oktober: Ungarn rudert zurück

Ungarn hat die Steuerpläne zurückgezogen. Ministerpräsident Orban erklärte: "In dieser Form ist diese Steuer nicht einführbar, weil die Diskussion darüber entgleist ist.

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